[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Geist
Geiſt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l> <pb facs="#f0180" n="168"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Deß, der ewig iſt, und der ſeiner Gerechtigkeit Dauer,</l><lb/> <l>Mit Unendlichkeit maß! Der haͤlt die Schluͤſſel des Abgrunds,</l><lb/> <l>Der mit ſtrafendem Feuer die Hoͤlle, mit Allmacht den Tod hat,</l><lb/> <l>Und mit Gericht bewafnet! Wenn einer iſt unter den Himmeln,</l><lb/> <l>Welcher, ſtatt des Menſchengeſchlechts, im Gericht will erſcheinen,</l><lb/> <l>Dieſer komme vor Gott! So rief Eloa vom Himmel.</l><lb/> <l>Und es ſchaute der Gottmenſch vom Oelberg dem Seraph ins Antlitz,</l><lb/> <l>Hoͤrte den Klang der Poſaune! Da gieng er mit ſchnellerem Schritte</l><lb/> <l>Tief in Gethſemane hin. Noch folgten ihm drey von den Juͤngern</l><lb/> <l>Jn die ſchreckende Nacht. Er entriß ſich ihnen, und eilte</l><lb/> <l>Ganz ins Einſame hin. Jehovah hub das Gericht an.</l><lb/> <l>Jn das Heilige haſt du mich zwar, o Muſe, gefuͤhret,</l><lb/> <l>Aber ins Allerheiligſte nicht. Und haͤtt ich die Hoheit</l><lb/> <l>Eines Propheten, die ewige Seele des Menſchen zu faſſen,</l><lb/> <l>Und mit gewaltigem Arm ſie fortzureißen; und haͤtt ich</l><lb/> <l>Eines Seraphs erhabene Stimme, mit welcher er Gott ſingt;</l><lb/> <l>Toͤnte von meinem eroͤfneten Munde die hohe Poſaune,</l><lb/> <l>Die auf Sina erklang, daß des Bergs Fuß unter ihr bebte;</l><lb/> <l>Spraͤchen Donner aus meiner Rechte, Gedanken zu ſagen,</l><lb/> <l>Die zu ſagen, die himmliſche Harfe den Donnerton mißte:</l><lb/> <l>Dennoch wuͤrd ich, Meßias, erſinken, dein Leiden zu ſingen;</l><lb/> <l>Als mit dem Tode du rangſt, als ganz unerbittlich dein Gott war.</l><lb/> <l>Der du des erſten Bundes Propheten, den kuͤhnſten Beter,</l><lb/> <l>Als er bat, von Antlitz zu Antlitz Jehovah zu ſehen,</l><lb/> <l>Seitwaͤrts in einer Hoͤle verbargſt, bis die Herrlichkeit Gottes</l><lb/> <l>War voruͤber gegangen, und er von ferne die Schoͤnheit</l><lb/> <l>Deß, der ewig iſt, ſah, und Gottes Stimm ihm von Gott ſprach:<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Geiſt</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0180]
Der Meßias.
Deß, der ewig iſt, und der ſeiner Gerechtigkeit Dauer,
Mit Unendlichkeit maß! Der haͤlt die Schluͤſſel des Abgrunds,
Der mit ſtrafendem Feuer die Hoͤlle, mit Allmacht den Tod hat,
Und mit Gericht bewafnet! Wenn einer iſt unter den Himmeln,
Welcher, ſtatt des Menſchengeſchlechts, im Gericht will erſcheinen,
Dieſer komme vor Gott! So rief Eloa vom Himmel.
Und es ſchaute der Gottmenſch vom Oelberg dem Seraph ins Antlitz,
Hoͤrte den Klang der Poſaune! Da gieng er mit ſchnellerem Schritte
Tief in Gethſemane hin. Noch folgten ihm drey von den Juͤngern
Jn die ſchreckende Nacht. Er entriß ſich ihnen, und eilte
Ganz ins Einſame hin. Jehovah hub das Gericht an.
Jn das Heilige haſt du mich zwar, o Muſe, gefuͤhret,
Aber ins Allerheiligſte nicht. Und haͤtt ich die Hoheit
Eines Propheten, die ewige Seele des Menſchen zu faſſen,
Und mit gewaltigem Arm ſie fortzureißen; und haͤtt ich
Eines Seraphs erhabene Stimme, mit welcher er Gott ſingt;
Toͤnte von meinem eroͤfneten Munde die hohe Poſaune,
Die auf Sina erklang, daß des Bergs Fuß unter ihr bebte;
Spraͤchen Donner aus meiner Rechte, Gedanken zu ſagen,
Die zu ſagen, die himmliſche Harfe den Donnerton mißte:
Dennoch wuͤrd ich, Meßias, erſinken, dein Leiden zu ſingen;
Als mit dem Tode du rangſt, als ganz unerbittlich dein Gott war.
Der du des erſten Bundes Propheten, den kuͤhnſten Beter,
Als er bat, von Antlitz zu Antlitz Jehovah zu ſehen,
Seitwaͤrts in einer Hoͤle verbargſt, bis die Herrlichkeit Gottes
War voruͤber gegangen, und er von ferne die Schoͤnheit
Deß, der ewig iſt, ſah, und Gottes Stimm ihm von Gott ſprach:
Geiſt
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