[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Und L 5
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l> <pb facs="#f0181" n="169"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fuͤnfter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Geiſt des Vaters und Sohns, ich bin dem Tode beſtimmter,</l><lb/> <l>Mehr, als Moſes, vom Staube; laß in der weitſten Entfernung,</l><lb/> <l>Mich, von deinem umſchattenden Fluͤgel ins Dunkle geſichert,</l><lb/> <l>Gott, den leidenden Sohn, in ſeiner Todesangſt ſehen.</l><lb/> <l>Ueber den Staub der Erde gebuͤckt, die, bang vor dem Richter,</l><lb/> <l>Gegen ſein Antlitz herauf mit ſtillen Schauern erbebte,</l><lb/> <l>Und im Beben den Staub ſo vieler Kinder von Adam,</l><lb/> <l>Alle verdorrten Gebeine der todten Suͤnder, bewegte,</l><lb/> <l>Lag der Meßias, mit Augen, die ſtarr auf Tabor gerichtet,</l><lb/> <l>Himmel und Erde nicht ſahn, des Richters Antlitz nur ſchauten,</l><lb/> <l>Bang, mit Todesſchweiße bedeckt, mit gerungenen Haͤnden,</l><lb/> <l>Sprachlos, aber gedraͤngt von Empfindungen. Stark, wie der Tod trift,</l><lb/> <l>Schnell, wie Gottes Gedanken, erſchuͤtterten Schauer auf Schauer,</l><lb/> <l>Auf Empfindung Empfindung, des ewigen Todes Empfindung,</l><lb/> <l>Den, der Gott war und Menſch. Er lag, und fuͤhlt, und verſtummte.</l><lb/> <l>Aber da immer die Bangigkeit baͤnger, gedraͤngter die Angſt ward,</l><lb/> <l>Dunkler die Nacht, gewaltger der Klang der Donnerpoſaune;</l><lb/> <l>Da ſtets heftiger bebte der Tabor unter Jehova;</l><lb/> <l>Da, ſtatt des Todesſchweißes, von ſeinem Angeſicht Blut rann;</l><lb/> <l>Hub er vom Staube ſich auf, und ſtreckte die Arme gen Himmel.</l><lb/> <l>Thraͤnen floſſen ins Blut. Er betete laut zum Richter:</l><lb/> <l>Vater, die Welt war noch nicht, bald ſtarb der erſte der Menſchen,</l><lb/> <l>Bald ward jede der Stunden mit ſterbenden Suͤndern bezeichnet!</l><lb/> <l>Ganze Jahrhunderte ſind, von deinem Fluche belaſtet,</l><lb/> <l>Alſo voruͤbergegangen. Nun iſt ſie, Vater, gekommen;</l><lb/> <l>Da die Welt noch nicht war, da noch kein Todter verweſte,</l><lb/> <l>Wurde ſie ſchon die ſelige Stunde des Leidens beſtimmet:<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0181]
Fuͤnfter Geſang.
Geiſt des Vaters und Sohns, ich bin dem Tode beſtimmter,
Mehr, als Moſes, vom Staube; laß in der weitſten Entfernung,
Mich, von deinem umſchattenden Fluͤgel ins Dunkle geſichert,
Gott, den leidenden Sohn, in ſeiner Todesangſt ſehen.
Ueber den Staub der Erde gebuͤckt, die, bang vor dem Richter,
Gegen ſein Antlitz herauf mit ſtillen Schauern erbebte,
Und im Beben den Staub ſo vieler Kinder von Adam,
Alle verdorrten Gebeine der todten Suͤnder, bewegte,
Lag der Meßias, mit Augen, die ſtarr auf Tabor gerichtet,
Himmel und Erde nicht ſahn, des Richters Antlitz nur ſchauten,
Bang, mit Todesſchweiße bedeckt, mit gerungenen Haͤnden,
Sprachlos, aber gedraͤngt von Empfindungen. Stark, wie der Tod trift,
Schnell, wie Gottes Gedanken, erſchuͤtterten Schauer auf Schauer,
Auf Empfindung Empfindung, des ewigen Todes Empfindung,
Den, der Gott war und Menſch. Er lag, und fuͤhlt, und verſtummte.
Aber da immer die Bangigkeit baͤnger, gedraͤngter die Angſt ward,
Dunkler die Nacht, gewaltger der Klang der Donnerpoſaune;
Da ſtets heftiger bebte der Tabor unter Jehova;
Da, ſtatt des Todesſchweißes, von ſeinem Angeſicht Blut rann;
Hub er vom Staube ſich auf, und ſtreckte die Arme gen Himmel.
Thraͤnen floſſen ins Blut. Er betete laut zum Richter:
Vater, die Welt war noch nicht, bald ſtarb der erſte der Menſchen,
Bald ward jede der Stunden mit ſterbenden Suͤndern bezeichnet!
Ganze Jahrhunderte ſind, von deinem Fluche belaſtet,
Alſo voruͤbergegangen. Nun iſt ſie, Vater, gekommen;
Da die Welt noch nicht war, da noch kein Todter verweſte,
Wurde ſie ſchon die ſelige Stunde des Leidens beſtimmet:
Und
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