[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Mich
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l> <pb facs="#f0194" n="182"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Bey dem nahen Anſchaun des Sohns, ſo wird er dich lehren,</l><lb/> <l>Unter die zitternden Stimmen den hohen Triumphton zu miſchen!</l><lb/> <l>Gott ſprach ſo. Der Seraph gieng fort mit dem Rauſchen des Jordans,</l><lb/> <l>Und mit dem Hauchen der Donner von Tabor. Jtzt ſtieg er den Oelberg</l><lb/> <l>Bangſam herab. Ein furchtbarer Schauer von Mitternachtswinden</l><lb/> <l>Trug ihm die betende Stimme des hohen Meßias entgegen.</l><lb/> <l>Und ein ſtilles Zittern befiel den ſtaunenden Seraph.</l><lb/> <l>Aber da er wahrnahm des Sterbenden Antlitz, die Blicke</l><lb/> <l>Voller Gefuͤhl des Gerichts, den Sohn vom Vater verlaſſen;</l><lb/> <l>Stand er auf die Erde geheftet, des himmliſchen Glanzes</l><lb/> <l>Seiner Schoͤnheit beraubt, nicht mehr der unſterbliche Seraph,</l><lb/> <l>Gleich dem Menſchen von Erde gemacht. Der groſſe Meßias</l><lb/> <l>Richtete Blicke voll Hoheit auf ihn, und laͤchelte Gnade.</l><lb/> <l>Mit dem Anblick empfieng der Seraph die Schimmer des Himmels,</l><lb/> <l>Und der Unſterblichen Schoͤnheit von neuem. Er hub im Triumphe</l><lb/> <l>Sich auf goldenen Wolken empor, und ſang aus den Wolken:</l><lb/> <l>Sohn des Vaters, von welchem Gedanken erweckt mich dein Anſchaun!</l><lb/> <l>Heil mir! Jch bin gewuͤrdiget worden dir nachzuempfinden,</l><lb/> <l>Was du empfindeſt! Von ferne zu ſchaun der Gottheit Gedanken.</l><lb/> <l>Ueber euch haͤnget die Decke der tiefſten Geheimniſſe! Himmel,</l><lb/> <l>Ganze Himmel voll Nacht, der Einſamkeit Gottes Umſchattung,</l><lb/> <l>Huͤllen euch ein! Kein Endlicher ſah euch, Gedanken der Gottheit!</l><lb/> <l>Und ich bin gewuͤrdiget worden, von fern euch zu ſchauen;</l><lb/> <l>Aus der gemeſſenen Endlichkeit Raum hinuͤber zu blicken,</l><lb/> <l>Jch, ein kurzer Gedanke des Unerſchaffnen, ein Theilchen</l><lb/> <l>Auf der Schoͤpfungen Schauplatz! Gleich einer Sonne, die aufgeht,</l><lb/> <l>Einem Staube zu leuchten, der ſchwimmt, und Erde genennt wird.</l><lb/> <l>Heil mir! Daß ich geſchaffen bin! Heil! Daß du ewig biſt! Heil dir!</l><lb/> <l>Vater, und Sohn! Und ihr, die meine Seele noch fuͤllen,</l><lb/> <l>Die mit dem Saͤuſeln der Gegenwart Gottes noch uͤber mich kommen,</l><lb/> <l>Heilige Schauer, fahrt fort, aus meiner Endlichkeit Graͤnzen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Mich</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0194]
Der Meßias.
Bey dem nahen Anſchaun des Sohns, ſo wird er dich lehren,
Unter die zitternden Stimmen den hohen Triumphton zu miſchen!
Gott ſprach ſo. Der Seraph gieng fort mit dem Rauſchen des Jordans,
Und mit dem Hauchen der Donner von Tabor. Jtzt ſtieg er den Oelberg
Bangſam herab. Ein furchtbarer Schauer von Mitternachtswinden
Trug ihm die betende Stimme des hohen Meßias entgegen.
Und ein ſtilles Zittern befiel den ſtaunenden Seraph.
Aber da er wahrnahm des Sterbenden Antlitz, die Blicke
Voller Gefuͤhl des Gerichts, den Sohn vom Vater verlaſſen;
Stand er auf die Erde geheftet, des himmliſchen Glanzes
Seiner Schoͤnheit beraubt, nicht mehr der unſterbliche Seraph,
Gleich dem Menſchen von Erde gemacht. Der groſſe Meßias
Richtete Blicke voll Hoheit auf ihn, und laͤchelte Gnade.
Mit dem Anblick empfieng der Seraph die Schimmer des Himmels,
Und der Unſterblichen Schoͤnheit von neuem. Er hub im Triumphe
Sich auf goldenen Wolken empor, und ſang aus den Wolken:
Sohn des Vaters, von welchem Gedanken erweckt mich dein Anſchaun!
Heil mir! Jch bin gewuͤrdiget worden dir nachzuempfinden,
Was du empfindeſt! Von ferne zu ſchaun der Gottheit Gedanken.
Ueber euch haͤnget die Decke der tiefſten Geheimniſſe! Himmel,
Ganze Himmel voll Nacht, der Einſamkeit Gottes Umſchattung,
Huͤllen euch ein! Kein Endlicher ſah euch, Gedanken der Gottheit!
Und ich bin gewuͤrdiget worden, von fern euch zu ſchauen;
Aus der gemeſſenen Endlichkeit Raum hinuͤber zu blicken,
Jch, ein kurzer Gedanke des Unerſchaffnen, ein Theilchen
Auf der Schoͤpfungen Schauplatz! Gleich einer Sonne, die aufgeht,
Einem Staube zu leuchten, der ſchwimmt, und Erde genennt wird.
Heil mir! Daß ich geſchaffen bin! Heil! Daß du ewig biſt! Heil dir!
Vater, und Sohn! Und ihr, die meine Seele noch fuͤllen,
Die mit dem Saͤuſeln der Gegenwart Gottes noch uͤber mich kommen,
Heilige Schauer, fahrt fort, aus meiner Endlichkeit Graͤnzen,
Mich
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