[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Durch den glänzenden Weg, der gegen die Erde sich kehret, Floß, nach ihrer Erschaffung, vom himmlischen Urquell entspringend, Ein verklärter ätherischer Strom nach Eden herunter. Auf ihm, oder an seinem Gestade, von Wolken erhoben, Kam dazumal bald Engel, bald Gott, zum vertraulichen Umgang, Zu den Menschen. Doch schnell ward der Strom zurücke gerufen, Als sich durch Sünde der Mensch von Gottes Freundschaft entfernte. Denn die Unsterblichen wollten nicht mehr, in sichtbarer Schönheit, Gegenden sehn, die vor ihnen des Todes Verwüstung. entstellte. Damals wandten sie schauernd sich weg. Die stillen Gebirge, Wo noch die Spur des Ewigen war; die rauschenden Haine, Die das Säuseln der Gegenwart Gottes sonst sanft beseelte; Selige friedsame Thäler, vordem von der Jugend des Himmels Liebreich besucht; die schattichten Lauben, wo ehmals die Menschen, Ueberwallend von Freuden und süßen Empfindungen, weinten, Daß sie Gott ewig erschuf; die Erde lag unter dem Fluche, Jhren vordem unsterblichen Kindern ein allgemein Grabmal. Aber dereinst, wenn sich die Weltgebäude verjüngen, Und
Durch den glaͤnzenden Weg, der gegen die Erde ſich kehret, Floß, nach ihrer Erſchaffung, vom himmliſchen Urquell entſpringend, Ein verklaͤrter aͤtheriſcher Strom nach Eden herunter. Auf ihm, oder an ſeinem Geſtade, von Wolken erhoben, Kam dazumal bald Engel, bald Gott, zum vertraulichen Umgang, Zu den Menſchen. Doch ſchnell ward der Strom zuruͤcke gerufen, Als ſich durch Suͤnde der Menſch von Gottes Freundſchaft entfernte. Denn die Unſterblichen wollten nicht mehr, in ſichtbarer Schoͤnheit, Gegenden ſehn, die vor ihnen des Todes Verwuͤſtung. entſtellte. Damals wandten ſie ſchauernd ſich weg. Die ſtillen Gebirge, Wo noch die Spur des Ewigen war; die rauſchenden Haine, Die das Saͤuſeln der Gegenwart Gottes ſonſt ſanft beſeelte; Selige friedſame Thaͤler, vordem von der Jugend des Himmels Liebreich beſucht; die ſchattichten Lauben, wo ehmals die Menſchen, Ueberwallend von Freuden und ſuͤßen Empfindungen, weinten, Daß ſie Gott ewig erſchuf; die Erde lag unter dem Fluche, Jhren vordem unſterblichen Kindern ein allgemein Grabmal. Aber dereinſt, wenn ſich die Weltgebaͤude verjuͤngen, Und
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Erſter Geſang.
Hell, gleich einem vom Lichte gewebten aͤtheriſchen Vorhang
Zieht ſich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dunkler Planete
Naht ſich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend und ferne
Geht die bewoͤlkte Natur voruͤber: da fliehen die Erden
Klein und unmerkbar dahin, wie unter dem Fuße des Wandrers
Niedriger Staub, von Gewuͤrmen bewohnt, aufwallet und hinſinkt.
Um den Himmel herum ſind tauſend offene Wege,
Lange, nicht auszuſehende Wege, von Sonnen umgeben.
Durch den glaͤnzenden Weg, der gegen die Erde ſich kehret,
Floß, nach ihrer Erſchaffung, vom himmliſchen Urquell entſpringend,
Ein verklaͤrter aͤtheriſcher Strom nach Eden herunter.
Auf ihm, oder an ſeinem Geſtade, von Wolken erhoben,
Kam dazumal bald Engel, bald Gott, zum vertraulichen Umgang,
Zu den Menſchen. Doch ſchnell ward der Strom zuruͤcke gerufen,
Als ſich durch Suͤnde der Menſch von Gottes Freundſchaft entfernte.
Denn die Unſterblichen wollten nicht mehr, in ſichtbarer Schoͤnheit,
Gegenden ſehn, die vor ihnen des Todes Verwuͤſtung. entſtellte.
Damals wandten ſie ſchauernd ſich weg. Die ſtillen Gebirge,
Wo noch die Spur des Ewigen war; die rauſchenden Haine,
Die das Saͤuſeln der Gegenwart Gottes ſonſt ſanft beſeelte;
Selige friedſame Thaͤler, vordem von der Jugend des Himmels
Liebreich beſucht; die ſchattichten Lauben, wo ehmals die Menſchen,
Ueberwallend von Freuden und ſuͤßen Empfindungen, weinten,
Daß ſie Gott ewig erſchuf; die Erde lag unter dem Fluche,
Jhren vordem unſterblichen Kindern ein allgemein Grabmal.
Aber dereinſt, wenn ſich die Weltgebaͤude verjuͤngen,
Und
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