Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.

Mein unsterblicher Sohn, viel größere Werke vollenden.
Eilt, verkündigt dieß meinen Geschöpfen. Mein Sabbath erhebt sich,
Jtzt mit dem freyen Gehorsam und Leiden des großen Meßias.
Jch, der Herr, nenn ihn den Sabbath des Heils und des ewigen Bundes.

Gott sprachs. Ueberall faltete noch die tiefe Verwundrung
Heilige Hände vor ihm. Stillschweigend sahe der Himmel
Zum Allerheiligsten Gottes hinauf. Dem Gesandten des Mittlers
Winkte Gott; da stieg er zur obersten Stufe des Thrones.
Allda empfieng er, an Uriel und die Beschützer der Erde
Wegen der Wunder beym Tode des Mittlers, geheime Befehle.
Unterdeß waren die Thronen von ihren Sitzen gestiegen.
Gabriel folgte. Da er dem Altare der Erde sich nahte,
Hört er von fern aus den hohen Gewölben herwallende Seufzer,
Die mit weinendem Laut das Heil der Menschen verlangten,
Und die der Opferpriester am Altar dem Ewigen brachte.
Dieß ist der Altar, von dem du, des neuen Bundes Prophete,
An dem Gestade der Patmus die himmlischen Bildungen sahest;
Hier wars, wo sich in hohen Gewölben der Märtyrer Stimme
Kläglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thränen der Engel,
Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzögre.
Als itzt zu diesem Altare der Erde der Seraph hinabstieg,
Eilt ihm Adam, der Opferpriester am Altar, entgegen,
Nicht ungesehn; ein ätherischer Leib helleuchtend gebildet,
Hüllte den seligen Geist in eine verklärte Behausung.
Seine Gestalt war so schön, wie du vor des Schöpfers Gedanken
Gött-
B 3

Erſter Geſang.

Mein unſterblicher Sohn, viel groͤßere Werke vollenden.
Eilt, verkuͤndigt dieß meinen Geſchoͤpfen. Mein Sabbath erhebt ſich,
Jtzt mit dem freyen Gehorſam und Leiden des großen Meßias.
Jch, der Herr, nenn ihn den Sabbath des Heils und des ewigen Bundes.

Gott ſprachs. Ueberall faltete noch die tiefe Verwundrung
Heilige Haͤnde vor ihm. Stillſchweigend ſahe der Himmel
Zum Allerheiligſten Gottes hinauf. Dem Geſandten des Mittlers
Winkte Gott; da ſtieg er zur oberſten Stufe des Thrones.
Allda empfieng er, an Uriel und die Beſchuͤtzer der Erde
Wegen der Wunder beym Tode des Mittlers, geheime Befehle.
Unterdeß waren die Thronen von ihren Sitzen geſtiegen.
Gabriel folgte. Da er dem Altare der Erde ſich nahte,
Hoͤrt er von fern aus den hohen Gewoͤlben herwallende Seufzer,
Die mit weinendem Laut das Heil der Menſchen verlangten,
Und die der Opferprieſter am Altar dem Ewigen brachte.
Dieß iſt der Altar, von dem du, des neuen Bundes Prophete,
An dem Geſtade der Patmus die himmliſchen Bildungen ſaheſt;
Hier wars, wo ſich in hohen Gewoͤlben der Maͤrtyrer Stimme
Klaͤglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thraͤnen der Engel,
Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzoͤgre.
Als itzt zu dieſem Altare der Erde der Seraph hinabſtieg,
Eilt ihm Adam, der Opferprieſter am Altar, entgegen,
Nicht ungeſehn; ein aͤtheriſcher Leib helleuchtend gebildet,
Huͤllte den ſeligen Geiſt in eine verklaͤrte Behauſung.
Seine Geſtalt war ſo ſchoͤn, wie du vor des Schoͤpfers Gedanken
Goͤtt-
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="28">
              <l>
                <pb facs="#f0033" n="21"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Mein un&#x017F;terblicher Sohn, viel gro&#x0364;ßere Werke vollenden.</l><lb/>
              <l>Eilt, verku&#x0364;ndigt dieß meinen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen. Mein Sabbath erhebt &#x017F;ich,</l><lb/>
              <l>Jtzt mit dem freyen Gehor&#x017F;am und Leiden des großen Meßias.</l><lb/>
              <l>Jch, der Herr, nenn ihn den Sabbath des Heils und des ewigen Bundes.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="29">
              <l>Gott &#x017F;prachs. Ueberall faltete noch die tiefe Verwundrung</l><lb/>
              <l>Heilige Ha&#x0364;nde vor ihm. Still&#x017F;chweigend &#x017F;ahe der Himmel</l><lb/>
              <l>Zum Allerheilig&#x017F;ten Gottes hinauf. Dem Ge&#x017F;andten des Mittlers</l><lb/>
              <l>Winkte Gott; da &#x017F;tieg er zur ober&#x017F;ten Stufe des Thrones.</l><lb/>
              <l>Allda empfieng er, an Uriel und die Be&#x017F;chu&#x0364;tzer der Erde</l><lb/>
              <l>Wegen der Wunder beym Tode des Mittlers, geheime Befehle.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="30">
              <l>Unterdeß waren die Thronen von ihren Sitzen ge&#x017F;tiegen.</l><lb/>
              <l>Gabriel folgte. Da er dem Altare der Erde &#x017F;ich nahte,</l><lb/>
              <l>Ho&#x0364;rt er von fern aus den hohen Gewo&#x0364;lben herwallende Seufzer,</l><lb/>
              <l>Die mit weinendem Laut das Heil der Men&#x017F;chen verlangten,</l><lb/>
              <l>Und die der Opferprie&#x017F;ter am Altar dem Ewigen brachte.</l><lb/>
              <l>Dieß i&#x017F;t der Altar, von dem du, des neuen Bundes Prophete,</l><lb/>
              <l>An dem Ge&#x017F;tade der Patmus die himmli&#x017F;chen Bildungen &#x017F;ahe&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>Hier wars, wo &#x017F;ich in hohen Gewo&#x0364;lben der Ma&#x0364;rtyrer Stimme</l><lb/>
              <l>Kla&#x0364;glich erhub; hier weinten die Seelen mit Thra&#x0364;nen der Engel,</l><lb/>
              <l>Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzo&#x0364;gre.</l><lb/>
              <l>Als itzt zu die&#x017F;em Altare der Erde der Seraph hinab&#x017F;tieg,</l><lb/>
              <l>Eilt ihm Adam, der Opferprie&#x017F;ter am Altar, entgegen,</l><lb/>
              <l>Nicht unge&#x017F;ehn; ein a&#x0364;theri&#x017F;cher Leib helleuchtend gebildet,</l><lb/>
              <l>Hu&#x0364;llte den &#x017F;eligen Gei&#x017F;t in eine verkla&#x0364;rte Behau&#x017F;ung.</l><lb/>
              <l>Seine Ge&#x017F;talt war &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n, wie du vor des Scho&#x0364;pfers Gedanken<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Go&#x0364;tt-</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0033] Erſter Geſang. Mein unſterblicher Sohn, viel groͤßere Werke vollenden. Eilt, verkuͤndigt dieß meinen Geſchoͤpfen. Mein Sabbath erhebt ſich, Jtzt mit dem freyen Gehorſam und Leiden des großen Meßias. Jch, der Herr, nenn ihn den Sabbath des Heils und des ewigen Bundes. Gott ſprachs. Ueberall faltete noch die tiefe Verwundrung Heilige Haͤnde vor ihm. Stillſchweigend ſahe der Himmel Zum Allerheiligſten Gottes hinauf. Dem Geſandten des Mittlers Winkte Gott; da ſtieg er zur oberſten Stufe des Thrones. Allda empfieng er, an Uriel und die Beſchuͤtzer der Erde Wegen der Wunder beym Tode des Mittlers, geheime Befehle. Unterdeß waren die Thronen von ihren Sitzen geſtiegen. Gabriel folgte. Da er dem Altare der Erde ſich nahte, Hoͤrt er von fern aus den hohen Gewoͤlben herwallende Seufzer, Die mit weinendem Laut das Heil der Menſchen verlangten, Und die der Opferprieſter am Altar dem Ewigen brachte. Dieß iſt der Altar, von dem du, des neuen Bundes Prophete, An dem Geſtade der Patmus die himmliſchen Bildungen ſaheſt; Hier wars, wo ſich in hohen Gewoͤlben der Maͤrtyrer Stimme Klaͤglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thraͤnen der Engel, Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzoͤgre. Als itzt zu dieſem Altare der Erde der Seraph hinabſtieg, Eilt ihm Adam, der Opferprieſter am Altar, entgegen, Nicht ungeſehn; ein aͤtheriſcher Leib helleuchtend gebildet, Huͤllte den ſeligen Geiſt in eine verklaͤrte Behauſung. Seine Geſtalt war ſo ſchoͤn, wie du vor des Schoͤpfers Gedanken Goͤtt- B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/33
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/33>, abgerufen am 21.11.2024.