[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.Der Meßias. Und drauf sagt er, o Benjamin, unsern umstehenden Müttern: Werdet, wie Kinder, sonst könnt ihr das Reich des Vaters nicht erben. Ja, so sagt er, Dudaim. Und der ist unser Erlöser; Durch den sind wir so selig, umarme mich, lieber Dudaim! Also besprachen sie sich mit Zärtlichkeit unter einander. Gabriel aber bereitete sich zur neuen Gesandtschaft, Nahm sein helles Gewand, mit dem er beym Engel der Sonne Stets erschien. Ein festliches niederwallendes Glänzen Floß, da er gieng, den Fuß des Unsterblichen prächtig herunter. Also sehen des Mondes Bewohner den Tag der Erde, Jhren Nächten zu leuchten, in stillen thauenden Wolken Auf die Gipfel von ihren Gebirgen herunterwallen. Also geschmückt stand Gabriel auf, und unter dem Nachruf Jauchzender Engel und Seelen betrat er den freyeren Luftkreis. Rauschend, wie Pfeile vom silbernen Bogen, zum Siege beflügelt, Schoß er neben Gestirnen vorbey, und eilte zur Sonne. Jtzo sank er auf Uriels Burg schon schwebend hernieder. Hier fand er auf der Zinne der Burg die Seelen der Väter, Die unverwandt den feurigen Blick zu den Strahlen gesellten, Die den weckenden Tag in Canaans Gegenden senden. Unter den Vätern war einer von hohem denkenden Ansehn, Adam, der Sohn der erwachenden Erd und der Bildungen Gottes. Gabriel, er, und der Herrscher der Sonnen erwarteten sehnlich, Unter Gesprächen vom Heile der Menschen, den Anblick des Oelbergs. Der
Der Meßias. Und drauf ſagt er, o Benjamin, unſern umſtehenden Muͤttern: Werdet, wie Kinder, ſonſt koͤnnt ihr das Reich des Vaters nicht erben. Ja, ſo ſagt er, Dudaim. Und der iſt unſer Erloͤſer; Durch den ſind wir ſo ſelig, umarme mich, lieber Dudaim! Alſo beſprachen ſie ſich mit Zaͤrtlichkeit unter einander. Gabriel aber bereitete ſich zur neuen Geſandtſchaft, Nahm ſein helles Gewand, mit dem er beym Engel der Sonne Stets erſchien. Ein feſtliches niederwallendes Glaͤnzen Floß, da er gieng, den Fuß des Unſterblichen praͤchtig herunter. Alſo ſehen des Mondes Bewohner den Tag der Erde, Jhren Naͤchten zu leuchten, in ſtillen thauenden Wolken Auf die Gipfel von ihren Gebirgen herunterwallen. Alſo geſchmuͤckt ſtand Gabriel auf, und unter dem Nachruf Jauchzender Engel und Seelen betrat er den freyeren Luftkreis. Rauſchend, wie Pfeile vom ſilbernen Bogen, zum Siege befluͤgelt, Schoß er neben Geſtirnen vorbey, und eilte zur Sonne. Jtzo ſank er auf Uriels Burg ſchon ſchwebend hernieder. Hier fand er auf der Zinne der Burg die Seelen der Vaͤter, Die unverwandt den feurigen Blick zu den Strahlen geſellten, Die den weckenden Tag in Canaans Gegenden ſenden. Unter den Vaͤtern war einer von hohem denkenden Anſehn, Adam, der Sohn der erwachenden Erd und der Bildungen Gottes. Gabriel, er, und der Herrſcher der Sonnen erwarteten ſehnlich, Unter Geſpraͤchen vom Heile der Menſchen, den Anblick des Oelbergs. Der
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Der Meßias.
Und drauf ſagt er, o Benjamin, unſern umſtehenden Muͤttern:
Werdet, wie Kinder, ſonſt koͤnnt ihr das Reich des Vaters nicht erben.
Ja, ſo ſagt er, Dudaim. Und der iſt unſer Erloͤſer;
Durch den ſind wir ſo ſelig, umarme mich, lieber Dudaim!
Alſo beſprachen ſie ſich mit Zaͤrtlichkeit unter einander.
Gabriel aber bereitete ſich zur neuen Geſandtſchaft,
Nahm ſein helles Gewand, mit dem er beym Engel der Sonne
Stets erſchien. Ein feſtliches niederwallendes Glaͤnzen
Floß, da er gieng, den Fuß des Unſterblichen praͤchtig herunter.
Alſo ſehen des Mondes Bewohner den Tag der Erde,
Jhren Naͤchten zu leuchten, in ſtillen thauenden Wolken
Auf die Gipfel von ihren Gebirgen herunterwallen.
Alſo geſchmuͤckt ſtand Gabriel auf, und unter dem Nachruf
Jauchzender Engel und Seelen betrat er den freyeren Luftkreis.
Rauſchend, wie Pfeile vom ſilbernen Bogen, zum Siege befluͤgelt,
Schoß er neben Geſtirnen vorbey, und eilte zur Sonne.
Jtzo ſank er auf Uriels Burg ſchon ſchwebend hernieder.
Hier fand er auf der Zinne der Burg die Seelen der Vaͤter,
Die unverwandt den feurigen Blick zu den Strahlen geſellten,
Die den weckenden Tag in Canaans Gegenden ſenden.
Unter den Vaͤtern war einer von hohem denkenden Anſehn,
Adam, der Sohn der erwachenden Erd und der Bildungen Gottes.
Gabriel, er, und der Herrſcher der Sonnen erwarteten ſehnlich,
Unter Geſpraͤchen vom Heile der Menſchen, den Anblick des Oelbergs.
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