[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Und ein liebenswürdiges Paar, zwo befreundete Seelen, Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und sprachen: Jst das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Lehrer? Jsts nicht Jesus, von welchem der Seraph dieß alles erzählte? Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbrünstig umarmte, Wie er uns an die klopfende Brust mit Zärtlichkeit drückte. Eine getreue leutselige Zähre, die seh ich noch immer, Netzte sein Antlitz, ich küßte sie auf, die seh ich noch immer. Und
Und ein liebenswuͤrdiges Paar, zwo befreundete Seelen, Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und ſprachen: Jſt das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Lehrer? Jſts nicht Jeſus, von welchem der Seraph dieß alles erzaͤhlte? Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbruͤnſtig umarmte, Wie er uns an die klopfende Bruſt mit Zaͤrtlichkeit druͤckte. Eine getreue leutſelige Zaͤhre, die ſeh ich noch immer, Netzte ſein Antlitz, ich kuͤßte ſie auf, die ſeh ich noch immer. Und
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Erſter Geſang.
Noch ungebildet ſo bald hervorzutreten nicht wagen.
Jhre Beſchuͤtzer begleiten ſie zu ſich, und lehren ſie reizend,
Unter dem Klange belebender Harfen, in lieblichen Liedern:
Wie und woher ſie entſtanden; wie groß die menſchliche Seele
Von dem vollkommenſten Geiſte gemacht ſey; wie jugendlich heiter
Sonnen und Monde nach ihrer Geburt zum Schoͤpfer gekommen.
Euch erwarten vollendete Vaͤter; ein herrliches Anſchaun
Eures Erbarmers erwartet euch dort am ewigen Throne.
Alſo lehren ſie dieſe der Weisheit wuͤrdige Schuͤler,
Jener erhabenen Weisheit, nach deren fluͤchtigen Schatten
Durch ihr Glaͤnzen geblendet, die irren Sterblichen eilen.
Jtzo hatten ſie haͤufig die ſchimmernden Lauben verlaſſen,
Und ſich zu ihren Vertrauten, den Engeln der Erde, verſammelt.
Gabriel that itzo der ganzen Geiſterverſammlung
Alles das kund, was Gott ihm befahl vom Meßias zu ſagen.
Dieſe blieb wie entzuͤckt um den hohen goͤttlichen Lehrer,
Und ließ ihre Gedanken in tiefe Betrachtungen nieder.
Und ein liebenswuͤrdiges Paar, zwo befreundete Seelen,
Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und ſprachen:
Jſt das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Lehrer?
Jſts nicht Jeſus, von welchem der Seraph dieß alles erzaͤhlte?
Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbruͤnſtig umarmte,
Wie er uns an die klopfende Bruſt mit Zaͤrtlichkeit druͤckte.
Eine getreue leutſelige Zaͤhre, die ſeh ich noch immer,
Netzte ſein Antlitz, ich kuͤßte ſie auf, die ſeh ich noch immer.
Und
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