[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Satan
Satan
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="9"> <l> <pb facs="#f0052" n="40"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Alſo empfand der beſeſſene Mann die Beruhigung Gottes.</l><lb/> <l>Und drauf ſprach der Meßias mit maͤchtiger Stimme zu Satan:</l><lb/> <l>Geiſt des Verderbens, wer biſt du, der du vor meinem Geſichte</l><lb/> <l>Dieß zur Erloͤſung erwaͤhlte Geſchlecht, die Menſchen, ſo quaͤleſt?</l><lb/> <l>Jch bin Satan, antwortet ein zorniges tiefes Gebruͤlle,</l><lb/> <l>Koͤnig der Welt, die oberſte Gottheit unſclaviſcher Geiſter,</l><lb/> <l>Die mein Anſehn zu etwas erhabnerm, als zu den Geſchaͤfften</l><lb/> <l>Himmliſcher Saͤnger beſtimmt hat. Dein Ruf, o ſterblicher Seher,<lb/> (Denn Maria wird wohl Unſterbliche niemals gebaͤhren!)</l><lb/> <l>Dieſer dein Ruf drang, wer du auch biſt, zur unterſten Hoͤlle.</l><lb/> <l>Selbſt ich verließ ſie, ſey ſtolz auf deines Koͤnigs Bemuͤhung!</l><lb/> <l>Dich, von himmliſchen Sclaven verkuͤndigten Heiland, zu ſehen.</l><lb/> <l>Doch du wurdeſt ein Menſch, ein goͤttertraͤumender Seher,</l><lb/> <l>Wie die, welche mein maͤchtiger Tod in die Erde begraben.</l><lb/> <l>Darum gab ich nicht Acht, was die neuen Unſterblichen thaten.</l><lb/> <l>Doch nicht muͤßig zu ſeyn, ſo plagt ich, das haſt du geſehen!</l><lb/> <l>Deine Geliebten, die Menſchen. Da ſieh des Todes Geſtalten,</l><lb/> <l>Meine Geſchoͤpf, auf dieſem Geſicht! Jtzt eil ich zur Hoͤlle.</l><lb/> <l>Unter mir ſoll mein allmaͤchtiger Fuß das Meer und die Erde,</l><lb/> <l>Mir anſtaͤndige Wege zu bahnen, gewaltſam verwuͤſten.</l><lb/> <l>Dann ſoll die Hoͤll im Triumph mein koͤniglich Angeſicht ſchauen.</l><lb/> <l>Willſt du was thun, ſo thu es alsdann. Jch kehre zuruͤcke,</l><lb/> <l>Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als Koͤnig, zu ſchuͤtzen.</l><lb/> <l>Unterdeß ſtirb noch, Verlaßner, vor mir! So ſagt er, und ſtuͤrzte</l><lb/> <l>Stuͤrmend auf Samma. Allein des ruhigſchweigenden Mittlers</l><lb/> <l>Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des Vaters,</l><lb/> <l>Wenn er Welten geheim und ſtill den Untergang zuwinkt,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Satan</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0052]
Der Meßias.
Alſo empfand der beſeſſene Mann die Beruhigung Gottes.
Und drauf ſprach der Meßias mit maͤchtiger Stimme zu Satan:
Geiſt des Verderbens, wer biſt du, der du vor meinem Geſichte
Dieß zur Erloͤſung erwaͤhlte Geſchlecht, die Menſchen, ſo quaͤleſt?
Jch bin Satan, antwortet ein zorniges tiefes Gebruͤlle,
Koͤnig der Welt, die oberſte Gottheit unſclaviſcher Geiſter,
Die mein Anſehn zu etwas erhabnerm, als zu den Geſchaͤfften
Himmliſcher Saͤnger beſtimmt hat. Dein Ruf, o ſterblicher Seher,
(Denn Maria wird wohl Unſterbliche niemals gebaͤhren!)
Dieſer dein Ruf drang, wer du auch biſt, zur unterſten Hoͤlle.
Selbſt ich verließ ſie, ſey ſtolz auf deines Koͤnigs Bemuͤhung!
Dich, von himmliſchen Sclaven verkuͤndigten Heiland, zu ſehen.
Doch du wurdeſt ein Menſch, ein goͤttertraͤumender Seher,
Wie die, welche mein maͤchtiger Tod in die Erde begraben.
Darum gab ich nicht Acht, was die neuen Unſterblichen thaten.
Doch nicht muͤßig zu ſeyn, ſo plagt ich, das haſt du geſehen!
Deine Geliebten, die Menſchen. Da ſieh des Todes Geſtalten,
Meine Geſchoͤpf, auf dieſem Geſicht! Jtzt eil ich zur Hoͤlle.
Unter mir ſoll mein allmaͤchtiger Fuß das Meer und die Erde,
Mir anſtaͤndige Wege zu bahnen, gewaltſam verwuͤſten.
Dann ſoll die Hoͤll im Triumph mein koͤniglich Angeſicht ſchauen.
Willſt du was thun, ſo thu es alsdann. Jch kehre zuruͤcke,
Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als Koͤnig, zu ſchuͤtzen.
Unterdeß ſtirb noch, Verlaßner, vor mir! So ſagt er, und ſtuͤrzte
Stuͤrmend auf Samma. Allein des ruhigſchweigenden Mittlers
Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des Vaters,
Wenn er Welten geheim und ſtill den Untergang zuwinkt,
Satan
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