[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.Der Meßias. Nach ihm erschien Belielel. Er kam in trauriger Stille Aus den Wäldern und Auen, wo sich die Bäche des Todes Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zu wälzen. Allda wohnt Belielel. Umsonst ist seine Bemühung, Ewig umsonst, die Gegend des Fluchs nach den Welten des Schöpfers Umzuschaffen. Jhm siehst du mit hohem erhabenen Lächeln, Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brausenden Sturmwind Sehnsuchtsvoll, mit ohnmächtigem Arm, gleich kühlenden Zephyrn, Vor sich am traurigen Bache vorüber zu führen bemüht ist; Denn der braust unaufhaltsam dahin, die Schrecknisse Gottes Rauschen auf seinen verderbenden Flügeln. Die öde Verwüstung Bleibt ungestalt im erschütterten Abgrund hinter ihm liegen. Grimmig denkt Belielel an jenen unsterblichen Frühling, Der die himmlische Flur wie ein junger Seraph umlächelt; Jhn will er in den Wüsten der Hölle von ferne nachbilden. Doch er ergrimmt, und seufzet vor Wut; die traurigen Auen Liegen vor ihm in entsetzlichem Dunkel unbildsam, und öde, Ewig unbildsam, unendliche lange Gefilde voll Jammer. Belielel kam traurig zu Satan. Noch brannt er vor Rachsucht Wider den, der ihn von himmlischen Auen zur Höllen hinabstieß, Und sie, so dacht er, mit jedem Jahrhundert, erschrecklicher machte. Auch du sahest in deinen Gewässern die Wiederkunft Satans, Magog, des todten Meeres Bewohner. Aus brausenden Strudeln Kamst du hervor. Die Meere zerflossen in lange Gebirge, Da sein kommender Fuß die schwarzen Fluthen zertheilte. Magog fluchte dem Herrn, der wilden Lästerung Stimme Brüllt
Der Meßias. Nach ihm erſchien Belielel. Er kam in trauriger Stille Aus den Waͤldern und Auen, wo ſich die Baͤche des Todes Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zu waͤlzen. Allda wohnt Belielel. Umſonſt iſt ſeine Bemuͤhung, Ewig umſonſt, die Gegend des Fluchs nach den Welten des Schoͤpfers Umzuſchaffen. Jhm ſiehſt du mit hohem erhabenen Laͤcheln, Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brauſenden Sturmwind Sehnſuchtsvoll, mit ohnmaͤchtigem Arm, gleich kuͤhlenden Zephyrn, Vor ſich am traurigen Bache voruͤber zu fuͤhren bemuͤht iſt; Denn der brauſt unaufhaltſam dahin, die Schreckniſſe Gottes Rauſchen auf ſeinen verderbenden Fluͤgeln. Die oͤde Verwuͤſtung Bleibt ungeſtalt im erſchuͤtterten Abgrund hinter ihm liegen. Grimmig denkt Belielel an jenen unſterblichen Fruͤhling, Der die himmliſche Flur wie ein junger Seraph umlaͤchelt; Jhn will er in den Wuͤſten der Hoͤlle von ferne nachbilden. Doch er ergrimmt, und ſeufzet vor Wut; die traurigen Auen Liegen vor ihm in entſetzlichem Dunkel unbildſam, und oͤde, Ewig unbildſam, unendliche lange Gefilde voll Jammer. Belielel kam traurig zu Satan. Noch brannt er vor Rachſucht Wider den, der ihn von himmliſchen Auen zur Hoͤllen hinabſtieß, Und ſie, ſo dacht er, mit jedem Jahrhundert, erſchrecklicher machte. Auch du ſaheſt in deinen Gewaͤſſern die Wiederkunft Satans, Magog, des todten Meeres Bewohner. Aus brauſenden Strudeln Kamſt du hervor. Die Meere zerfloſſen in lange Gebirge, Da ſein kommender Fuß die ſchwarzen Fluthen zertheilte. Magog fluchte dem Herrn, der wilden Laͤſterung Stimme Bruͤllt
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Der Meßias.
Nach ihm erſchien Belielel. Er kam in trauriger Stille
Aus den Waͤldern und Auen, wo ſich die Baͤche des Todes
Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zu waͤlzen.
Allda wohnt Belielel. Umſonſt iſt ſeine Bemuͤhung,
Ewig umſonſt, die Gegend des Fluchs nach den Welten des Schoͤpfers
Umzuſchaffen. Jhm ſiehſt du mit hohem erhabenen Laͤcheln,
Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brauſenden Sturmwind
Sehnſuchtsvoll, mit ohnmaͤchtigem Arm, gleich kuͤhlenden Zephyrn,
Vor ſich am traurigen Bache voruͤber zu fuͤhren bemuͤht iſt;
Denn der brauſt unaufhaltſam dahin, die Schreckniſſe Gottes
Rauſchen auf ſeinen verderbenden Fluͤgeln. Die oͤde Verwuͤſtung
Bleibt ungeſtalt im erſchuͤtterten Abgrund hinter ihm liegen.
Grimmig denkt Belielel an jenen unſterblichen Fruͤhling,
Der die himmliſche Flur wie ein junger Seraph umlaͤchelt;
Jhn will er in den Wuͤſten der Hoͤlle von ferne nachbilden.
Doch er ergrimmt, und ſeufzet vor Wut; die traurigen Auen
Liegen vor ihm in entſetzlichem Dunkel unbildſam, und oͤde,
Ewig unbildſam, unendliche lange Gefilde voll Jammer.
Belielel kam traurig zu Satan. Noch brannt er vor Rachſucht
Wider den, der ihn von himmliſchen Auen zur Hoͤllen hinabſtieß,
Und ſie, ſo dacht er, mit jedem Jahrhundert, erſchrecklicher machte.
Auch du ſaheſt in deinen Gewaͤſſern die Wiederkunft Satans,
Magog, des todten Meeres Bewohner. Aus brauſenden Strudeln
Kamſt du hervor. Die Meere zerfloſſen in lange Gebirge,
Da ſein kommender Fuß die ſchwarzen Fluthen zertheilte.
Magog fluchte dem Herrn, der wilden Laͤſterung Stimme
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