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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.

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Der Messias.

Trübe Schimmer mit Nächten! Jch ging zum Throne, da wurd es
Dunkler um mich, und nun noch dunkler, und nun. ... Doch ich suche
Namen, und finde sie nicht, wie es um den Unendlichen Nacht war!
Keine Namen dem Schauer, der von dem Unendlichen ausging.
Und ich stand, und hörte von fern die Ströme der Hölle,
Unter der tiefen schweigenden Schöpfung, rauschen. Jch schwebte
Langsam weiter. Da rief der erste der Todesengel
Gegen mich her: Weß Schweben ist dieses Endlichen Schweben?
Und ich bebte zurück, sank auf mein Angesicht nieder,
Betet' ihn an, und verstummt' und betet' ihn an, der Gericht hielt.
Also sagt' er, und wandte sich weg, und verhüllte sein Antliz.

Jesu war sein Haupt zum Herzen herunter gesunken,
Und es schien, als schlummert' er. Selbst der lästernden Menge
Ungestüm legte sich, wie am unbestürmten Gestade
Sich der Ocean legt. Die den Göttlichen liebten, umirrten
Golgatha, oder die äussersten Fernen, woraus sie den Mittler
Noch mit weinendem Blicke zu sehn vermochten. Doch jeder
Mied den andern, damit sie sich nicht die tiefe Wunde
Tiefer grüben; sprächen sie sich. Nur der Jünger der Liebe,
Und des Leidenden Mutter, verliessen sich nicht. Sie standen
Unten am Kreuz. Der Jünger, der schwur, daß er Jesum nicht kenne,
War die schlaflose Nacht und den Morgen umher gezittert,
Hatte Ruhe gesucht, und keine Ruhe gefunden.
Also irrt ein Sohn an des Meers betrümmertem Ufer,
Dem sein Vater nicht ferne von ihm an einem der Felsen
Umkam. Sprachlos irrt er umher, und sieht unverwendet
Nach

Der Meſſias.

Truͤbe Schimmer mit Naͤchten! Jch ging zum Throne, da wurd es
Dunkler um mich, und nun noch dunkler, und nun. … Doch ich ſuche
Namen, und finde ſie nicht, wie es um den Unendlichen Nacht war!
Keine Namen dem Schauer, der von dem Unendlichen ausging.
Und ich ſtand, und hoͤrte von fern die Stroͤme der Hoͤlle,
Unter der tiefen ſchweigenden Schoͤpfung, rauſchen. Jch ſchwebte
Langſam weiter. Da rief der erſte der Todesengel
Gegen mich her: Weß Schweben iſt dieſes Endlichen Schweben?
Und ich bebte zuruͤck, ſank auf mein Angeſicht nieder,
Betet’ ihn an, und verſtummt’ und betet’ ihn an, der Gericht hielt.
Alſo ſagt’ er, und wandte ſich weg, und verhuͤllte ſein Antliz.

Jeſu war ſein Haupt zum Herzen herunter geſunken,
Und es ſchien, als ſchlummert’ er. Selbſt der laͤſternden Menge
Ungeſtuͤm legte ſich, wie am unbeſtuͤrmten Geſtade
Sich der Ocean legt. Die den Goͤttlichen liebten, umirrten
Golgatha, oder die aͤuſſerſten Fernen, woraus ſie den Mittler
Noch mit weinendem Blicke zu ſehn vermochten. Doch jeder
Mied den andern, damit ſie ſich nicht die tiefe Wunde
Tiefer gruͤben; ſpraͤchen ſie ſich. Nur der Juͤnger der Liebe,
Und des Leidenden Mutter, verlieſſen ſich nicht. Sie ſtanden
Unten am Kreuz. Der Juͤnger, der ſchwur, daß er Jeſum nicht kenne,
War die ſchlafloſe Nacht und den Morgen umher gezittert,
Hatte Ruhe geſucht, und keine Ruhe gefunden.
Alſo irrt ein Sohn an des Meers betruͤmmertem Ufer,
Dem ſein Vater nicht ferne von ihm an einem der Felſen
Umkam. Sprachlos irrt er umher, und ſieht unverwendet
Nach
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[92/0120] Der Meſſias. Truͤbe Schimmer mit Naͤchten! Jch ging zum Throne, da wurd es Dunkler um mich, und nun noch dunkler, und nun. … Doch ich ſuche Namen, und finde ſie nicht, wie es um den Unendlichen Nacht war! Keine Namen dem Schauer, der von dem Unendlichen ausging. Und ich ſtand, und hoͤrte von fern die Stroͤme der Hoͤlle, Unter der tiefen ſchweigenden Schoͤpfung, rauſchen. Jch ſchwebte Langſam weiter. Da rief der erſte der Todesengel Gegen mich her: Weß Schweben iſt dieſes Endlichen Schweben? Und ich bebte zuruͤck, ſank auf mein Angeſicht nieder, Betet’ ihn an, und verſtummt’ und betet’ ihn an, der Gericht hielt. Alſo ſagt’ er, und wandte ſich weg, und verhuͤllte ſein Antliz. Jeſu war ſein Haupt zum Herzen herunter geſunken, Und es ſchien, als ſchlummert’ er. Selbſt der laͤſternden Menge Ungeſtuͤm legte ſich, wie am unbeſtuͤrmten Geſtade Sich der Ocean legt. Die den Goͤttlichen liebten, umirrten Golgatha, oder die aͤuſſerſten Fernen, woraus ſie den Mittler Noch mit weinendem Blicke zu ſehn vermochten. Doch jeder Mied den andern, damit ſie ſich nicht die tiefe Wunde Tiefer gruͤben; ſpraͤchen ſie ſich. Nur der Juͤnger der Liebe, Und des Leidenden Mutter, verlieſſen ſich nicht. Sie ſtanden Unten am Kreuz. Der Juͤnger, der ſchwur, daß er Jeſum nicht kenne, War die ſchlafloſe Nacht und den Morgen umher gezittert, Hatte Ruhe geſucht, und keine Ruhe gefunden. Alſo irrt ein Sohn an des Meers betruͤmmertem Ufer, Dem ſein Vater nicht ferne von ihm an einem der Felſen Umkam. Sprachlos irrt er umher, und ſieht unverwendet Nach

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/120>, abgerufen am 23.11.2024.