[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Abraham betete so. Sie schwiegen beyde. Darauf kehrt Jsak sich um, und fragt: Wer sind die kommenden Seelen, Die G 4
Abraham betete ſo. Sie ſchwiegen beyde. Darauf kehrt Jſak ſich um, und fragt: Wer ſind die kommenden Seelen, Die G 4
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Neunter Geſang.
Betet’: O du … allein mit welchem goͤttlichen Namen
Soll ich zuerſt dich nennen, du groſſer Suͤndeverſoͤner?
Oder hoͤrſt du dich lieber, die Wonne der Glaubenden nennen?
Sohn des Vaters! was hab ich, ſeitdem dich in Bethlehems Huͤtte
Eine ſterbliche Mutter gebahr, was hab ich empfunden!
O du weinendes Kind, mit welchem Donner durchſchallteſt
Du die Himmel, als du am Staube der Sterblichen weinteſt!
Unbegriffen von Engeln; doch ihrer Jubelgeſaͤnge
Hoͤchſte Begeiſtrung, huͤllteſt du dich in niedriges Leben!
Kaum, daß ſie dich noch erkannten; du aber thatſt es, und gingeſt
Auf dem erhabnen einſamen Wege daher, und dachteſt
Deinen Tod! … Nun biſt du zum groſſen Ziele gekommen,
Zu dem Ziele, nach dem du ſeit Ewigkeiten herabſahſt,
Lange, lange zuvor, eh ich war! Unendlicher, du nur
Konnteſt dieſen Tod, den Erretter, zum Ziele dir waͤhlen!
Meinen Erretter, und aller Soͤhne des erſten Gefallnen!
Und nun … bluteſt du, nun, … zu ſterben! … Wir halten, o Gottmenſch
Unſer Mitleid zuruͤck! Denn du biſt uͤber das Mitleid
Aller Endlichen weit erhaben. Allein wir empfinden
Dieſen groſſen gefuͤrchteten Schlag, mit welchem der Tod dich
Trift, der die weite graͤnzloſe Schoͤpfung herab und hinauf bebt,
Wir empfinden ihn mit! Erbarme dich unſer, erhabner,
Ewiger Mittler, damit wir ihn nicht zu maͤchtig empfinden!
O du Menſchlicher! mehr, noch mehr erbarme dich jener,
Die am Staube dort ſtehn, dem Staube verwandter, als wir, ſind!
Abraham betete ſo. Sie ſchwiegen beyde. Darauf kehrt
Jſak ſich um, und fragt: Wer ſind die kommenden Seelen,
Die
G 4
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