[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Tod!
Tod!
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="9"> <l> <pb facs="#f0060" n="36"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Du willſt leben? gebrantmarkt vor allen, die jemals verriethen,</l><lb/> <l>Du? … Er breitet vor mir wie ein weiteroͤfnetes Grab ſich</l><lb/> <l>Fuͤrchterlich aus! Er iſt der baͤngſte der bangen Gedanken,</l><lb/> <l>Die ein Sterbender jemals empfand: Jch hab ihn verrathen! …</l><lb/> <l>Stirb! Die Seele, die dir nach dem Tode noch elend zuruͤckbleibt,</l><lb/> <l>Toͤdte ſie auch! O die du in mir, als waͤrſt du unſterblich,</l><lb/> <l>Dich erhebſt, vernimm dein Schickſal, Seele des Todten!</l><lb/> <l>Sieh, ich verwuͤnſche dich auch der Vernichtung! So ſprach er und ſchaute</l><lb/> <l>Starrend hin, und miſchte zur tiefgeſtuͤrzten Verzweiflung</l><lb/> <l>Gegen den, der ewig iſt, Rache! Dem Gang des Verworfnen</l><lb/> <l>Folgten Jthuriel und der Todesengel Obaddon.</l><lb/> <l>Als Jſchariot ſtillſteht, und nun mit ieder Gebehrde</l><lb/> <l>Mehr dem Gerichte ſich weiht; ſpricht in feuriger Eil zu Obaddon</l><lb/> <l>Seraph Jthuriel: Sieh, er geht zum Tode! Noch einmal</l><lb/> <l>Wollt’ ich ihn ſehn, denn ich war ſein Engel. Jzt laß ich den Suͤnder</l><lb/> <l>Dir, und der Rache! Zwar bin ich ſein Huͤter geweſen; doch nimm ihn,</l><lb/> <l>Feyerlich uͤbergeb ich dir, Todesengel, das Opfer!</l><lb/> <l>Nimm ihn, er opfert ſich ſelbſt, und fuͤhr ihn zum ewigen Tode!</l><lb/> <l>Wie es geſchehn ſoll, davon weiſt du des Richters Befehl auch.</l><lb/> <l>Aber ich huͤlle mich ein, und wende mein Antlitz! Er eilte</l><lb/> <l>Mit dem fliegenden Worte davon. Jſchariot waͤhlte</l><lb/> <l>Schon den Ort des Todes ſich aus. Da Obaddon den Huͤgel</l><lb/> <l>Sah, trat er auf die Spitze des Huͤgels, hub dann die Rechte</l><lb/> <l>Mit dem flammenden Schwert empor, und hielt ſie gen Himmel;</l><lb/> <l>Sprach die feyrlichen Worte, die Todesengel dann ſprechen,</l><lb/> <l>Fuͤllt ein Menſch der Empoͤrungen Maaß, und toͤdtet ſich ſelber.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Tod!</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0060]
Der Meſſias.
Du willſt leben? gebrantmarkt vor allen, die jemals verriethen,
Du? … Er breitet vor mir wie ein weiteroͤfnetes Grab ſich
Fuͤrchterlich aus! Er iſt der baͤngſte der bangen Gedanken,
Die ein Sterbender jemals empfand: Jch hab ihn verrathen! …
Stirb! Die Seele, die dir nach dem Tode noch elend zuruͤckbleibt,
Toͤdte ſie auch! O die du in mir, als waͤrſt du unſterblich,
Dich erhebſt, vernimm dein Schickſal, Seele des Todten!
Sieh, ich verwuͤnſche dich auch der Vernichtung! So ſprach er und ſchaute
Starrend hin, und miſchte zur tiefgeſtuͤrzten Verzweiflung
Gegen den, der ewig iſt, Rache! Dem Gang des Verworfnen
Folgten Jthuriel und der Todesengel Obaddon.
Als Jſchariot ſtillſteht, und nun mit ieder Gebehrde
Mehr dem Gerichte ſich weiht; ſpricht in feuriger Eil zu Obaddon
Seraph Jthuriel: Sieh, er geht zum Tode! Noch einmal
Wollt’ ich ihn ſehn, denn ich war ſein Engel. Jzt laß ich den Suͤnder
Dir, und der Rache! Zwar bin ich ſein Huͤter geweſen; doch nimm ihn,
Feyerlich uͤbergeb ich dir, Todesengel, das Opfer!
Nimm ihn, er opfert ſich ſelbſt, und fuͤhr ihn zum ewigen Tode!
Wie es geſchehn ſoll, davon weiſt du des Richters Befehl auch.
Aber ich huͤlle mich ein, und wende mein Antlitz! Er eilte
Mit dem fliegenden Worte davon. Jſchariot waͤhlte
Schon den Ort des Todes ſich aus. Da Obaddon den Huͤgel
Sah, trat er auf die Spitze des Huͤgels, hub dann die Rechte
Mit dem flammenden Schwert empor, und hielt ſie gen Himmel;
Sprach die feyrlichen Worte, die Todesengel dann ſprechen,
Fuͤllt ein Menſch der Empoͤrungen Maaß, und toͤdtet ſich ſelber.
Tod!
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