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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.

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Siebender Gesang.

Jener Berühmte, dem Jsrael Palmen streute, Hosanna
Sang, deß Richter ich bin! Jhn unterbrachen die Priester,
Die mit feurigem Schritt in die Sääle traten. Doch Jesus
War noch unter dem Volke, das ihn umdrängte. Jezt wollten
Tausend ihn sehn! dann wieder tausend! Sie stürmten, sie riefen!
Standen! weinten! erstaunten! verfluchten! segneten! ... Jesus,
Er ging unter dem Sturme mit jener erduldenden Stille,
Welche die Sprache zwar nennt, doch die Seele so hoch nicht hinaufdenkt,
Als sie der Gottmensch empfand. Auch sah er die Seinen von ferne,
Wuste den ewigen Trost, der in ihre Seelen Entzückung
Strömen sollte. Schon wart ihr gezählt, ihr Thränen der Freude!
Aber sie weinten diese noch nicht. Die meisten von ihnen
Waren unter dem Volk, und drangen zu ihm, um den lezten,
Seinen lezten Segen zu flehn. Die strömende Menge
Zwang sie zurück. Sie versuchten es oft, doch sie hatte die Menge
Einmal in ihre Wirbel gefaßt, die Jünger, und Petrum,
Petrum mit schwerem Herzen, und müdem Auge voll Jammer,
Und Johannes, und dich, Lebbäus! Nathanael, viele
Von den Siebzigen, viele der Freundinnen Jesu, Maria
Magdale, Maria die Mutter der Zebedäiden,
Aber nicht Lazarus Schwester, die lag zu sterben. Maria
Magdale hielt sich nicht mehr, sie erkannte neben sich einen,
Dem der Meßias die Augen einst aufthat: Ach hilf mir, wofern du
An die Stunde noch denkst, da er dir die Sonne zurückrief!
Hilf mir! und führe mich durch die Wütenden, daß ihn mein Auge
Einmal noch sehe! noch einmal ihn segne! Sie wollen ihn tödten!
Aber sie flehte vergebens. Der Dankbare konnt ihr nicht helfen.

Petrus,
II. Band. D

Siebender Geſang.

Jener Beruͤhmte, dem Jſrael Palmen ſtreute, Hoſanna
Sang, deß Richter ich bin! Jhn unterbrachen die Prieſter,
Die mit feurigem Schritt in die Saͤaͤle traten. Doch Jeſus
War noch unter dem Volke, das ihn umdraͤngte. Jezt wollten
Tauſend ihn ſehn! dann wieder tauſend! Sie ſtuͤrmten, ſie riefen!
Standen! weinten! erſtaunten! verfluchten! ſegneten! … Jeſus,
Er ging unter dem Sturme mit jener erduldenden Stille,
Welche die Sprache zwar nennt, doch die Seele ſo hoch nicht hinaufdenkt,
Als ſie der Gottmenſch empfand. Auch ſah er die Seinen von ferne,
Wuſte den ewigen Troſt, der in ihre Seelen Entzuͤckung
Stroͤmen ſollte. Schon wart ihr gezaͤhlt, ihr Thraͤnen der Freude!
Aber ſie weinten dieſe noch nicht. Die meiſten von ihnen
Waren unter dem Volk, und drangen zu ihm, um den lezten,
Seinen lezten Segen zu flehn. Die ſtroͤmende Menge
Zwang ſie zuruͤck. Sie verſuchten es oft, doch ſie hatte die Menge
Einmal in ihre Wirbel gefaßt, die Juͤnger, und Petrum,
Petrum mit ſchwerem Herzen, und muͤdem Auge voll Jammer,
Und Johannes, und dich, Lebbaͤus! Nathanael, viele
Von den Siebzigen, viele der Freundinnen Jeſu, Maria
Magdale, Maria die Mutter der Zebedaͤiden,
Aber nicht Lazarus Schweſter, die lag zu ſterben. Maria
Magdale hielt ſich nicht mehr, ſie erkannte neben ſich einen,
Dem der Meßias die Augen einſt aufthat: Ach hilf mir, wofern du
An die Stunde noch denkſt, da er dir die Sonne zuruͤckrief!
Hilf mir! und fuͤhre mich durch die Wuͤtenden, daß ihn mein Auge
Einmal noch ſehe! noch einmal ihn ſegne! Sie wollen ihn toͤdten!
Aber ſie flehte vergebens. Der Dankbare konnt ihr nicht helfen.

Petrus,
II. Band. D
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[49/0073] Siebender Geſang. Jener Beruͤhmte, dem Jſrael Palmen ſtreute, Hoſanna Sang, deß Richter ich bin! Jhn unterbrachen die Prieſter, Die mit feurigem Schritt in die Saͤaͤle traten. Doch Jeſus War noch unter dem Volke, das ihn umdraͤngte. Jezt wollten Tauſend ihn ſehn! dann wieder tauſend! Sie ſtuͤrmten, ſie riefen! Standen! weinten! erſtaunten! verfluchten! ſegneten! … Jeſus, Er ging unter dem Sturme mit jener erduldenden Stille, Welche die Sprache zwar nennt, doch die Seele ſo hoch nicht hinaufdenkt, Als ſie der Gottmenſch empfand. Auch ſah er die Seinen von ferne, Wuſte den ewigen Troſt, der in ihre Seelen Entzuͤckung Stroͤmen ſollte. Schon wart ihr gezaͤhlt, ihr Thraͤnen der Freude! Aber ſie weinten dieſe noch nicht. Die meiſten von ihnen Waren unter dem Volk, und drangen zu ihm, um den lezten, Seinen lezten Segen zu flehn. Die ſtroͤmende Menge Zwang ſie zuruͤck. Sie verſuchten es oft, doch ſie hatte die Menge Einmal in ihre Wirbel gefaßt, die Juͤnger, und Petrum, Petrum mit ſchwerem Herzen, und muͤdem Auge voll Jammer, Und Johannes, und dich, Lebbaͤus! Nathanael, viele Von den Siebzigen, viele der Freundinnen Jeſu, Maria Magdale, Maria die Mutter der Zebedaͤiden, Aber nicht Lazarus Schweſter, die lag zu ſterben. Maria Magdale hielt ſich nicht mehr, ſie erkannte neben ſich einen, Dem der Meßias die Augen einſt aufthat: Ach hilf mir, wofern du An die Stunde noch denkſt, da er dir die Sonne zuruͤckrief! Hilf mir! und fuͤhre mich durch die Wuͤtenden, daß ihn mein Auge Einmal noch ſehe! noch einmal ihn ſegne! Sie wollen ihn toͤdten! Aber ſie flehte vergebens. Der Dankbare konnt ihr nicht helfen. Petrus, II. Band. D

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/73>, abgerufen am 26.11.2024.