[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Herrlichkeit niedergestiegen; sie hatten ihn wandeln gesehen!Schon aus seinen Schranken ein Stern zu der Sonne geeilet; Still war schon die ganze Schöpfung gestanden! Die Väter Hörten das Wetter fliegen, und huben freudig ihr Haupt auf, Hörten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte sich eilend, Schnell, wie Gedanken. Sie hörten es jetzt durch die Ruhstatt Gottes Schweben, und, als von Bergen zu Bergen, wider von Sternen Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit glühender Stirne, Schimmernden Augen, entzückt von jeder Wonne des Himmels, Eine Flamme des Herrn, den Sonnen gleich, da sie Gottes Schaffender Hand entzitterten, über Erden zu herrschen, Strahlt' Eloa hinab in der Auferstandnen Versammlung, Rufte: Die Stund ist gekommen, der Herrlichkeit Stund ist gekommen! Mit der Morgendämmerung wird der Versöhner der Sünde Seinen Leichnam erwecken! Jhr hört den Göttlichen wandeln! Und er schwebt' hinunter zum Grabe. Das mächtige Wetter, Jn den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert Jetzo seine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe. Seine Donner hielt es zurück. Sturmwinde nur rauschten, Daß von Libanon an vor ihnen die Wälder Judäa Gegen das Grab sich beugten! Die Erde ward nur erschüttert, Daß, von Seirs Gebirge, der Phasga, der Arnon, der Hermon Bis zu den obersten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten! Daß, von Seirs Gebirge, das Wasser Aegyptus, das Weltmeer, Und der Carmel, und wieder des Libanon Höhen erschracken, Und der wankendströmende Jordan hinauf bis zur Quelle Und Amana! Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag Unbewegt,
Der Meſſias. Herrlichkeit niedergeſtiegen; ſie hatten ihn wandeln geſehen!Schon aus ſeinen Schranken ein Stern zu der Sonne geeilet; Still war ſchon die ganze Schoͤpfung geſtanden! Die Vaͤter Hoͤrten das Wetter fliegen, und huben freudig ihr Haupt auf, Hoͤrten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte ſich eilend, Schnell, wie Gedanken. Sie hoͤrten es jetzt durch die Ruhſtatt Gottes Schweben, und, als von Bergen zu Bergen, wider von Sternen Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit gluͤhender Stirne, Schimmernden Augen, entzuͤckt von jeder Wonne des Himmels, Eine Flamme des Herrn, den Sonnen gleich, da ſie Gottes Schaffender Hand entzitterten, uͤber Erden zu herrſchen, Strahlt’ Eloa hinab in der Auferſtandnen Verſammlung, Rufte: Die Stund iſt gekommen, der Herrlichkeit Stund iſt gekommen! Mit der Morgendaͤmmerung wird der Verſoͤhner der Suͤnde Seinen Leichnam erwecken! Jhr hoͤrt den Goͤttlichen wandeln! Und er ſchwebt’ hinunter zum Grabe. Das maͤchtige Wetter, Jn den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert Jetzo ſeine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe. Seine Donner hielt es zuruͤck. Sturmwinde nur rauſchten, Daß von Libanon an vor ihnen die Waͤlder Judaͤa Gegen das Grab ſich beugten! Die Erde ward nur erſchuͤttert, Daß, von Seirs Gebirge, der Phasga, der Arnon, der Hermon Bis zu den oberſten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten! Daß, von Seirs Gebirge, das Waſſer Aegyptus, das Weltmeer, Und der Carmel, und wieder des Libanon Hoͤhen erſchracken, Und der wankendſtroͤmende Jordan hinauf bis zur Quelle Und Amana! Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag Unbewegt,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="44"> <pb facs="#f0138" n="122"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw><lb/> <l>Herrlichkeit niedergeſtiegen; ſie hatten ihn wandeln geſehen!</l><lb/> <l>Schon aus ſeinen Schranken ein Stern zu der Sonne geeilet;</l><lb/> <l>Still war ſchon die ganze Schoͤpfung geſtanden! Die Vaͤter</l><lb/> <l>Hoͤrten das Wetter fliegen, und huben freudig ihr Haupt auf,</l><lb/> <l>Hoͤrten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte ſich eilend,</l><lb/> <l>Schnell, wie Gedanken. Sie hoͤrten es jetzt durch die Ruhſtatt Gottes</l><lb/> <l>Schweben, und, als von Bergen zu Bergen, wider von Sternen</l><lb/> <l>Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit gluͤhender Stirne,</l><lb/> <l>Schimmernden Augen, entzuͤckt von jeder Wonne des Himmels,</l><lb/> <l>Eine Flamme des Herrn, den Sonnen gleich, da ſie Gottes</l><lb/> <l>Schaffender Hand entzitterten, uͤber Erden zu herrſchen,</l><lb/> <l>Strahlt’ Eloa hinab in der Auferſtandnen Verſammlung,</l><lb/> <l>Rufte: Die Stund iſt gekommen, der Herrlichkeit Stund iſt gekommen!</l><lb/> <l>Mit der Morgendaͤmmerung wird der Verſoͤhner der Suͤnde</l><lb/> <l>Seinen Leichnam erwecken! Jhr hoͤrt den Goͤttlichen wandeln!</l> </lg><lb/> <lg n="45"> <l>Und er ſchwebt’ hinunter zum Grabe. Das maͤchtige Wetter,</l><lb/> <l>Jn den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert</l><lb/> <l>Jetzo ſeine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe.</l><lb/> <l>Seine Donner hielt es zuruͤck. Sturmwinde nur rauſchten,</l><lb/> <l>Daß von Libanon an vor ihnen die Waͤlder Judaͤa</l><lb/> <l>Gegen das Grab ſich beugten! Die Erde ward nur erſchuͤttert,</l><lb/> <l>Daß, von Seirs Gebirge, der Phasga, der Arnon, der Hermon</l><lb/> <l>Bis zu den oberſten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten!</l><lb/> <l>Daß, von Seirs Gebirge, das Waſſer Aegyptus, das Weltmeer,</l><lb/> <l>Und der Carmel, und wieder des Libanon Hoͤhen erſchracken,</l><lb/> <l>Und der wankendſtroͤmende Jordan hinauf bis zur Quelle</l><lb/> <l>Und Amana! Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Unbewegt,</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [122/0138]
Der Meſſias.
Herrlichkeit niedergeſtiegen; ſie hatten ihn wandeln geſehen!
Schon aus ſeinen Schranken ein Stern zu der Sonne geeilet;
Still war ſchon die ganze Schoͤpfung geſtanden! Die Vaͤter
Hoͤrten das Wetter fliegen, und huben freudig ihr Haupt auf,
Hoͤrten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte ſich eilend,
Schnell, wie Gedanken. Sie hoͤrten es jetzt durch die Ruhſtatt Gottes
Schweben, und, als von Bergen zu Bergen, wider von Sternen
Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit gluͤhender Stirne,
Schimmernden Augen, entzuͤckt von jeder Wonne des Himmels,
Eine Flamme des Herrn, den Sonnen gleich, da ſie Gottes
Schaffender Hand entzitterten, uͤber Erden zu herrſchen,
Strahlt’ Eloa hinab in der Auferſtandnen Verſammlung,
Rufte: Die Stund iſt gekommen, der Herrlichkeit Stund iſt gekommen!
Mit der Morgendaͤmmerung wird der Verſoͤhner der Suͤnde
Seinen Leichnam erwecken! Jhr hoͤrt den Goͤttlichen wandeln!
Und er ſchwebt’ hinunter zum Grabe. Das maͤchtige Wetter,
Jn den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert
Jetzo ſeine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe.
Seine Donner hielt es zuruͤck. Sturmwinde nur rauſchten,
Daß von Libanon an vor ihnen die Waͤlder Judaͤa
Gegen das Grab ſich beugten! Die Erde ward nur erſchuͤttert,
Daß, von Seirs Gebirge, der Phasga, der Arnon, der Hermon
Bis zu den oberſten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten!
Daß, von Seirs Gebirge, das Waſſer Aegyptus, das Weltmeer,
Und der Carmel, und wieder des Libanon Hoͤhen erſchracken,
Und der wankendſtroͤmende Jordan hinauf bis zur Quelle
Und Amana! Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag
Unbewegt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |