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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Dreyzehnter Gesang.
Sind unsterblich durch dich, und bleiben in jeder Aeone,
Durch der Ewigkeit ganze Fülle, so lange du Gott bist,
Gott, bey dir! ... Sie verstummten. Denn seines göttlichen Anblicks
Würdigte sie der Auferstandne. Von dieser Entzückung
Seligkeit niedergestürzt, verstummten sie alle. So rauschen
Dann Gefilde der Erndte nicht mehr, und senken sich erdwärts,
Hat sein Wetter auf sie ein ganzer Himmel ergossen.
Wenige Halme nur heben etwa die Aehre, die zittert,
Dennoch auf. So schwungen sich jetzt in der Heiligen Kreise
Neben der Mutter die sieben Söhne, Märtyrer alle,
Bebend empor, und verstummten nicht mehr, und feyrten, und sangen:

Mache dich auf, und jauchze, du wurdest, o Erde, gewürdigt,
Jesus Christus Gebein in deine geöffneten Tiefen,
Als in Mutterarme, zu fassen. Nun ist er erstanden
Hoch von dem zitternden Staube der Erstgebohrne der Todten.
Alle Himmel sahen dich kommen. Vom Fuße des Siegers
Ging Erdbeben, vom Golgatha, bis zu dem hohen Moria.
Mit den Bergen erbebte das Kreuz, und die Zinne des Tempels.
Mach in deiner Schöne dich auf, o Erde! dein Licht kommt,
Und die Herrlichkeit Christus, du jüngstgebohrne der Schöpfung,
Gehet über dir auf. Man wird dich Königinn nennen,
Und die Gesegnete deß, der dich schuf. Du warest so schön nicht,
Nicht so bemerkt, so nicht durch alle Himmel besungen,
Als, nach deiner Geburt, du am ersten Morgen heraufstiegst.
Deiner Söhne sind viel, sehr viel Gerechte. Du wirst sie,
Mutter unsterblicher Kinder, in alle Himmel versenden;
Daß sie im Feyerkleide der Unschuld den Sieger, mit neuen
Festlichen
III Band. J

Dreyzehnter Geſang.
Sind unſterblich durch dich, und bleiben in jeder Aeone,
Durch der Ewigkeit ganze Fuͤlle, ſo lange du Gott biſt,
Gott, bey dir! … Sie verſtummten. Denn ſeines goͤttlichen Anblicks
Wuͤrdigte ſie der Auferſtandne. Von dieſer Entzuͤckung
Seligkeit niedergeſtuͤrzt, verſtummten ſie alle. So rauſchen
Dann Gefilde der Erndte nicht mehr, und ſenken ſich erdwaͤrts,
Hat ſein Wetter auf ſie ein ganzer Himmel ergoſſen.
Wenige Halme nur heben etwa die Aehre, die zittert,
Dennoch auf. So ſchwungen ſich jetzt in der Heiligen Kreiſe
Neben der Mutter die ſieben Soͤhne, Maͤrtyrer alle,
Bebend empor, und verſtummten nicht mehr, und feyrten, und ſangen:

Mache dich auf, und jauchze, du wurdeſt, o Erde, gewuͤrdigt,
Jeſus Chriſtus Gebein in deine geoͤffneten Tiefen,
Als in Mutterarme, zu faſſen. Nun iſt er erſtanden
Hoch von dem zitternden Staube der Erſtgebohrne der Todten.
Alle Himmel ſahen dich kommen. Vom Fuße des Siegers
Ging Erdbeben, vom Golgatha, bis zu dem hohen Moria.
Mit den Bergen erbebte das Kreuz, und die Zinne des Tempels.
Mach in deiner Schoͤne dich auf, o Erde! dein Licht kommt,
Und die Herrlichkeit Chriſtus, du juͤngſtgebohrne der Schoͤpfung,
Gehet uͤber dir auf. Man wird dich Koͤniginn nennen,
Und die Geſegnete deß, der dich ſchuf. Du wareſt ſo ſchoͤn nicht,
Nicht ſo bemerkt, ſo nicht durch alle Himmel beſungen,
Als, nach deiner Geburt, du am erſten Morgen heraufſtiegſt.
Deiner Soͤhne ſind viel, ſehr viel Gerechte. Du wirſt ſie,
Mutter unſterblicher Kinder, in alle Himmel verſenden;
Daß ſie im Feyerkleide der Unſchuld den Sieger, mit neuen
Feſtlichen
III Band. J
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[129/0145] Dreyzehnter Geſang. Sind unſterblich durch dich, und bleiben in jeder Aeone, Durch der Ewigkeit ganze Fuͤlle, ſo lange du Gott biſt, Gott, bey dir! … Sie verſtummten. Denn ſeines goͤttlichen Anblicks Wuͤrdigte ſie der Auferſtandne. Von dieſer Entzuͤckung Seligkeit niedergeſtuͤrzt, verſtummten ſie alle. So rauſchen Dann Gefilde der Erndte nicht mehr, und ſenken ſich erdwaͤrts, Hat ſein Wetter auf ſie ein ganzer Himmel ergoſſen. Wenige Halme nur heben etwa die Aehre, die zittert, Dennoch auf. So ſchwungen ſich jetzt in der Heiligen Kreiſe Neben der Mutter die ſieben Soͤhne, Maͤrtyrer alle, Bebend empor, und verſtummten nicht mehr, und feyrten, und ſangen: Mache dich auf, und jauchze, du wurdeſt, o Erde, gewuͤrdigt, Jeſus Chriſtus Gebein in deine geoͤffneten Tiefen, Als in Mutterarme, zu faſſen. Nun iſt er erſtanden Hoch von dem zitternden Staube der Erſtgebohrne der Todten. Alle Himmel ſahen dich kommen. Vom Fuße des Siegers Ging Erdbeben, vom Golgatha, bis zu dem hohen Moria. Mit den Bergen erbebte das Kreuz, und die Zinne des Tempels. Mach in deiner Schoͤne dich auf, o Erde! dein Licht kommt, Und die Herrlichkeit Chriſtus, du juͤngſtgebohrne der Schoͤpfung, Gehet uͤber dir auf. Man wird dich Koͤniginn nennen, Und die Geſegnete deß, der dich ſchuf. Du wareſt ſo ſchoͤn nicht, Nicht ſo bemerkt, ſo nicht durch alle Himmel beſungen, Als, nach deiner Geburt, du am erſten Morgen heraufſtiegſt. Deiner Soͤhne ſind viel, ſehr viel Gerechte. Du wirſt ſie, Mutter unſterblicher Kinder, in alle Himmel verſenden; Daß ſie im Feyerkleide der Unſchuld den Sieger, mit neuen Feſtlichen III Band. J

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/145>, abgerufen am 17.05.2024.