Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierzehnter Gesang.
Bis in dem Schatten des überhangenden Grabes sein Aug' ihn
Schnell verlor. Und Petrus erhub die verbreiteten Arme
Freudig gen Himmel: O Dank, Dank dir, Sohn Gottes, Erstandner,
Jnniger, ewiger Dank, der meine Seele gelabt hat
Mit mehr Tröstung, als sie, in ihrem Durste nach Ruhe,
Sich zu denken, zu wünschen vermochte. So wollst du im Tod' einst,
Herr, mich trösten! Wer bin ich? ach, meine furchtbare Sünde
Büßt' ich zwar, die Verleugnung deiner, aber wer bin ich,
Daß du mit diesen Gnaden dich mein, Sohn Gottes, erbarmt hast!
Jesus Christus Herrlichkeit hat mein Auge gesehen,
Jhn in das Leben erwacht, so hat ihn mein Auge gesehen!
Fleuß auf ewig, mein Dank, aus meiner innersten Seele,
Heisser, herzlicher Dank! Die Gnaden der Himmel alle,
Ja die ganze Fülle der Wonne, die selige Fülle
Aller deiner Erbarmungen, hoff' ich nun! Das Geheimniß
Deines Todes, wirst du mir, Sohn des Vaters, enthüllen.
Nicht das Heer ohne Zahl, die Mächte, die Schaaren, die Thronen,
Nicht Erzengel können von dem, deß Antlitz sie schauen,
Mehr empfahn, wie ich nun von ihm hoffe! Den sah ich lebend,
Der des Ewigen Sohn ist, und der an dem Kreuze des Todes
Starb, ihn lebend! Gedanke voll tiefer Ruhe, du Reichthum
Aller Erbarmung, mir wird auch dein Geheimniß enthüllen
Der auf ewig nun lebt! Jch hab ihn lebend gesehen
Jesus Christus! O sagts an dem ewigen Throne, verkündets
Allen Himmeln! Er lebt! singts laut in Jubelgesängen,
Söhne des Lichts! ... Er schwieg, und schaute lange gen Himmel.
Schnell stand er auf. Auch ihr sollt schöpfen, o meine Brüder,

Aus

Vierzehnter Geſang.
Bis in dem Schatten des uͤberhangenden Grabes ſein Aug’ ihn
Schnell verlor. Und Petrus erhub die verbreiteten Arme
Freudig gen Himmel: O Dank, Dank dir, Sohn Gottes, Erſtandner,
Jnniger, ewiger Dank, der meine Seele gelabt hat
Mit mehr Troͤſtung, als ſie, in ihrem Durſte nach Ruhe,
Sich zu denken, zu wuͤnſchen vermochte. So wollſt du im Tod’ einſt,
Herr, mich troͤſten! Wer bin ich? ach, meine furchtbare Suͤnde
Buͤßt’ ich zwar, die Verleugnung deiner, aber wer bin ich,
Daß du mit dieſen Gnaden dich mein, Sohn Gottes, erbarmt haſt!
Jeſus Chriſtus Herrlichkeit hat mein Auge geſehen,
Jhn in das Leben erwacht, ſo hat ihn mein Auge geſehen!
Fleuß auf ewig, mein Dank, aus meiner innerſten Seele,
Heiſſer, herzlicher Dank! Die Gnaden der Himmel alle,
Ja die ganze Fuͤlle der Wonne, die ſelige Fuͤlle
Aller deiner Erbarmungen, hoff’ ich nun! Das Geheimniß
Deines Todes, wirſt du mir, Sohn des Vaters, enthuͤllen.
Nicht das Heer ohne Zahl, die Maͤchte, die Schaaren, die Thronen,
Nicht Erzengel koͤnnen von dem, deß Antlitz ſie ſchauen,
Mehr empfahn, wie ich nun von ihm hoffe! Den ſah ich lebend,
Der des Ewigen Sohn iſt, und der an dem Kreuze des Todes
Starb, ihn lebend! Gedanke voll tiefer Ruhe, du Reichthum
Aller Erbarmung, mir wird auch dein Geheimniß enthuͤllen
Der auf ewig nun lebt! Jch hab ihn lebend geſehen
Jeſus Chriſtus! O ſagts an dem ewigen Throne, verkuͤndets
Allen Himmeln! Er lebt! ſingts laut in Jubelgeſaͤngen,
Soͤhne des Lichts! … Er ſchwieg, und ſchaute lange gen Himmel.
Schnell ſtand er auf. Auch ihr ſollt ſchoͤpfen, o meine Bruͤder,

Aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="44">
            <pb facs="#f0173" n="157"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Bis in dem Schatten des u&#x0364;berhangenden Grabes &#x017F;ein Aug&#x2019; ihn</l><lb/>
            <l>Schnell verlor. Und Petrus erhub die verbreiteten Arme</l><lb/>
            <l>Freudig gen Himmel: O Dank, Dank dir, Sohn Gottes, Er&#x017F;tandner,</l><lb/>
            <l>Jnniger, ewiger Dank, der meine Seele gelabt hat</l><lb/>
            <l>Mit mehr Tro&#x0364;&#x017F;tung, als &#x017F;ie, in ihrem Dur&#x017F;te nach Ruhe,</l><lb/>
            <l>Sich zu denken, zu wu&#x0364;n&#x017F;chen vermochte. So woll&#x017F;t du im Tod&#x2019; ein&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Herr, mich tro&#x0364;&#x017F;ten! Wer bin ich? ach, meine furchtbare Su&#x0364;nde</l><lb/>
            <l>Bu&#x0364;ßt&#x2019; ich zwar, die Verleugnung deiner, aber wer bin ich,</l><lb/>
            <l>Daß du mit die&#x017F;en Gnaden dich mein, Sohn Gottes, erbarmt ha&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus Herrlichkeit hat mein Auge ge&#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Jhn in das Leben erwacht, &#x017F;o hat ihn mein Auge ge&#x017F;ehen!</l><lb/>
            <l>Fleuß auf ewig, mein Dank, aus meiner inner&#x017F;ten Seele,</l><lb/>
            <l>Hei&#x017F;&#x017F;er, herzlicher Dank! Die Gnaden der Himmel alle,</l><lb/>
            <l>Ja die ganze Fu&#x0364;lle der Wonne, die &#x017F;elige Fu&#x0364;lle</l><lb/>
            <l>Aller deiner Erbarmungen, hoff&#x2019; ich nun! Das Geheimniß</l><lb/>
            <l>Deines Todes, wir&#x017F;t du mir, Sohn des Vaters, enthu&#x0364;llen.</l><lb/>
            <l>Nicht das Heer ohne Zahl, die Ma&#x0364;chte, die Schaaren, die Thronen,</l><lb/>
            <l>Nicht Erzengel ko&#x0364;nnen von dem, deß Antlitz &#x017F;ie &#x017F;chauen,</l><lb/>
            <l>Mehr empfahn, wie ich nun von ihm hoffe! Den &#x017F;ah ich lebend,</l><lb/>
            <l>Der des Ewigen Sohn i&#x017F;t, und der an dem Kreuze des Todes</l><lb/>
            <l>Starb, ihn lebend! Gedanke voll tiefer Ruhe, du Reichthum</l><lb/>
            <l>Aller Erbarmung, mir wird auch dein Geheimniß enthu&#x0364;llen</l><lb/>
            <l>Der auf ewig nun lebt! Jch hab ihn lebend ge&#x017F;ehen</l><lb/>
            <l>Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus! O &#x017F;agts an dem ewigen Throne, verku&#x0364;ndets</l><lb/>
            <l>Allen Himmeln! Er lebt! &#x017F;ingts laut in Jubelge&#x017F;a&#x0364;ngen,</l><lb/>
            <l>So&#x0364;hne des Lichts! &#x2026; Er &#x017F;chwieg, und &#x017F;chaute lange gen Himmel.</l><lb/>
            <l>Schnell &#x017F;tand er auf. Auch ihr &#x017F;ollt &#x017F;cho&#x0364;pfen, o meine Bru&#x0364;der,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Aus</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0173] Vierzehnter Geſang. Bis in dem Schatten des uͤberhangenden Grabes ſein Aug’ ihn Schnell verlor. Und Petrus erhub die verbreiteten Arme Freudig gen Himmel: O Dank, Dank dir, Sohn Gottes, Erſtandner, Jnniger, ewiger Dank, der meine Seele gelabt hat Mit mehr Troͤſtung, als ſie, in ihrem Durſte nach Ruhe, Sich zu denken, zu wuͤnſchen vermochte. So wollſt du im Tod’ einſt, Herr, mich troͤſten! Wer bin ich? ach, meine furchtbare Suͤnde Buͤßt’ ich zwar, die Verleugnung deiner, aber wer bin ich, Daß du mit dieſen Gnaden dich mein, Sohn Gottes, erbarmt haſt! Jeſus Chriſtus Herrlichkeit hat mein Auge geſehen, Jhn in das Leben erwacht, ſo hat ihn mein Auge geſehen! Fleuß auf ewig, mein Dank, aus meiner innerſten Seele, Heiſſer, herzlicher Dank! Die Gnaden der Himmel alle, Ja die ganze Fuͤlle der Wonne, die ſelige Fuͤlle Aller deiner Erbarmungen, hoff’ ich nun! Das Geheimniß Deines Todes, wirſt du mir, Sohn des Vaters, enthuͤllen. Nicht das Heer ohne Zahl, die Maͤchte, die Schaaren, die Thronen, Nicht Erzengel koͤnnen von dem, deß Antlitz ſie ſchauen, Mehr empfahn, wie ich nun von ihm hoffe! Den ſah ich lebend, Der des Ewigen Sohn iſt, und der an dem Kreuze des Todes Starb, ihn lebend! Gedanke voll tiefer Ruhe, du Reichthum Aller Erbarmung, mir wird auch dein Geheimniß enthuͤllen Der auf ewig nun lebt! Jch hab ihn lebend geſehen Jeſus Chriſtus! O ſagts an dem ewigen Throne, verkuͤndets Allen Himmeln! Er lebt! ſingts laut in Jubelgeſaͤngen, Soͤhne des Lichts! … Er ſchwieg, und ſchaute lange gen Himmel. Schnell ſtand er auf. Auch ihr ſollt ſchoͤpfen, o meine Bruͤder, Aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/173
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/173>, abgerufen am 21.11.2024.