[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Jesus war todt, das wußtest du nicht! und ist schon erstandenAus dem Grabe. Bald wird er hinauf in die Herrlichkeit gehen! Seine Geliebten werden alsdann in Jerusalem zeugen, Von dem Tode, der Auferstehung, und von der Erhebung Jesus Christus! Die höre. Sie werden von Gott dir erzählen, Was, als einem Sterblichen dir, zu wissen, vergönnt ist. Deine Schwester empfängt dich dereinst in der Lebensbäume Duftenden Schatten! ... Doch, nun muß ich Nephthoa verlassen. Ach noch nicht, du Himmlischer, bleib noch, du Fremdling aus Salem, Wende noch nicht von dem Sterblichen weg dein schimmerndes Auge, Diese Morgenröthe der Wangen, dieß Lächeln der Wonne. Aber Benoni verschwand. Nephthoa blieb mit Entzückung Stehn, und mit ausgebreiteten Armen, das Bild zu umfassen Seines himmlischen Freundes, das zwar von Schimmer entkleidet, Aber vor ihm, so dacht' er, noch stand. Auch dieses verschwand ihm, Und ihm sanken die Arme nieder. Da faltet' er betend Seine Händ', und blickte gen Himmel, und lächelte weinend, Nicht so einsam, wie es ihm dauchte. Noch hatt' ihn sein Engel Nicht verlassen, noch nicht der unsichtbare Benoni. Und sie hörten den Knaben den Namen des Gnädigen preisen, Jhn aus inniger Seele dem Allbarmherzigen danken, Der die Erscheinung ihm gab, und die Hofnung der grossen Erkenntniß. Dilean war der einzige Freund, den er hatte, gestorben, Und die Geliebte dazu. Er kannte Gottes Propheten, War, mit brennendem Durste, gewiß zu werden, in Salem Lange geirrt, und hatte geforscht: Ob Jesus erwacht sey? Oder noch todt? Die Nacht hing über sein Haupt, die Ströme Gingen
Der Meſſias. Jeſus war todt, das wußteſt du nicht! und iſt ſchon erſtandenAus dem Grabe. Bald wird er hinauf in die Herrlichkeit gehen! Seine Geliebten werden alsdann in Jeruſalem zeugen, Von dem Tode, der Auferſtehung, und von der Erhebung Jeſus Chriſtus! Die hoͤre. Sie werden von Gott dir erzaͤhlen, Was, als einem Sterblichen dir, zu wiſſen, vergoͤnnt iſt. Deine Schweſter empfaͤngt dich dereinſt in der Lebensbaͤume Duftenden Schatten! … Doch, nun muß ich Nephthoa verlaſſen. Ach noch nicht, du Himmliſcher, bleib noch, du Fremdling aus Salem, Wende noch nicht von dem Sterblichen weg dein ſchimmerndes Auge, Dieſe Morgenroͤthe der Wangen, dieß Laͤcheln der Wonne. Aber Benoni verſchwand. Nephthoa blieb mit Entzuͤckung Stehn, und mit ausgebreiteten Armen, das Bild zu umfaſſen Seines himmliſchen Freundes, das zwar von Schimmer entkleidet, Aber vor ihm, ſo dacht’ er, noch ſtand. Auch dieſes verſchwand ihm, Und ihm ſanken die Arme nieder. Da faltet’ er betend Seine Haͤnd’, und blickte gen Himmel, und laͤchelte weinend, Nicht ſo einſam, wie es ihm dauchte. Noch hatt’ ihn ſein Engel Nicht verlaſſen, noch nicht der unſichtbare Benoni. Und ſie hoͤrten den Knaben den Namen des Gnaͤdigen preiſen, Jhn aus inniger Seele dem Allbarmherzigen danken, Der die Erſcheinung ihm gab, und die Hofnung der groſſen Erkenntniß. Dilean war der einzige Freund, den er hatte, geſtorben, Und die Geliebte dazu. Er kannte Gottes Propheten, War, mit brennendem Durſte, gewiß zu werden, in Salem Lange geirrt, und hatte geforſcht: Ob Jeſus erwacht ſey? Oder noch todt? Die Nacht hing uͤber ſein Haupt, die Stroͤme Gingen
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Der Meſſias.
Jeſus war todt, das wußteſt du nicht! und iſt ſchon erſtanden
Aus dem Grabe. Bald wird er hinauf in die Herrlichkeit gehen!
Seine Geliebten werden alsdann in Jeruſalem zeugen,
Von dem Tode, der Auferſtehung, und von der Erhebung
Jeſus Chriſtus! Die hoͤre. Sie werden von Gott dir erzaͤhlen,
Was, als einem Sterblichen dir, zu wiſſen, vergoͤnnt iſt.
Deine Schweſter empfaͤngt dich dereinſt in der Lebensbaͤume
Duftenden Schatten! … Doch, nun muß ich Nephthoa verlaſſen.
Ach noch nicht, du Himmliſcher, bleib noch, du Fremdling aus Salem,
Wende noch nicht von dem Sterblichen weg dein ſchimmerndes Auge,
Dieſe Morgenroͤthe der Wangen, dieß Laͤcheln der Wonne.
Aber Benoni verſchwand. Nephthoa blieb mit Entzuͤckung
Stehn, und mit ausgebreiteten Armen, das Bild zu umfaſſen
Seines himmliſchen Freundes, das zwar von Schimmer entkleidet,
Aber vor ihm, ſo dacht’ er, noch ſtand. Auch dieſes verſchwand ihm,
Und ihm ſanken die Arme nieder. Da faltet’ er betend
Seine Haͤnd’, und blickte gen Himmel, und laͤchelte weinend,
Nicht ſo einſam, wie es ihm dauchte. Noch hatt’ ihn ſein Engel
Nicht verlaſſen, noch nicht der unſichtbare Benoni.
Und ſie hoͤrten den Knaben den Namen des Gnaͤdigen preiſen,
Jhn aus inniger Seele dem Allbarmherzigen danken,
Der die Erſcheinung ihm gab, und die Hofnung der groſſen Erkenntniß.
Dilean war der einzige Freund, den er hatte, geſtorben,
Und die Geliebte dazu. Er kannte Gottes Propheten,
War, mit brennendem Durſte, gewiß zu werden, in Salem
Lange geirrt, und hatte geforſcht: Ob Jeſus erwacht ſey?
Oder noch todt? Die Nacht hing uͤber ſein Haupt, die Stroͤme
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