[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Funfzehnter Gesang. Also erstand er! Uns sanken die Harfen! die Palmen sanken!Jubel ruften wir aus! So singen die Lieder am Thron nicht, Meere rauschen, wie wir das Halleluja dem Mittler Gottes ruften. Doch schnell ward Alles staunende Stille! Himmel und Erde schwiegen, und wir, bis endlich Triumphe Märtyrer sangen, bis endlich zum Mittler Adam herabkam, Laut ausrief: Jch schwöre bey dir, der ewig lebet, Daß nun Tod nicht mehr der Tod ist, und daß an dem Tage Deiner grossen Vollendung sie Alle, die schlafen, erwachen! Ach sein Wonnausruf durchdringet die Mitgenossinn Seines Erbes! Bestreuet mein Grab mit Blumen der Erndte. Saat, dich säte der Herr! Jch hör', ich höre das Rauschen Deiner Aehren! Jch höre vom Himmel das Rufen der Erndter! Lege bald zu dem Schlafe des Todes, o Mirjam, dich nieder, Daß ich die Mutter des Herrn im Thale des Friedens empfange. Daß wir singen dort in dem Thale des Friedens dem Sohne, Wenn er nun an dem Thron die Thränen der Christen trocknet, Und zu verstummen gebeut der sanften Klage der Wehmut. Siehe, der trug die Sünde der Welt, ist die Liebe! der Adams Lasten nahm, und hinauf nach Golgatha ging, ist die Liebe! Der die Liebe, der nicht gekennet, ach ungeliebet, Sich, da die Himmel der Himmel schwiegen, erkohr, sich hingab Diesem schrecklichen Tode zum Opfer! ... Zum Opfer, zum Opfer Für die Sünde! da selbst Erzengel verstummten, die Hölle Laut anklagt', und zu wandeln, den eisernen Tritt der Gericht hub! Also sang sie, und wendete sich. Jhr sahe Maria Lange nach, da sie schwebt' im Himmelsglanze gen Tabor. Jetzo Q 4
Funfzehnter Geſang. Alſo erſtand er! Uns ſanken die Harfen! die Palmen ſanken!Jubel ruften wir aus! So ſingen die Lieder am Thron nicht, Meere rauſchen, wie wir das Halleluja dem Mittler Gottes ruften. Doch ſchnell ward Alles ſtaunende Stille! Himmel und Erde ſchwiegen, und wir, bis endlich Triumphe Maͤrtyrer ſangen, bis endlich zum Mittler Adam herabkam, Laut ausrief: Jch ſchwoͤre bey dir, der ewig lebet, Daß nun Tod nicht mehr der Tod iſt, und daß an dem Tage Deiner groſſen Vollendung ſie Alle, die ſchlafen, erwachen! Ach ſein Wonnausruf durchdringet die Mitgenoſſinn Seines Erbes! Beſtreuet mein Grab mit Blumen der Erndte. Saat, dich ſaͤte der Herr! Jch hoͤr’, ich hoͤre das Rauſchen Deiner Aehren! Jch hoͤre vom Himmel das Rufen der Erndter! Lege bald zu dem Schlafe des Todes, o Mirjam, dich nieder, Daß ich die Mutter des Herrn im Thale des Friedens empfange. Daß wir ſingen dort in dem Thale des Friedens dem Sohne, Wenn er nun an dem Thron die Thraͤnen der Chriſten trocknet, Und zu verſtummen gebeut der ſanften Klage der Wehmut. Siehe, der trug die Suͤnde der Welt, iſt die Liebe! der Adams Laſten nahm, und hinauf nach Golgatha ging, iſt die Liebe! Der die Liebe, der nicht gekennet, ach ungeliebet, Sich, da die Himmel der Himmel ſchwiegen, erkohr, ſich hingab Dieſem ſchrecklichen Tode zum Opfer! … Zum Opfer, zum Opfer Fuͤr die Suͤnde! da ſelbſt Erzengel verſtummten, die Hoͤlle Laut anklagt’, und zu wandeln, den eiſernen Tritt der Gericht hub! Alſo ſang ſie, und wendete ſich. Jhr ſahe Maria Lange nach, da ſie ſchwebt’ im Himmelsglanze gen Tabor. Jetzo Q 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="142"> <pb facs="#f0263" n="247"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Funfzehnter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Alſo erſtand er! Uns ſanken die Harfen! die Palmen ſanken!</l><lb/> <l>Jubel ruften wir aus! So ſingen die Lieder am Thron nicht,</l><lb/> <l>Meere rauſchen, wie wir das Halleluja dem Mittler</l><lb/> <l>Gottes ruften. Doch ſchnell ward Alles ſtaunende Stille!</l><lb/> <l>Himmel und Erde ſchwiegen, und wir, bis endlich Triumphe</l><lb/> <l>Maͤrtyrer ſangen, bis endlich zum Mittler Adam herabkam,</l><lb/> <l>Laut ausrief: Jch ſchwoͤre bey dir, der ewig lebet,</l><lb/> <l>Daß nun Tod nicht mehr der Tod iſt, und daß an dem Tage</l><lb/> <l>Deiner groſſen Vollendung ſie Alle, die ſchlafen, erwachen!</l> </lg><lb/> <lg n="143"> <l>Ach ſein Wonnausruf durchdringet die Mitgenoſſinn</l><lb/> <l>Seines Erbes! Beſtreuet mein Grab mit Blumen der Erndte.</l><lb/> <l>Saat, dich ſaͤte der Herr! Jch hoͤr’, ich hoͤre das Rauſchen</l><lb/> <l>Deiner Aehren! Jch hoͤre vom Himmel das Rufen der Erndter!</l> </lg><lb/> <lg n="144"> <l>Lege bald zu dem Schlafe des Todes, o Mirjam, dich nieder,</l><lb/> <l>Daß ich die Mutter des Herrn im Thale des Friedens empfange.</l> </lg><lb/> <lg n="145"> <l>Daß wir ſingen dort in dem Thale des Friedens dem Sohne,</l><lb/> <l>Wenn er nun an dem Thron die Thraͤnen der Chriſten trocknet,</l><lb/> <l>Und zu verſtummen gebeut der ſanften Klage der Wehmut.</l><lb/> <l>Siehe, der trug die Suͤnde der Welt, iſt die Liebe! der Adams</l><lb/> <l>Laſten nahm, und hinauf nach Golgatha ging, iſt die Liebe!</l><lb/> <l>Der die Liebe, der nicht gekennet, ach ungeliebet,</l><lb/> <l>Sich, da die Himmel der Himmel ſchwiegen, erkohr, ſich hingab</l><lb/> <l>Dieſem ſchrecklichen Tode zum Opfer! … Zum Opfer, zum Opfer</l><lb/> <l>Fuͤr die Suͤnde! da ſelbſt Erzengel verſtummten, die Hoͤlle</l><lb/> <l>Laut anklagt’, und zu wandeln, den eiſernen Tritt der Gericht hub!</l> </lg><lb/> <lg n="146"> <l>Alſo ſang ſie, und wendete ſich. Jhr ſahe Maria</l><lb/> <l>Lange nach, da ſie ſchwebt’ im Himmelsglanze gen Tabor.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Jetzo</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [247/0263]
Funfzehnter Geſang.
Alſo erſtand er! Uns ſanken die Harfen! die Palmen ſanken!
Jubel ruften wir aus! So ſingen die Lieder am Thron nicht,
Meere rauſchen, wie wir das Halleluja dem Mittler
Gottes ruften. Doch ſchnell ward Alles ſtaunende Stille!
Himmel und Erde ſchwiegen, und wir, bis endlich Triumphe
Maͤrtyrer ſangen, bis endlich zum Mittler Adam herabkam,
Laut ausrief: Jch ſchwoͤre bey dir, der ewig lebet,
Daß nun Tod nicht mehr der Tod iſt, und daß an dem Tage
Deiner groſſen Vollendung ſie Alle, die ſchlafen, erwachen!
Ach ſein Wonnausruf durchdringet die Mitgenoſſinn
Seines Erbes! Beſtreuet mein Grab mit Blumen der Erndte.
Saat, dich ſaͤte der Herr! Jch hoͤr’, ich hoͤre das Rauſchen
Deiner Aehren! Jch hoͤre vom Himmel das Rufen der Erndter!
Lege bald zu dem Schlafe des Todes, o Mirjam, dich nieder,
Daß ich die Mutter des Herrn im Thale des Friedens empfange.
Daß wir ſingen dort in dem Thale des Friedens dem Sohne,
Wenn er nun an dem Thron die Thraͤnen der Chriſten trocknet,
Und zu verſtummen gebeut der ſanften Klage der Wehmut.
Siehe, der trug die Suͤnde der Welt, iſt die Liebe! der Adams
Laſten nahm, und hinauf nach Golgatha ging, iſt die Liebe!
Der die Liebe, der nicht gekennet, ach ungeliebet,
Sich, da die Himmel der Himmel ſchwiegen, erkohr, ſich hingab
Dieſem ſchrecklichen Tode zum Opfer! … Zum Opfer, zum Opfer
Fuͤr die Suͤnde! da ſelbſt Erzengel verſtummten, die Hoͤlle
Laut anklagt’, und zu wandeln, den eiſernen Tritt der Gericht hub!
Alſo ſang ſie, und wendete ſich. Jhr ſahe Maria
Lange nach, da ſie ſchwebt’ im Himmelsglanze gen Tabor.
Jetzo
Q 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |