[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Funfzehnter Gesang. Aber sterblich bin ich! Jch leb', und leide, wie Andre!Leide viel mehr, wie Andre, die so voll Unschuld nicht lieben! Wär ich nur sterblicher auch! ... Du Klage, warest zu heftig! Sterblicher will ich nicht seyn! ... Sie erhebt sich, und trocknet mit Eile Jhre Wange. Da stieg der Pilgerinnen des Festes Eine den Söller herauf, von Cidli's Mutter begleitet. Lange wallt' ich umher, Jairus Tochter zu sehen; Endlich find' ich dich auf. Du hast doch von deines Erweckers Hohem Triumphe gehört? Jch habe von meines Erweckers Hohem Triumphe gehört; doch seiner Herrlichkeit Zeugen Hab ich noch nicht gesehen. Maria, Lazarus Schwester, Denn ihn kennst du wohl auch, da du mich zu suchen herumwallst? Jst entschlafen! und ob die Mutter des Göttlichen lebe? Weis ich auch nicht. ... Sie lebt, und hat den Erstandnen gesehen! Hat ein Engel dich mir, o Pilgerinn, zugesendet, Daß du mir diese Botschaft von Jesus Herrlichkeit brächtest, Und den Freuden der Mutter? ... Jch suchte der Auferstandnen Eine, von denen eine, die Jesus Herrlichkeit zeugten, Als er noch in der Niedrigkeit war. Vernahmest du, Cidli, Nichts von den neuen Zeugen, und Zeuginnen, nun, da er herrschet Mächtiger über den Tod, als da er den Bruder Maria, Und den Vaterlosen aus Nain, und dich erweckte? Kam der Ruf nicht zu dir: Viel Heilige wären erstanden, Als er am Kreuz entschlief, und die erschienen den Frommen, Die ihn liebten? ... Jch lieb' ihn, ich lieb' ihn, o Pilgerinn! rede, Jst der Ruf denn gewiß? ... Nicht lange, so wird es sich zeigen. Viel erzählen, daß sich die auferstandnen Gerechten Auf Q 5
Funfzehnter Geſang. Aber ſterblich bin ich! Jch leb’, und leide, wie Andre!Leide viel mehr, wie Andre, die ſo voll Unſchuld nicht lieben! Waͤr ich nur ſterblicher auch! … Du Klage, wareſt zu heftig! Sterblicher will ich nicht ſeyn! … Sie erhebt ſich, und trocknet mit Eile Jhre Wange. Da ſtieg der Pilgerinnen des Feſtes Eine den Soͤller herauf, von Cidli’s Mutter begleitet. Lange wallt’ ich umher, Jairus Tochter zu ſehen; Endlich find’ ich dich auf. Du haſt doch von deines Erweckers Hohem Triumphe gehoͤrt? Jch habe von meines Erweckers Hohem Triumphe gehoͤrt; doch ſeiner Herrlichkeit Zeugen Hab ich noch nicht geſehen. Maria, Lazarus Schweſter, Denn ihn kennſt du wohl auch, da du mich zu ſuchen herumwallſt? Jſt entſchlafen! und ob die Mutter des Goͤttlichen lebe? Weis ich auch nicht. … Sie lebt, und hat den Erſtandnen geſehen! Hat ein Engel dich mir, o Pilgerinn, zugeſendet, Daß du mir dieſe Botſchaft von Jeſus Herrlichkeit braͤchteſt, Und den Freuden der Mutter? … Jch ſuchte der Auferſtandnen Eine, von denen eine, die Jeſus Herrlichkeit zeugten, Als er noch in der Niedrigkeit war. Vernahmeſt du, Cidli, Nichts von den neuen Zeugen, und Zeuginnen, nun, da er herrſchet Maͤchtiger uͤber den Tod, als da er den Bruder Maria, Und den Vaterloſen aus Nain, und dich erweckte? Kam der Ruf nicht zu dir: Viel Heilige waͤren erſtanden, Als er am Kreuz entſchlief, und die erſchienen den Frommen, Die ihn liebten? … Jch lieb’ ihn, ich lieb’ ihn, o Pilgerinn! rede, Jſt der Ruf denn gewiß? … Nicht lange, ſo wird es ſich zeigen. Viel erzaͤhlen, daß ſich die auferſtandnen Gerechten Auf Q 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="148"> <pb facs="#f0265" n="249"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Funfzehnter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Aber ſterblich bin ich! Jch leb’, und leide, wie Andre!</l><lb/> <l>Leide viel mehr, wie Andre, die ſo voll Unſchuld nicht lieben!</l><lb/> <l>Waͤr ich nur ſterblicher auch! … Du Klage, wareſt zu heftig!</l><lb/> <l>Sterblicher will ich nicht ſeyn! … Sie erhebt ſich, und trocknet mit Eile</l><lb/> <l>Jhre Wange. Da ſtieg der Pilgerinnen des Feſtes</l><lb/> <l>Eine den Soͤller herauf, von Cidli’s Mutter begleitet.</l> </lg><lb/> <lg n="149"> <l>Lange wallt’ ich umher, Jairus Tochter zu ſehen;</l><lb/> <l>Endlich find’ ich dich auf. Du haſt doch von deines Erweckers</l><lb/> <l>Hohem Triumphe gehoͤrt? Jch habe von meines Erweckers</l><lb/> <l>Hohem Triumphe gehoͤrt; doch ſeiner Herrlichkeit Zeugen</l><lb/> <l>Hab ich noch nicht geſehen. Maria, Lazarus Schweſter,</l><lb/> <l>Denn ihn kennſt du wohl auch, da du mich zu ſuchen herumwallſt?</l><lb/> <l>Jſt entſchlafen! und ob die Mutter des Goͤttlichen lebe?</l><lb/> <l>Weis ich auch nicht. … Sie lebt, und hat den Erſtandnen geſehen!</l> </lg><lb/> <lg n="150"> <l>Hat ein Engel dich mir, o Pilgerinn, zugeſendet,</l><lb/> <l>Daß du mir dieſe Botſchaft von Jeſus Herrlichkeit braͤchteſt,</l><lb/> <l>Und den Freuden der Mutter? … Jch ſuchte der Auferſtandnen</l><lb/> <l>Eine, von denen eine, die Jeſus Herrlichkeit zeugten,</l><lb/> <l>Als er noch in der Niedrigkeit war. Vernahmeſt du, Cidli,</l><lb/> <l>Nichts von den neuen Zeugen, und Zeuginnen, nun, da er herrſchet</l><lb/> <l>Maͤchtiger uͤber den Tod, als da er den Bruder Maria,</l><lb/> <l>Und den Vaterloſen aus Nain, und dich erweckte?</l><lb/> <l>Kam der Ruf nicht zu dir: Viel Heilige waͤren erſtanden,</l><lb/> <l>Als er am Kreuz entſchlief, und die erſchienen den Frommen,</l><lb/> <l>Die ihn liebten? … Jch lieb’ ihn, ich lieb’ ihn, o Pilgerinn! rede,</l><lb/> <l>Jſt der Ruf denn gewiß? … Nicht lange, ſo wird es ſich zeigen.</l><lb/> <l>Viel erzaͤhlen, daß ſich die auferſtandnen Gerechten</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Q 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Auf</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [249/0265]
Funfzehnter Geſang.
Aber ſterblich bin ich! Jch leb’, und leide, wie Andre!
Leide viel mehr, wie Andre, die ſo voll Unſchuld nicht lieben!
Waͤr ich nur ſterblicher auch! … Du Klage, wareſt zu heftig!
Sterblicher will ich nicht ſeyn! … Sie erhebt ſich, und trocknet mit Eile
Jhre Wange. Da ſtieg der Pilgerinnen des Feſtes
Eine den Soͤller herauf, von Cidli’s Mutter begleitet.
Lange wallt’ ich umher, Jairus Tochter zu ſehen;
Endlich find’ ich dich auf. Du haſt doch von deines Erweckers
Hohem Triumphe gehoͤrt? Jch habe von meines Erweckers
Hohem Triumphe gehoͤrt; doch ſeiner Herrlichkeit Zeugen
Hab ich noch nicht geſehen. Maria, Lazarus Schweſter,
Denn ihn kennſt du wohl auch, da du mich zu ſuchen herumwallſt?
Jſt entſchlafen! und ob die Mutter des Goͤttlichen lebe?
Weis ich auch nicht. … Sie lebt, und hat den Erſtandnen geſehen!
Hat ein Engel dich mir, o Pilgerinn, zugeſendet,
Daß du mir dieſe Botſchaft von Jeſus Herrlichkeit braͤchteſt,
Und den Freuden der Mutter? … Jch ſuchte der Auferſtandnen
Eine, von denen eine, die Jeſus Herrlichkeit zeugten,
Als er noch in der Niedrigkeit war. Vernahmeſt du, Cidli,
Nichts von den neuen Zeugen, und Zeuginnen, nun, da er herrſchet
Maͤchtiger uͤber den Tod, als da er den Bruder Maria,
Und den Vaterloſen aus Nain, und dich erweckte?
Kam der Ruf nicht zu dir: Viel Heilige waͤren erſtanden,
Als er am Kreuz entſchlief, und die erſchienen den Frommen,
Die ihn liebten? … Jch lieb’ ihn, ich lieb’ ihn, o Pilgerinn! rede,
Jſt der Ruf denn gewiß? … Nicht lange, ſo wird es ſich zeigen.
Viel erzaͤhlen, daß ſich die auferſtandnen Gerechten
Auf
Q 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |