[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Unaussprechlicherer Barmherzigkeit, höherer GnadenGeber, als je der Mensch und der Engel verstanden und baten, O des Richters der Welten Versöhner mit denen, die fielen! Sey die Stunde mit ihm, vor der selbst Engel erbebten, Wenn durch diese gefürchtete Nacht sie zum Ewigen giengen, Wandl' in dem finstern Thale mit ihm, und laß ihn die Wonne Deines Lebens von fern, und seiner Vollendung erblicken! Abdiel segnet' ihn so. Noch flehte des Sterbenden Seele: Gott! du Liebe! du ewige Liebe! ... Gerettete Seele, Stamml' es nicht! du ringest vergebens, noch hier zu danken. Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnädig, und treu, und geduldig! Gott! Verzeiher der Missethat, Uebertretung und Sünde! Herr! in deine Hände ... Ach, Schaaren des Paradiese! Und im hellem Gewande! Wie wehn die Palmen der Sieger! Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnädig, und treu, und geduldig! Gott, Verzeiher der Missethat, Uebertretung und Sünde! Herr! in deine Hände ... befehl' ich ... ach jetzo nicht länger! Länger nicht weilen, versöhnte, gerechte, begnadigte Seele! Mittler! in deine Hände befehl ich ... Er starb. Da verliessen Mit der Seele die feinsten noch übrigen Leben die Leiche, Jetzt die Hülle der Seele zu werden, dereinst die Verklärung Jhres verflogenen Staubs, wenn ihm das nahe Gericht ruft. Also dachte die Seele: War dieß der Tod? ... O sanfte, Schnelle Trennung, wie soll ich die nennen? Tod nicht! Es heisse Tod dein Name nicht mehr! und du, du selbst, der Verwesung Fürchterlicher Gedanke! wie schnell bist du Freude geworden! Schlummre
Der Meſſias. Unausſprechlicherer Barmherzigkeit, hoͤherer GnadenGeber, als je der Menſch und der Engel verſtanden und baten, O des Richters der Welten Verſoͤhner mit denen, die fielen! Sey die Stunde mit ihm, vor der ſelbſt Engel erbebten, Wenn durch dieſe gefuͤrchtete Nacht ſie zum Ewigen giengen, Wandl’ in dem finſtern Thale mit ihm, und laß ihn die Wonne Deines Lebens von fern, und ſeiner Vollendung erblicken! Abdiel ſegnet’ ihn ſo. Noch flehte des Sterbenden Seele: Gott! du Liebe! du ewige Liebe! … Gerettete Seele, Stamml’ es nicht! du ringeſt vergebens, noch hier zu danken. Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig! Gott! Verzeiher der Miſſethat, Uebertretung und Suͤnde! Herr! in deine Haͤnde … Ach, Schaaren des Paradieſe! Und im hellem Gewande! Wie wehn die Palmen der Sieger! Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig! Gott, Verzeiher der Miſſethat, Uebertretung und Suͤnde! Herr! in deine Haͤnde … befehl’ ich … ach jetzo nicht laͤnger! Laͤnger nicht weilen, verſoͤhnte, gerechte, begnadigte Seele! Mittler! in deine Haͤnde befehl ich … Er ſtarb. Da verlieſſen Mit der Seele die feinſten noch uͤbrigen Leben die Leiche, Jetzt die Huͤlle der Seele zu werden, dereinſt die Verklaͤrung Jhres verflogenen Staubs, wenn ihm das nahe Gericht ruft. Alſo dachte die Seele: War dieß der Tod? … O ſanfte, Schnelle Trennung, wie ſoll ich die nennen? Tod nicht! Es heiſſe Tod dein Name nicht mehr! und du, du ſelbſt, der Verweſung Fuͤrchterlicher Gedanke! wie ſchnell biſt du Freude geworden! Schlummre
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Der Meſſias.
Unausſprechlicherer Barmherzigkeit, hoͤherer Gnaden
Geber, als je der Menſch und der Engel verſtanden und baten,
O des Richters der Welten Verſoͤhner mit denen, die fielen!
Sey die Stunde mit ihm, vor der ſelbſt Engel erbebten,
Wenn durch dieſe gefuͤrchtete Nacht ſie zum Ewigen giengen,
Wandl’ in dem finſtern Thale mit ihm, und laß ihn die Wonne
Deines Lebens von fern, und ſeiner Vollendung erblicken!
Abdiel ſegnet’ ihn ſo. Noch flehte des Sterbenden Seele:
Gott! du Liebe! du ewige Liebe! … Gerettete Seele,
Stamml’ es nicht! du ringeſt vergebens, noch hier zu danken.
Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig!
Gott! Verzeiher der Miſſethat, Uebertretung und Suͤnde!
Herr! in deine Haͤnde … Ach, Schaaren des Paradieſe!
Und im hellem Gewande! Wie wehn die Palmen der Sieger!
Herr! Herr! Gott! barmherzig, und gnaͤdig, und treu, und geduldig!
Gott, Verzeiher der Miſſethat, Uebertretung und Suͤnde!
Herr! in deine Haͤnde … befehl’ ich … ach jetzo nicht laͤnger!
Laͤnger nicht weilen, verſoͤhnte, gerechte, begnadigte Seele!
Mittler! in deine Haͤnde befehl ich … Er ſtarb. Da verlieſſen
Mit der Seele die feinſten noch uͤbrigen Leben die Leiche,
Jetzt die Huͤlle der Seele zu werden, dereinſt die Verklaͤrung
Jhres verflogenen Staubs, wenn ihm das nahe Gericht ruft.
Alſo dachte die Seele: War dieß der Tod? … O ſanfte,
Schnelle Trennung, wie ſoll ich die nennen? Tod nicht! Es heiſſe
Tod dein Name nicht mehr! und du, du ſelbſt, der Verweſung
Fuͤrchterlicher Gedanke! wie ſchnell biſt du Freude geworden!
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