[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Geh, ich will allein seyn mit Gott! Zu des Heiligen FüßenSaß ich, da lehrt' er mich: Eins ist noth! Nun ist es das Eine, Daß ich allein sey mit Gott! Den besten Theil will ich jetzo Auch erwählen! ... Jch soll dich in deinem Tode verlassen? Jch verlasse dich nicht, Maria! Sey ruhig, ich helfe Dir nur leiblich. Du bist mit Gott alleine, Maria! Amen! Mit dir sey Abrahams Gott, und Jsaks, und Jakobs! Bleib denn! Es sey mit mir, der alle Himmel erfüllet, Der allmächtig gebeut: Kommt wieder, Kinder von Adam! Jesu, Jesu, und Abrahams Gott, und Jsaks, und Jakobs! Also sprach sie, und flehte darauf in der Tiefe der Seele Zu dem Sündevergeber: Erhör, o erhör, und gehe Nicht ins Gericht mit mir Armen! Wer aller Lebenden könnte, Wolltest du richten, vor dir bestehn! Erschaffe mir Ruhe, Gott, im sterbenden Herzen, und mache die Seele der Müden Deines Heiles gewiß! Du Herr des Todes, verwirf mich Nicht von deinem Antlitz! und tröste mich wieder, o Vater! Tröste mich wieder! und dir erhalte dein freudiger Geist mich! Du, der Hiob erhörte, da er, von Jammer umgeben, Strebt', arbeitet', und rang zu glauben, und dennoch nicht glaubte, Daß du ihn, Vater, erhörtest, vernimm mein Flehen, und hilf mir! Also betete sie. Dann redte sie wieder zu Martha. Meynst du, Martha, daß Jesus für mich jetzt bete? du weist es, Daß er weinte, da wir zu dem Grabe Lazarus kamen. Sollt er sich meiner nicht auch erbarmen? O sage, du Theure, Können wir wohl, ohn' Jhn, zu dem, der ihn sendete, kommen? Gnade durch Jhn zu empfahn, die Hoffnung labte mich, wenn mich Jener
Der Meſſias. Geh, ich will allein ſeyn mit Gott! Zu des Heiligen FuͤßenSaß ich, da lehrt’ er mich: Eins iſt noth! Nun iſt es das Eine, Daß ich allein ſey mit Gott! Den beſten Theil will ich jetzo Auch erwaͤhlen! … Jch ſoll dich in deinem Tode verlaſſen? Jch verlaſſe dich nicht, Maria! Sey ruhig, ich helfe Dir nur leiblich. Du biſt mit Gott alleine, Maria! Amen! Mit dir ſey Abrahams Gott, und Jſaks, und Jakobs! Bleib denn! Es ſey mit mir, der alle Himmel erfuͤllet, Der allmaͤchtig gebeut: Kommt wieder, Kinder von Adam! Jeſu, Jeſu, und Abrahams Gott, und Jſaks, und Jakobs! Alſo ſprach ſie, und flehte darauf in der Tiefe der Seele Zu dem Suͤndevergeber: Erhoͤr, o erhoͤr, und gehe Nicht ins Gericht mit mir Armen! Wer aller Lebenden koͤnnte, Wollteſt du richten, vor dir beſtehn! Erſchaffe mir Ruhe, Gott, im ſterbenden Herzen, und mache die Seele der Muͤden Deines Heiles gewiß! Du Herr des Todes, verwirf mich Nicht von deinem Antlitz! und troͤſte mich wieder, o Vater! Troͤſte mich wieder! und dir erhalte dein freudiger Geiſt mich! Du, der Hiob erhoͤrte, da er, von Jammer umgeben, Strebt’, arbeitet’, und rang zu glauben, und dennoch nicht glaubte, Daß du ihn, Vater, erhoͤrteſt, vernimm mein Flehen, und hilf mir! Alſo betete ſie. Dann redte ſie wieder zu Martha. Meynſt du, Martha, daß Jeſus fuͤr mich jetzt bete? du weiſt es, Daß er weinte, da wir zu dem Grabe Lazarus kamen. Sollt er ſich meiner nicht auch erbarmen? O ſage, du Theure, Koͤnnen wir wohl, ohn’ Jhn, zu dem, der ihn ſendete, kommen? Gnade durch Jhn zu empfahn, die Hoffnung labte mich, wenn mich Jener
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Der Meſſias.
Geh, ich will allein ſeyn mit Gott! Zu des Heiligen Fuͤßen
Saß ich, da lehrt’ er mich: Eins iſt noth! Nun iſt es das Eine,
Daß ich allein ſey mit Gott! Den beſten Theil will ich jetzo
Auch erwaͤhlen! … Jch ſoll dich in deinem Tode verlaſſen?
Jch verlaſſe dich nicht, Maria! Sey ruhig, ich helfe
Dir nur leiblich. Du biſt mit Gott alleine, Maria!
Amen! Mit dir ſey Abrahams Gott, und Jſaks, und Jakobs!
Bleib denn! Es ſey mit mir, der alle Himmel erfuͤllet,
Der allmaͤchtig gebeut: Kommt wieder, Kinder von Adam!
Jeſu, Jeſu, und Abrahams Gott, und Jſaks, und Jakobs!
Alſo ſprach ſie, und flehte darauf in der Tiefe der Seele
Zu dem Suͤndevergeber: Erhoͤr, o erhoͤr, und gehe
Nicht ins Gericht mit mir Armen! Wer aller Lebenden koͤnnte,
Wollteſt du richten, vor dir beſtehn! Erſchaffe mir Ruhe,
Gott, im ſterbenden Herzen, und mache die Seele der Muͤden
Deines Heiles gewiß! Du Herr des Todes, verwirf mich
Nicht von deinem Antlitz! und troͤſte mich wieder, o Vater!
Troͤſte mich wieder! und dir erhalte dein freudiger Geiſt mich!
Du, der Hiob erhoͤrte, da er, von Jammer umgeben,
Strebt’, arbeitet’, und rang zu glauben, und dennoch nicht glaubte,
Daß du ihn, Vater, erhoͤrteſt, vernimm mein Flehen, und hilf mir!
Alſo betete ſie. Dann redte ſie wieder zu Martha.
Meynſt du, Martha, daß Jeſus fuͤr mich jetzt bete? du weiſt es,
Daß er weinte, da wir zu dem Grabe Lazarus kamen.
Sollt er ſich meiner nicht auch erbarmen? O ſage, du Theure,
Koͤnnen wir wohl, ohn’ Jhn, zu dem, der ihn ſendete, kommen?
Gnade durch Jhn zu empfahn, die Hoffnung labte mich, wenn mich
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