Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtzehnter Gesang.
Und nun weis ichs! So lautet's: Der seyn wird, lächelte segnend,
Da die Unüberwindlichen litten! der starb, und lebt, sah
Jhren Weg voll Palmen, und Elend! Er wird sie belohnen!

Schnell entschied der Richter das Schicksal der Unterdrücker;
Flammenwort der Entscheidung erscholl, und sie flohn vom Ge-
richtsplatz!
Noch entflohn sie; da kam ein Cherub mit eilendem Schritte
Durch die Wolten. Die wehten vor ihm, da er gieng mit dem
Schrecken
Seines Zornes der Cherub. Von jedem mächtigen Fußtritt
Rauschet' ein Sturm; nun stand er, und hub den drohenden Arm auf,
Schwieg, hielt eine Schale voll Flammen die Himmel herunter,
Daß die Schatten des drohenden Arms die Todten zu Schaaren
Ueberschatteten! wendete schnell die tönende Schal' um,
Goß die Flammen vom Himmel. Noch klang die Schale,
noch strömte
Auf dem Gerichtsplatz Glut herab; da schwur der Verderber
Laut durch die Himmel: Bey seinem Namen, er heisset Jehova!
Rächer heisset er auch, und Liebe jenen Gerechten!
Er erschuf die Religion, und gab sie den Menschen!
Er nur wußte, wer Gott sey! Erscheint zu stolze Betrüger,
Götterschöpfer, erscheint, die den Hocherhabnen des Himmels,
Die den Liebenswürdigen also den Menschen entstellten,
Oder Gehülfen ihm gaben, daß Götter sie neben ihm würden!
Sie erschienen. Es richtete sie der göttliche Stifter
Jener Religion, die des Sohnes große Prophetin
Und noch Zeugin von ihm bis zum Abend des Weltgerichts war;
Er
G 5

Achtzehnter Geſang.
Und nun weis ichs! So lautet’s: Der ſeyn wird, laͤchelte ſegnend,
Da die Unuͤberwindlichen litten! der ſtarb, und lebt, ſah
Jhren Weg voll Palmen, und Elend! Er wird ſie belohnen!

Schnell entſchied der Richter das Schickſal der Unterdruͤcker;
Flammenwort der Entſcheidung erſcholl, und ſie flohn vom Ge-
richtsplatz!
Noch entflohn ſie; da kam ein Cherub mit eilendem Schritte
Durch die Wolten. Die wehten vor ihm, da er gieng mit dem
Schrecken
Seines Zornes der Cherub. Von jedem maͤchtigen Fußtritt
Rauſchet’ ein Sturm; nun ſtand er, und hub den drohenden Arm auf,
Schwieg, hielt eine Schale voll Flammen die Himmel herunter,
Daß die Schatten des drohenden Arms die Todten zu Schaaren
Ueberſchatteten! wendete ſchnell die toͤnende Schal’ um,
Goß die Flammen vom Himmel. Noch klang die Schale,
noch ſtroͤmte
Auf dem Gerichtsplatz Glut herab; da ſchwur der Verderber
Laut durch die Himmel: Bey ſeinem Namen, er heiſſet Jehova!
Raͤcher heiſſet er auch, und Liebe jenen Gerechten!
Er erſchuf die Religion, und gab ſie den Menſchen!
Er nur wußte, wer Gott ſey! Erſcheint zu ſtolze Betruͤger,
Goͤtterſchoͤpfer, erſcheint, die den Hocherhabnen des Himmels,
Die den Liebenswuͤrdigen alſo den Menſchen entſtellten,
Oder Gehuͤlfen ihm gaben, daß Goͤtter ſie neben ihm wuͤrden!
Sie erſchienen. Es richtete ſie der goͤttliche Stifter
Jener Religion, die des Sohnes große Prophetin
Und noch Zeugin von ihm bis zum Abend des Weltgerichts war;
Er
G 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="34">
              <pb facs="#f0105" n="105"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achtzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
              <l>Und nun weis ichs! So lautet&#x2019;s: Der &#x017F;eyn wird, la&#x0364;chelte &#x017F;egnend,</l><lb/>
              <l>Da die Unu&#x0364;berwindlichen litten! der &#x017F;tarb, und lebt, &#x017F;ah</l><lb/>
              <l>Jhren Weg voll Palmen, und Elend! Er wird &#x017F;ie belohnen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="35">
              <l>Schnell ent&#x017F;chied der Richter das Schick&#x017F;al der Unterdru&#x0364;cker;</l><lb/>
              <l>Flammenwort der Ent&#x017F;cheidung er&#x017F;choll, und &#x017F;ie flohn vom Ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">richtsplatz!</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <lg n="36">
              <l>Noch entflohn &#x017F;ie; da kam ein Cherub mit eilendem Schritte</l><lb/>
              <l>Durch die Wolten. Die wehten vor ihm, da er gieng mit dem</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Schrecken</hi> </l><lb/>
              <l>Seines Zornes der Cherub. Von jedem ma&#x0364;chtigen Fußtritt</l><lb/>
              <l>Rau&#x017F;chet&#x2019; ein Sturm; nun &#x017F;tand er, und hub den drohenden Arm auf,</l><lb/>
              <l>Schwieg, hielt eine Schale voll Flammen die Himmel herunter,</l><lb/>
              <l>Daß die Schatten des drohenden Arms die Todten zu Schaaren</l><lb/>
              <l>Ueber&#x017F;chatteten! wendete &#x017F;chnell die to&#x0364;nende Schal&#x2019; um,</l><lb/>
              <l>Goß die Flammen vom Himmel. Noch klang die Schale,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">noch &#x017F;tro&#x0364;mte</hi> </l><lb/>
              <l>Auf dem Gerichtsplatz Glut herab; da &#x017F;chwur der Verderber</l><lb/>
              <l>Laut durch die Himmel: Bey &#x017F;einem Namen, er hei&#x017F;&#x017F;et Jehova!</l><lb/>
              <l>Ra&#x0364;cher hei&#x017F;&#x017F;et er auch, und Liebe jenen Gerechten!</l><lb/>
              <l>Er er&#x017F;chuf die Religion, und gab &#x017F;ie den Men&#x017F;chen!</l><lb/>
              <l>Er nur wußte, wer Gott &#x017F;ey! Er&#x017F;cheint zu &#x017F;tolze Betru&#x0364;ger,</l><lb/>
              <l>Go&#x0364;tter&#x017F;cho&#x0364;pfer, er&#x017F;cheint, die den Hocherhabnen des Himmels,</l><lb/>
              <l>Die den Liebenswu&#x0364;rdigen al&#x017F;o den Men&#x017F;chen ent&#x017F;tellten,</l><lb/>
              <l>Oder Gehu&#x0364;lfen ihm gaben, daß Go&#x0364;tter &#x017F;ie neben ihm wu&#x0364;rden!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="37">
              <l>Sie er&#x017F;chienen. Es richtete &#x017F;ie der go&#x0364;ttliche Stifter</l><lb/>
              <l>Jener Religion, die des Sohnes große Prophetin</l><lb/>
              <l>Und noch Zeugin von ihm bis zum Abend des Weltgerichts war;</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">G 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0105] Achtzehnter Geſang. Und nun weis ichs! So lautet’s: Der ſeyn wird, laͤchelte ſegnend, Da die Unuͤberwindlichen litten! der ſtarb, und lebt, ſah Jhren Weg voll Palmen, und Elend! Er wird ſie belohnen! Schnell entſchied der Richter das Schickſal der Unterdruͤcker; Flammenwort der Entſcheidung erſcholl, und ſie flohn vom Ge- richtsplatz! Noch entflohn ſie; da kam ein Cherub mit eilendem Schritte Durch die Wolten. Die wehten vor ihm, da er gieng mit dem Schrecken Seines Zornes der Cherub. Von jedem maͤchtigen Fußtritt Rauſchet’ ein Sturm; nun ſtand er, und hub den drohenden Arm auf, Schwieg, hielt eine Schale voll Flammen die Himmel herunter, Daß die Schatten des drohenden Arms die Todten zu Schaaren Ueberſchatteten! wendete ſchnell die toͤnende Schal’ um, Goß die Flammen vom Himmel. Noch klang die Schale, noch ſtroͤmte Auf dem Gerichtsplatz Glut herab; da ſchwur der Verderber Laut durch die Himmel: Bey ſeinem Namen, er heiſſet Jehova! Raͤcher heiſſet er auch, und Liebe jenen Gerechten! Er erſchuf die Religion, und gab ſie den Menſchen! Er nur wußte, wer Gott ſey! Erſcheint zu ſtolze Betruͤger, Goͤtterſchoͤpfer, erſcheint, die den Hocherhabnen des Himmels, Die den Liebenswuͤrdigen alſo den Menſchen entſtellten, Oder Gehuͤlfen ihm gaben, daß Goͤtter ſie neben ihm wuͤrden! Sie erſchienen. Es richtete ſie der goͤttliche Stifter Jener Religion, die des Sohnes große Prophetin Und noch Zeugin von ihm bis zum Abend des Weltgerichts war; Er G 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/105
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/105>, abgerufen am 04.12.2024.