Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Der Messias. Der mit unsterblicher Schöne sie einst zu verneuen be-schloßen. Um und um lagen die Hügel in lieblicher Abenddämmrung, Gleich als wären sie schon neu erschaffen, und blühend, wie Eden. JEsus redte. Nur er und der Vater durchschauten den Jnhalt, Unbegrenzt; dieß nur vermag die Stimme des Menschen zu sprechen: Göttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes Nähern sich mir, die Tage, zu grössern Werken erlesen, Als selbst die Schöpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachtest. Sie verklären sich mir so schön und herrlich, als damals, Da wir die Reihe der Zeiten durchschauten, und sie in der Zukunft, Durch mein göttliches Anschaun vorzüglich bezeichnet, er- blickten. Dir nur ist es bekannt, mit was für Einmuth wir damals, Du, mein Vater, und ich, und der Geift die Erlösung be- schlossen. Jn der Stille der Ewigkeit, einsam und ohne Geschöpfe, Waren wir beysammen. Voll unsrer göttlichen Liebe, Sahen wir auf Menschen, die noch nicht waren, herunter. Ach das arme Geschlecht! Ach unsre Geschöpfe, wie elend Waren sie, sonst unsterblich, nun Staub, von der Sünde verstellet! Vater, ich sah ihr Elend, du meine Thränen. Da sprachst du: Laßt
Der Meſſias. Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen be-ſchloßen. Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung, Gleich als waͤren ſie ſchon neu erſchaffen, und bluͤhend, wie Eden. JEſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den Jnhalt, Unbegrenzt; dieß nur vermag die Stimme des Menſchen zu ſprechen: Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤſſern Werken erleſen, Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachteſt. Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals, Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der Zukunft, Durch mein goͤttliches Anſchaun vorzuͤglich bezeichnet, er- blickten. Dir nur iſt es bekannt, mit was fuͤr Einmuth wir damals, Du, mein Vater, und ich, und der Geift die Erloͤſung be- ſchloſſen. Jn der Stille der Ewigkeit, einſam und ohne Geſchoͤpfe, Waren wir beyſammen. Voll unſrer goͤttlichen Liebe, Sahen wir auf Menſchen, die noch nicht waren, herunter. Ach das arme Geſchlecht! Ach unſre Geſchoͤpfe, wie elend Waren ſie, ſonſt unſterblich, nun Staub, von der Suͤnde verſtellet! Vater, ich ſah ihr Elend, du meine Thraͤnen. Da ſprachſt du: Laßt
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="7"> <pb facs="#f0012" n="8"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw><lb/> <l>Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen be-<lb/><hi rendition="#et">ſchloßen.</hi></l><lb/> <l>Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung,</l><lb/> <l>Gleich als waͤren ſie ſchon neu erſchaffen, und bluͤhend,<lb/><hi rendition="#et">wie Eden.</hi></l><lb/> <l>JEſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den<lb/><hi rendition="#et">Jnhalt,</hi></l><lb/> <l>Unbegrenzt; dieß nur vermag die Stimme des Menſchen<lb/><hi rendition="#et">zu ſprechen:</hi></l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen<lb/><hi rendition="#et">Bundes</hi></l><lb/> <l>Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤſſern Werken erleſen,</l><lb/> <l>Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals<lb/><hi rendition="#et">vollbrachteſt.</hi></l><lb/> <l>Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals,</l><lb/> <l>Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der<lb/><hi rendition="#et">Zukunft,</hi></l><lb/> <l>Durch mein goͤttliches Anſchaun vorzuͤglich bezeichnet, er-<lb/><hi rendition="#et">blickten.</hi></l><lb/> <l>Dir nur iſt es bekannt, mit was fuͤr Einmuth wir damals,</l><lb/> <l>Du, mein Vater, und ich, und der Geift die Erloͤſung be-<lb/><hi rendition="#et">ſchloſſen.</hi></l><lb/> <l>Jn der Stille der Ewigkeit, einſam und ohne Geſchoͤpfe,</l><lb/> <l>Waren wir beyſammen. Voll unſrer goͤttlichen Liebe,</l><lb/> <l>Sahen wir auf Menſchen, die noch nicht waren, herunter.</l><lb/> <l>Ach das arme Geſchlecht! Ach unſre Geſchoͤpfe, wie elend</l><lb/> <l>Waren ſie, ſonſt unſterblich, nun Staub, von der Suͤnde<lb/><hi rendition="#et">verſtellet!</hi></l><lb/> <l>Vater, ich ſah ihr Elend, du meine Thraͤnen. Da ſprachſt<lb/><hi rendition="#et">du:</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Laßt</fw><lb/></l> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [8/0012]
Der Meſſias.
Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen be-
ſchloßen.
Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung,
Gleich als waͤren ſie ſchon neu erſchaffen, und bluͤhend,
wie Eden.
JEſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den
Jnhalt,
Unbegrenzt; dieß nur vermag die Stimme des Menſchen
zu ſprechen:
Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen
Bundes
Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤſſern Werken erleſen,
Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals
vollbrachteſt.
Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals,
Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der
Zukunft,
Durch mein goͤttliches Anſchaun vorzuͤglich bezeichnet, er-
blickten.
Dir nur iſt es bekannt, mit was fuͤr Einmuth wir damals,
Du, mein Vater, und ich, und der Geift die Erloͤſung be-
ſchloſſen.
Jn der Stille der Ewigkeit, einſam und ohne Geſchoͤpfe,
Waren wir beyſammen. Voll unſrer goͤttlichen Liebe,
Sahen wir auf Menſchen, die noch nicht waren, herunter.
Ach das arme Geſchlecht! Ach unſre Geſchoͤpfe, wie elend
Waren ſie, ſonſt unſterblich, nun Staub, von der Suͤnde
verſtellet!
Vater, ich ſah ihr Elend, du meine Thraͤnen. Da ſprachſt
du:
Laßt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |