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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Zweyter Gesang.

Und Zufriedenheit über sich selbst, wenn er Sünder be-
strafet,

Zeige sie mir, Göttin, doch laß die mächtige Stimme
Rauschend, wie den Sturmwind, wie Gewitter GOttes,
ertönen.

Adramelech kam erst, ein Geist, boshafter als Satan
Und verdeckter. Noch brannte sein Herz von grimmigem
Zorne

Wider Satan, daß dieser zuerst den Abfall gewaget.
Denn er hatte schon lange bey sich den Abfall beschlossen.
Wenn er was that, so that ers nicht, Satans Reiche zu
schützen;

Seinentwegen that ers. Seit langen undenklichen Jah-
ren

Hatt er darauf schon gedacht, wie er sich zur Herrschaft
erhübe,

Wie er Satan von neuem mit GOtt zu kriegen bewegte,
Oder ihn in den unendlichen Raum auf ewig entfernte,
Oder zuletzt, wär alles umsonst, durch Waffen bezwänge.
Damals schon, als die gefallenen Engel vorm Donnerer
flohen,

Sann er darauf. Als alle zusammen die Hölle schon ein-
schloß,

Kam er zuletzt, und trug vor seinem kriegrischen Harnisch
Eine helleuchtende goldene Tafel, und rief durch den Ab-
grund:

Warum fliehen die Könige so? Jn hohem Triumphe
Soltet ihr, o Krieger, für unsre behauptete Freyheit
Jn die neue Behausung der Pracht und Unsterblichkeit
einziehn!
Denn

Zweyter Geſang.

Und Zufriedenheit uͤber ſich ſelbſt, wenn er Suͤnder be-
ſtrafet,

Zeige ſie mir, Goͤttin, doch laß die maͤchtige Stimme
Rauſchend, wie den Sturmwind, wie Gewitter GOttes,
ertoͤnen.

Adramelech kam erſt, ein Geiſt, boshafter als Satan
Und verdeckter. Noch brannte ſein Herz von grimmigem
Zorne

Wider Satan, daß dieſer zuerſt den Abfall gewaget.
Denn er hatte ſchon lange bey ſich den Abfall beſchloſſen.
Wenn er was that, ſo that ers nicht, Satans Reiche zu
ſchuͤtzen;

Seinentwegen that ers. Seit langen undenklichen Jah-
ren

Hatt er darauf ſchon gedacht, wie er ſich zur Herrſchaft
erhuͤbe,

Wie er Satan von neuem mit GOtt zu kriegen bewegte,
Oder ihn in den unendlichen Raum auf ewig entfernte,
Oder zuletzt, waͤr alles umſonſt, durch Waffen bezwaͤnge.
Damals ſchon, als die gefallenen Engel vorm Donnerer
flohen,

Sann er darauf. Als alle zuſammen die Hoͤlle ſchon ein-
ſchloß,

Kam er zuletzt, und trug vor ſeinem kriegriſchen Harniſch
Eine helleuchtende goldene Tafel, und rief durch den Ab-
grund:

Warum fliehen die Koͤnige ſo? Jn hohem Triumphe
Soltet ihr, o Krieger, fuͤr unſre behauptete Freyheit
Jn die neue Behauſung der Pracht und Unſterblichkeit
einziehn!
Denn
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[61/0065] Zweyter Geſang. Und Zufriedenheit uͤber ſich ſelbſt, wenn er Suͤnder be- ſtrafet, Zeige ſie mir, Goͤttin, doch laß die maͤchtige Stimme Rauſchend, wie den Sturmwind, wie Gewitter GOttes, ertoͤnen. Adramelech kam erſt, ein Geiſt, boshafter als Satan Und verdeckter. Noch brannte ſein Herz von grimmigem Zorne Wider Satan, daß dieſer zuerſt den Abfall gewaget. Denn er hatte ſchon lange bey ſich den Abfall beſchloſſen. Wenn er was that, ſo that ers nicht, Satans Reiche zu ſchuͤtzen; Seinentwegen that ers. Seit langen undenklichen Jah- ren Hatt er darauf ſchon gedacht, wie er ſich zur Herrſchaft erhuͤbe, Wie er Satan von neuem mit GOtt zu kriegen bewegte, Oder ihn in den unendlichen Raum auf ewig entfernte, Oder zuletzt, waͤr alles umſonſt, durch Waffen bezwaͤnge. Damals ſchon, als die gefallenen Engel vorm Donnerer flohen, Sann er darauf. Als alle zuſammen die Hoͤlle ſchon ein- ſchloß, Kam er zuletzt, und trug vor ſeinem kriegriſchen Harniſch Eine helleuchtende goldene Tafel, und rief durch den Ab- grund: Warum fliehen die Koͤnige ſo? Jn hohem Triumphe Soltet ihr, o Krieger, fuͤr unſre behauptete Freyheit Jn die neue Behauſung der Pracht und Unſterblichkeit einziehn! Denn

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/65>, abgerufen am 24.11.2024.