Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweyter Gesang.
GOtt Jehova, der Ewige, hörte die Stimme der
Lästrung.

Ruhig in sich selber, in seiner unendlichen Grösse,
Hört er sie, sagte zu sich: Jch werde seyn, der ich seyn
werde!

Aber, du Sclave des Elends, sollst sehn, wen du itzo ge-
schmäht hast!
Alsobald gieng das ernste Gericht vom Angesicht GOt-
tes.

Tief in der innersten Höllen erhebt sich ein feuriger Klum-
pen

Aus dem Flammenmeer, und geht in des Todesmeer un-
ter.

Der stürzt Adramelech ins Meer des Todes. Da wurden
Sieben Nächte, statt einer! Die Nächte lag er im Ab-
grund.

Lange darauf erbaut er der obersten Gottheit den Tem-
pel,

Wo er als ihr Priester die goldnen Tafeln des Schicksals
Ueber die hohen Altäre gestellt hat. Hier ehret die Hölle
Die dich, Jehova, verwarf, ein unendliches ewiges Un-
ding.

Selber Satan erscheinet hier oft, und fraget den Priester,
Wegen der Reis ins Unendliche, die er schon vielmal gewagt
hat,

Doch nicht so weit, als Adramelech aus Herrschsucht es
wünschte.

Jtzo kam Adramelech vom Tempel, und saß auf dem
Throne

Mit verborgenem Grimm, bey Satans linker Hand nieder.
Drauf
Zweyter Geſang.
GOtt Jehova, der Ewige, hoͤrte die Stimme der
Laͤſtrung.

Ruhig in ſich ſelber, in ſeiner unendlichen Groͤſſe,
Hoͤrt er ſie, ſagte zu ſich: Jch werde ſeyn, der ich ſeyn
werde!

Aber, du Sclave des Elends, ſollſt ſehn, wen du itzo ge-
ſchmaͤht haſt!
Alſobald gieng das ernſte Gericht vom Angeſicht GOt-
tes.

Tief in der innerſten Hoͤllen erhebt ſich ein feuriger Klum-
pen

Aus dem Flammenmeer, und geht in des Todesmeer un-
ter.

Der ſtuͤrzt Adramelech ins Meer des Todes. Da wurden
Sieben Naͤchte, ſtatt einer! Die Naͤchte lag er im Ab-
grund.

Lange darauf erbaut er der oberſten Gottheit den Tem-
pel,

Wo er als ihr Prieſter die goldnen Tafeln des Schickſals
Ueber die hohen Altaͤre geſtellt hat. Hier ehret die Hoͤlle
Die dich, Jehova, verwarf, ein unendliches ewiges Un-
ding.

Selber Satan erſcheinet hier oft, und fraget den Prieſter,
Wegen der Reiſ ins Unendliche, die er ſchon vielmal gewagt
hat,

Doch nicht ſo weit, als Adramelech aus Herrſchſucht es
wuͤnſchte.

Jtzo kam Adramelech vom Tempel, und ſaß auf dem
Throne

Mit verborgenem Grimm, bey Satans linker Hand nieder.
Drauf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0067" n="63"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
        <lg n="17">
          <l>GOtt Jehova, der Ewige, ho&#x0364;rte die Stimme der<lb/><hi rendition="#et">La&#x0364;&#x017F;trung.</hi></l><lb/>
          <l>Ruhig in &#x017F;ich &#x017F;elber, in &#x017F;einer unendlichen Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
          <l>Ho&#x0364;rt er &#x017F;ie, &#x017F;agte zu &#x017F;ich: Jch werde &#x017F;eyn, der ich &#x017F;eyn<lb/><hi rendition="#et">werde!</hi></l><lb/>
          <l>Aber, du Sclave des Elends, &#x017F;oll&#x017F;t &#x017F;ehn, wen du itzo ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chma&#x0364;ht ha&#x017F;t!</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg n="18">
          <l>Al&#x017F;obald gieng das ern&#x017F;te Gericht vom Ange&#x017F;icht GOt-<lb/><hi rendition="#et">tes.</hi></l><lb/>
          <l>Tief in der inner&#x017F;ten Ho&#x0364;llen erhebt &#x017F;ich ein feuriger Klum-<lb/><hi rendition="#et">pen</hi></l><lb/>
          <l>Aus dem Flammenmeer, und geht in des Todesmeer un-<lb/><hi rendition="#et">ter.</hi></l><lb/>
          <l>Der &#x017F;tu&#x0364;rzt Adramelech ins Meer des Todes. Da wurden</l><lb/>
          <l>Sieben Na&#x0364;chte, &#x017F;tatt einer! Die Na&#x0364;chte lag er im Ab-<lb/><hi rendition="#et">grund.</hi></l><lb/>
          <l>Lange darauf erbaut er der ober&#x017F;ten Gottheit den Tem-<lb/><hi rendition="#et">pel,</hi></l><lb/>
          <l>Wo er als ihr Prie&#x017F;ter die goldnen Tafeln des Schick&#x017F;als</l><lb/>
          <l>Ueber die hohen Alta&#x0364;re ge&#x017F;tellt hat. Hier ehret die Ho&#x0364;lle</l><lb/>
          <l>Die dich, Jehova, verwarf, ein unendliches ewiges Un-<lb/><hi rendition="#et">ding.</hi></l><lb/>
          <l>Selber Satan er&#x017F;cheinet hier oft, und fraget den Prie&#x017F;ter,</l><lb/>
          <l>Wegen der Rei&#x017F; ins Unendliche, die er &#x017F;chon vielmal gewagt<lb/><hi rendition="#et">hat,</hi></l><lb/>
          <l>Doch nicht &#x017F;o weit, als Adramelech aus Herr&#x017F;ch&#x017F;ucht es<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;n&#x017F;chte.</hi></l><lb/>
          <l>Jtzo kam Adramelech vom Tempel, und &#x017F;aß auf dem<lb/><hi rendition="#et">Throne</hi></l><lb/>
          <l>Mit verborgenem Grimm, bey Satans linker Hand nieder.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Drauf</fw><lb/></l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0067] Zweyter Geſang. GOtt Jehova, der Ewige, hoͤrte die Stimme der Laͤſtrung. Ruhig in ſich ſelber, in ſeiner unendlichen Groͤſſe, Hoͤrt er ſie, ſagte zu ſich: Jch werde ſeyn, der ich ſeyn werde! Aber, du Sclave des Elends, ſollſt ſehn, wen du itzo ge- ſchmaͤht haſt! Alſobald gieng das ernſte Gericht vom Angeſicht GOt- tes. Tief in der innerſten Hoͤllen erhebt ſich ein feuriger Klum- pen Aus dem Flammenmeer, und geht in des Todesmeer un- ter. Der ſtuͤrzt Adramelech ins Meer des Todes. Da wurden Sieben Naͤchte, ſtatt einer! Die Naͤchte lag er im Ab- grund. Lange darauf erbaut er der oberſten Gottheit den Tem- pel, Wo er als ihr Prieſter die goldnen Tafeln des Schickſals Ueber die hohen Altaͤre geſtellt hat. Hier ehret die Hoͤlle Die dich, Jehova, verwarf, ein unendliches ewiges Un- ding. Selber Satan erſcheinet hier oft, und fraget den Prieſter, Wegen der Reiſ ins Unendliche, die er ſchon vielmal gewagt hat, Doch nicht ſo weit, als Adramelech aus Herrſchſucht es wuͤnſchte. Jtzo kam Adramelech vom Tempel, und ſaß auf dem Throne Mit verborgenem Grimm, bey Satans linker Hand nieder. Drauf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/67
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/67>, abgerufen am 24.11.2024.