Trieb ihn zu Unternehmungen an, sich furchtbar zu ma- chen. Doch, ihr Götter, im einsamen Wald, am öden Gestade, Wo er oft war, da hat er vielleicht auf Dinge geson- nen, Die, aus schrecklicher Ferne, der Hölle den Untergang drohen, Und die von uns verneuerten Muth und Wachsamkeit fordern? Seht, dies glaubt ich vielleicht, hätt er sich mit tiefen Gedanken Mehr beschäftigt, als mit der Betrachtung der Blumen und Felder Und der Kinder um ihn, und mit dem sclavischen Lobe Des, der ihn mit den Würmern aus niedrigem Staube gemacht hat. Ja, ich wäre vor Ruh und langer Musse vergangen, Hätte mir nicht der Menschen Geschlecht stets Seelen geopfert, Die ich, vorm Himmel vorüber, hieher zur Bevölkerung sandte. Endlich schien es, als wollt er auch einmal bemerkens- werth werden. GOttes Herrlichkeit kam, als er einst am Jordan her- umgieng, Prächtig vom Himmel. Sie hab ich mit diesen unsterb- lichen Augen Selbst am Jordan gesehn; kein Bild, kein himmlisches Blendwerck Hat mich getäuscht; sie wars, wie sie vom Throne des Himmels
Durch
Der Meſſias.
Trieb ihn zu Unternehmungen an, ſich furchtbar zu ma- chen. Doch, ihr Goͤtter, im einſamen Wald, am oͤden Geſtade, Wo er oft war, da hat er vielleicht auf Dinge geſon- nen, Die, aus ſchrecklicher Ferne, der Hoͤlle den Untergang drohen, Und die von uns verneuerten Muth und Wachſamkeit fordern? Seht, dies glaubt ich vielleicht, haͤtt er ſich mit tiefen Gedanken Mehr beſchaͤftigt, als mit der Betrachtung der Blumen und Felder Und der Kinder um ihn, und mit dem ſclaviſchen Lobe Des, der ihn mit den Wuͤrmern aus niedrigem Staube gemacht hat. Ja, ich waͤre vor Ruh und langer Muſſe vergangen, Haͤtte mir nicht der Menſchen Geſchlecht ſtets Seelen geopfert, Die ich, vorm Himmel voruͤber, hieher zur Bevoͤlkerung ſandte. Endlich ſchien es, als wollt er auch einmal bemerkens- werth werden. GOttes Herrlichkeit kam, als er einſt am Jordan her- umgieng, Praͤchtig vom Himmel. Sie hab ich mit dieſen unſterb- lichen Augen Selbſt am Jordan geſehn; kein Bild, kein himmliſches Blendwerck Hat mich getaͤuſcht; ſie wars, wie ſie vom Throne des Himmels
Durch
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Der Meſſias.
Trieb ihn zu Unternehmungen an, ſich furchtbar zu ma-
chen.
Doch, ihr Goͤtter, im einſamen Wald, am oͤden Geſtade,
Wo er oft war, da hat er vielleicht auf Dinge geſon-
nen,
Die, aus ſchrecklicher Ferne, der Hoͤlle den Untergang
drohen,
Und die von uns verneuerten Muth und Wachſamkeit
fordern?
Seht, dies glaubt ich vielleicht, haͤtt er ſich mit tiefen
Gedanken
Mehr beſchaͤftigt, als mit der Betrachtung der Blumen
und Felder
Und der Kinder um ihn, und mit dem ſclaviſchen Lobe
Des, der ihn mit den Wuͤrmern aus niedrigem Staube
gemacht hat.
Ja, ich waͤre vor Ruh und langer Muſſe vergangen,
Haͤtte mir nicht der Menſchen Geſchlecht ſtets Seelen
geopfert,
Die ich, vorm Himmel voruͤber, hieher zur Bevoͤlkerung
ſandte.
Endlich ſchien es, als wollt er auch einmal bemerkens-
werth werden.
GOttes Herrlichkeit kam, als er einſt am Jordan her-
umgieng,
Praͤchtig vom Himmel. Sie hab ich mit dieſen unſterb-
lichen Augen
Selbſt am Jordan geſehn; kein Bild, kein himmliſches
Blendwerck
Hat mich getaͤuſcht; ſie wars, wie ſie vom Throne des
Himmels
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Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]
Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ erschienen zunächst in den ‚Neuen Beiträgen zum Vergnügen des Verstandes und des Witzes‘ (Bremen und Leipzig). Im Deutschen Textarchiv finden Sie mit dem 1749 in Halle erschienenen Druck die erste selbstständige Publikation des ersten bis dritten Gesangs. Ab 1751 erschienen diese und die weiteren Gesänge in vier Bänden, die Sie ebenfalls im DTA finden.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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