[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Rheinwein, von ihnen hast du die edelste, Und bist es würdig, daß du des Deutschen Geist Nachahmst! bist glühend, nicht aufflammend, Taumellos, stark, und von leichtem Schaum leer. Du duftest Balsam, wie mit der Abendluft Der Würze Blume von dem Gestade dampft, Daß selbst der Krämer die Gerüche Athmender trinkt, und nur gleitend fortschift. Freund! laß die Laub' uns schliessen; der Lebensduft Verströmet sonst, und etwa ein kluger Mann Möcht' uns besuchen, breit sich setzen, Und von der Weisheit wohl gar mit sprechen. Nun sind wir sicher. Engere Wissenschaft, Den hellen Einfall, lehr uns des Alten Geist! Die Sorgen soll er nicht vertreiben! Hast du geweinte, geliebte Sorgen, Laß mich mit dir sie sorgen. Ich weine mit, Wenn dir ein Freund starb. Nenn ihn. So starb er mir! Das sprach er noch! Nun kam das letzte, Letzte Verstummen! nun lag er todt da! Von allem Kummer, welcher des Sterblichen Kurzsichtig Leben nervenlos niederwirft, Wärst du, des Freundes Tod! der trübste; Wär sie nicht auch die Geliebte sterblich! Doch
Rheinwein, von ihnen haſt du die edelſte, Und biſt es wuͤrdig, daß du des Deutſchen Geiſt Nachahmſt! biſt gluͤhend, nicht aufflammend, Taumellos, ſtark, und von leichtem Schaum leer. Du dufteſt Balſam, wie mit der Abendluft Der Wuͤrze Blume von dem Geſtade dampft, Daß ſelbſt der Kraͤmer die Geruͤche Athmender trinkt, und nur gleitend fortſchift. Freund! laß die Laub’ uns ſchlieſſen; der Lebensduft Verſtroͤmet ſonſt, und etwa ein kluger Mann Moͤcht’ uns beſuchen, breit ſich ſetzen, Und von der Weisheit wohl gar mit ſprechen. Nun ſind wir ſicher. Engere Wiſſenſchaft, Den hellen Einfall, lehr uns des Alten Geiſt! Die Sorgen ſoll er nicht vertreiben! Haſt du geweinte, geliebte Sorgen, Laß mich mit dir ſie ſorgen. Ich weine mit, Wenn dir ein Freund ſtarb. Nenn ihn. So ſtarb er mir! Das ſprach er noch! Nun kam das letzte, Letzte Verſtummen! nun lag er todt da! Von allem Kummer, welcher des Sterblichen Kurzſichtig Leben nervenlos niederwirft, Waͤrſt du, des Freundes Tod! der truͤbſte; Waͤr ſie nicht auch die Geliebte ſterblich! Doch
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Rheinwein, von ihnen haſt du die edelſte,
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Nachahmſt! biſt gluͤhend, nicht aufflammend,
Taumellos, ſtark, und von leichtem Schaum leer.
Du dufteſt Balſam, wie mit der Abendluft
Der Wuͤrze Blume von dem Geſtade dampft,
Daß ſelbſt der Kraͤmer die Geruͤche
Athmender trinkt, und nur gleitend fortſchift.
Freund! laß die Laub’ uns ſchlieſſen; der Lebensduft
Verſtroͤmet ſonſt, und etwa ein kluger Mann
Moͤcht’ uns beſuchen, breit ſich ſetzen,
Und von der Weisheit wohl gar mit ſprechen.
Nun ſind wir ſicher. Engere Wiſſenſchaft,
Den hellen Einfall, lehr uns des Alten Geiſt!
Die Sorgen ſoll er nicht vertreiben!
Haſt du geweinte, geliebte Sorgen,
Laß mich mit dir ſie ſorgen. Ich weine mit,
Wenn dir ein Freund ſtarb. Nenn ihn. So ſtarb er mir!
Das ſprach er noch! Nun kam das letzte,
Letzte Verſtummen! nun lag er todt da!
Von allem Kummer, welcher des Sterblichen
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