digung des Urheberrechtes überein, indem sie beide dasselbe als einen Schutz der vermögensrechtlichen Interessen des Au- tors auffassen. Anders verhält es sich mit einer dritten neueren Theorie, welche das geistige Eigenthum aus dem Rechte der Persönlichkeit ableitet, und seine Verletzung als eine Art der iniuria des römischen Rechtes charakterisirt 1).
Man kann zugeben, dass in manchen Fällen der unbefugte Nachdruck eine Verletzung der Persönlichkeit des Autors ein- schliessen, folglich als iniuria im weiteren Sinne aufgefasst werden kann. Dies wird insbesondere bei fehlerhaften und verstümmelten Nachdrücken der Fall sein; wie denn auch Lu- ther in der oben (S. 116) angeführten Vermahnung an die Drucker klagt: "Nu were der schaden dennoch zu leyden, wenn sie doch meyne bücher nicht so falsch und schendlich zurichten." Ebenso kann die vorzeitige Veröffentlichung eines Geisteswerkes, welches der Autor nicht in dieser Gestalt herauszugeben be- absichtigte, ebensowohl die Ehre des Verfassers kränken, als sein Vermögensinteresse beschädigen. Wenn also Wächter 2) behauptet, dass durch den reinen Nachdruck die Ehre des Autors nicht verletzt werden könne, es müsste denn sein Werk Schändlichkeiten enthalten, so trifft dies keinesweges zu. Da- gegen muss man der Behauptung Ritters 3) beitreten, dass jede Beeinträchtigung dieser Art das geistige Eigenthum gar nicht berührt, folglich nicht als eine Verletzung desselben angesehen werden kann. Denn eine Kränkung dieser Art ist ganz unab- hängig von den Voraussetzungen des geistigen Eigenthumes. Der Verfasser kann den Schutz der verletzten Persönlichkeit in jedem Falle anrufen, auch wenn er das Recht der ausschliessli- chen Vervielfältigung gar nicht erworben, oder bereits wieder veräussert hat. Die iniuriarum actio wird daher in den ange- führten Fällen stets dem Verfasser und niemals dem Verleger oder einem andern Singularsuccessor zustehen und zu ihrer
1) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be- trachtet S. 44 ff. Heffter, Lehrbuch des gemeinen deutschen Straf- rechtes. Fünfte Aufl. Braunschw. 1854 §. 398 Note 1. -- Bluntschli, Deutches Privatrecht Bd. I S. 191.
2) Das Verlagsrecht Th. I S. 92 Note 8.
3) Ueber den Nachdruck nach Preussischem Rechte. Berlin 1845 S. 87.
Recht der Persönlichkeit.
digung des Urheberrechtes überein, indem sie beide dasselbe als einen Schutz der vermögensrechtlichen Interessen des Au- tors auffassen. Anders verhält es sich mit einer dritten neueren Theorie, welche das geistige Eigenthum aus dem Rechte der Persönlichkeit ableitet, und seine Verletzung als eine Art der iniuria des römischen Rechtes charakterisirt 1).
Man kann zugeben, dass in manchen Fällen der unbefugte Nachdruck eine Verletzung der Persönlichkeit des Autors ein- schliessen, folglich als iniuria im weiteren Sinne aufgefasst werden kann. Dies wird insbesondere bei fehlerhaften und verstümmelten Nachdrücken der Fall sein; wie denn auch Lu- ther in der oben (S. 116) angeführten Vermahnung an die Drucker klagt: »Nu were der schaden dennoch zu leyden, wenn sie doch meyne bücher nicht so falsch und schendlich zurichten.« Ebenso kann die vorzeitige Veröffentlichung eines Geisteswerkes, welches der Autor nicht in dieser Gestalt herauszugeben be- absichtigte, ebensowohl die Ehre des Verfassers kränken, als sein Vermögensinteresse beschädigen. Wenn also Wächter 2) behauptet, dass durch den reinen Nachdruck die Ehre des Autors nicht verletzt werden könne, es müsste denn sein Werk Schändlichkeiten enthalten, so trifft dies keinesweges zu. Da- gegen muss man der Behauptung Ritters 3) beitreten, dass jede Beeinträchtigung dieser Art das geistige Eigenthum gar nicht berührt, folglich nicht als eine Verletzung desselben angesehen werden kann. Denn eine Kränkung dieser Art ist ganz unab- hängig von den Voraussetzungen des geistigen Eigenthumes. Der Verfasser kann den Schutz der verletzten Persönlichkeit in jedem Falle anrufen, auch wenn er das Recht der ausschliessli- chen Vervielfältigung gar nicht erworben, oder bereits wieder veräussert hat. Die iniuriarum actio wird daher in den ange- führten Fällen stets dem Verfasser und niemals dem Verleger oder einem andern Singularsuccessor zustehen und zu ihrer
1) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be- trachtet S. 44 ff. Heffter, Lehrbuch des gemeinen deutschen Straf- rechtes. Fünfte Aufl. Braunschw. 1854 §. 398 Note 1. — Bluntschli, Deutches Privatrecht Bd. I S. 191.
2) Das Verlagsrecht Th. I S. 92 Note 8.
3) Ueber den Nachdruck nach Preussischem Rechte. Berlin 1845 S. 87.
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Recht der Persönlichkeit.
digung des Urheberrechtes überein, indem sie beide dasselbe
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tors auffassen. Anders verhält es sich mit einer dritten neueren
Theorie, welche das geistige Eigenthum aus dem Rechte der
Persönlichkeit ableitet, und seine Verletzung als eine Art der
iniuria des römischen Rechtes charakterisirt 1).
Man kann zugeben, dass in manchen Fällen der unbefugte
Nachdruck eine Verletzung der Persönlichkeit des Autors ein-
schliessen, folglich als iniuria im weiteren Sinne aufgefasst
werden kann. Dies wird insbesondere bei fehlerhaften und
verstümmelten Nachdrücken der Fall sein; wie denn auch Lu-
ther in der oben (S. 116) angeführten Vermahnung an die Drucker
klagt: »Nu were der schaden dennoch zu leyden, wenn sie doch
meyne bücher nicht so falsch und schendlich zurichten.« Ebenso
kann die vorzeitige Veröffentlichung eines Geisteswerkes,
welches der Autor nicht in dieser Gestalt herauszugeben be-
absichtigte, ebensowohl die Ehre des Verfassers kränken, als
sein Vermögensinteresse beschädigen. Wenn also Wächter 2)
behauptet, dass durch den reinen Nachdruck die Ehre des
Autors nicht verletzt werden könne, es müsste denn sein Werk
Schändlichkeiten enthalten, so trifft dies keinesweges zu. Da-
gegen muss man der Behauptung Ritters 3) beitreten, dass jede
Beeinträchtigung dieser Art das geistige Eigenthum gar nicht
berührt, folglich nicht als eine Verletzung desselben angesehen
werden kann. Denn eine Kränkung dieser Art ist ganz unab-
hängig von den Voraussetzungen des geistigen Eigenthumes.
Der Verfasser kann den Schutz der verletzten Persönlichkeit in
jedem Falle anrufen, auch wenn er das Recht der ausschliessli-
chen Vervielfältigung gar nicht erworben, oder bereits wieder
veräussert hat. Die iniuriarum actio wird daher in den ange-
führten Fällen stets dem Verfasser und niemals dem Verleger
oder einem andern Singularsuccessor zustehen und zu ihrer
1) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be-
trachtet S. 44 ff. Heffter, Lehrbuch des gemeinen deutschen Straf-
rechtes. Fünfte Aufl. Braunschw. 1854 §. 398 Note 1. — Bluntschli,
Deutches Privatrecht Bd. I S. 191.
2) Das Verlagsrecht Th. I S. 92 Note 8.
3) Ueber den Nachdruck nach Preussischem Rechte. Berlin 1845
S. 87.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/141>, abgerufen am 16.02.2025.
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