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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Verpflichtung zur Veröffentlichung. -- Bestellung.
Verlagsvertrag vollständig aus. Der Buchhändler, welcher eine
Karte des neuesten Kriegsschauplatzes für seine Rechnung ste-
chen lässt, tritt durch die Herausgabe desselben keinesweges in ein
neues Rechtsverhältniss zu dem Urheber, welcher sein geistiges
Eigenthum durch die Ausführung der Bestellung bedingungslos
auf ihn übertragen hat. Er übt durch die Veröffentlichung
nur das früher erworbene geistige Eigenthum unmittelbar aus.

Gleichwohl darf nicht jede Bestellung eines Verlegers als
ein Dienstvertrag zwischen ihm und dem Autor qualifizirt wer-
den. Wenn Lamartine sich aus Anlass einer der öfter wieder-
kehrenden pecuniären Bedrängnisse contractlich seinem Verle-
ger gegenüber verpflichtete, jährlich vier Bände gegen ein festes
Honorar von 100000 Francs zu liefern, so wird niemand an-
nehmen, dass ein solcher Vertrag als eine Dienstmiethe zu be-
trachten sei, und dass durch die Erfüllung desselben der Ver-
leger das bedingungslose geistige Eigenthum der gelieferten
Schriften erworben habe, so dass er etwa sich der Herausgabe
derselben beliebig hätte entziehen können. Einer solchen An-
nahme würde schon die Regel entgegenstehen, dass die Dienst-
miethe nur auf Mietharbeiten (operae locare solitae) 1) An-
wendung findet, nicht auf die freie geistige Production des
Schriftstellers oder des Künstlers.

Die Bestellung des Verlegers hat also in allen Fällen, wo
nicht der Gegenstand derselben eine lediglich gedungene Arbeit
betrifft, nur die Bedeutung eines pactum de contrahendo, d. h.
eines Vertrages, durch welchen der Buchhändler sich zum vor-
aus die Erwerbung des Verlagsrechtes für das von dem Autor
produzirte Werk sichert. Die Erfüllung dieses Vertrages erfolgt
nicht durch die einfache Lieferung der bestellten Arbeit und
durch die bedingungslose Uebertragung des geistigen Eigen-
thumes, sondern durch den Abschluss des Verlagsvertrages
über das fertige Werk, durch welchen dann der Verleger auch
die Verpflichtung zur Veröffentlichung übernimmt.

Die Bestellung eines Werkes durch den Verleger ist also
entweder als eine blosse Dienstmiethe, oder als ein pactum de
contrahendo in Bezug auf den künftigen Verlagsvertrag aufzu-
fassen (für Letzteres streitet die Vermuthung), niemals als ein
Rechtsgeschäft, welches den eigentlichen Verlagsvertrag in so-

1) L. 5 §. 2. Dig. de praescr. verb. (19. 5).

Verpflichtung zur Veröffentlichung. — Bestellung.
Verlagsvertrag vollständig aus. Der Buchhändler, welcher eine
Karte des neuesten Kriegsschauplatzes für seine Rechnung ste-
chen lässt, tritt durch die Herausgabe desselben keinesweges in ein
neues Rechtsverhältniss zu dem Urheber, welcher sein geistiges
Eigenthum durch die Ausführung der Bestellung bedingungslos
auf ihn übertragen hat. Er übt durch die Veröffentlichung
nur das früher erworbene geistige Eigenthum unmittelbar aus.

Gleichwohl darf nicht jede Bestellung eines Verlegers als
ein Dienstvertrag zwischen ihm und dem Autor qualifizirt wer-
den. Wenn Lamartine sich aus Anlass einer der öfter wieder-
kehrenden pecuniären Bedrängnisse contractlich seinem Verle-
ger gegenüber verpflichtete, jährlich vier Bände gegen ein festes
Honorar von 100000 Francs zu liefern, so wird niemand an-
nehmen, dass ein solcher Vertrag als eine Dienstmiethe zu be-
trachten sei, und dass durch die Erfüllung desselben der Ver-
leger das bedingungslose geistige Eigenthum der gelieferten
Schriften erworben habe, so dass er etwa sich der Herausgabe
derselben beliebig hätte entziehen können. Einer solchen An-
nahme würde schon die Regel entgegenstehen, dass die Dienst-
miethe nur auf Mietharbeiten (operae locare solitae) 1) An-
wendung findet, nicht auf die freie geistige Production des
Schriftstellers oder des Künstlers.

Die Bestellung des Verlegers hat also in allen Fällen, wo
nicht der Gegenstand derselben eine lediglich gedungene Arbeit
betrifft, nur die Bedeutung eines pactum de contrahendo, d. h.
eines Vertrages, durch welchen der Buchhändler sich zum vor-
aus die Erwerbung des Verlagsrechtes für das von dem Autor
produzirte Werk sichert. Die Erfüllung dieses Vertrages erfolgt
nicht durch die einfache Lieferung der bestellten Arbeit und
durch die bedingungslose Uebertragung des geistigen Eigen-
thumes, sondern durch den Abschluss des Verlagsvertrages
über das fertige Werk, durch welchen dann der Verleger auch
die Verpflichtung zur Veröffentlichung übernimmt.

Die Bestellung eines Werkes durch den Verleger ist also
entweder als eine blosse Dienstmiethe, oder als ein pactum de
contrahendo in Bezug auf den künftigen Verlagsvertrag aufzu-
fassen (für Letzteres streitet die Vermuthung), niemals als ein
Rechtsgeschäft, welches den eigentlichen Verlagsvertrag in so-

1) L. 5 §. 2. Dig. de praescr. verb. (19. 5).
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[297/0313] Verpflichtung zur Veröffentlichung. — Bestellung. Verlagsvertrag vollständig aus. Der Buchhändler, welcher eine Karte des neuesten Kriegsschauplatzes für seine Rechnung ste- chen lässt, tritt durch die Herausgabe desselben keinesweges in ein neues Rechtsverhältniss zu dem Urheber, welcher sein geistiges Eigenthum durch die Ausführung der Bestellung bedingungslos auf ihn übertragen hat. Er übt durch die Veröffentlichung nur das früher erworbene geistige Eigenthum unmittelbar aus. Gleichwohl darf nicht jede Bestellung eines Verlegers als ein Dienstvertrag zwischen ihm und dem Autor qualifizirt wer- den. Wenn Lamartine sich aus Anlass einer der öfter wieder- kehrenden pecuniären Bedrängnisse contractlich seinem Verle- ger gegenüber verpflichtete, jährlich vier Bände gegen ein festes Honorar von 100000 Francs zu liefern, so wird niemand an- nehmen, dass ein solcher Vertrag als eine Dienstmiethe zu be- trachten sei, und dass durch die Erfüllung desselben der Ver- leger das bedingungslose geistige Eigenthum der gelieferten Schriften erworben habe, so dass er etwa sich der Herausgabe derselben beliebig hätte entziehen können. Einer solchen An- nahme würde schon die Regel entgegenstehen, dass die Dienst- miethe nur auf Mietharbeiten (operae locare solitae) 1) An- wendung findet, nicht auf die freie geistige Production des Schriftstellers oder des Künstlers. Die Bestellung des Verlegers hat also in allen Fällen, wo nicht der Gegenstand derselben eine lediglich gedungene Arbeit betrifft, nur die Bedeutung eines pactum de contrahendo, d. h. eines Vertrages, durch welchen der Buchhändler sich zum vor- aus die Erwerbung des Verlagsrechtes für das von dem Autor produzirte Werk sichert. Die Erfüllung dieses Vertrages erfolgt nicht durch die einfache Lieferung der bestellten Arbeit und durch die bedingungslose Uebertragung des geistigen Eigen- thumes, sondern durch den Abschluss des Verlagsvertrages über das fertige Werk, durch welchen dann der Verleger auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung übernimmt. Die Bestellung eines Werkes durch den Verleger ist also entweder als eine blosse Dienstmiethe, oder als ein pactum de contrahendo in Bezug auf den künftigen Verlagsvertrag aufzu- fassen (für Letzteres streitet die Vermuthung), niemals als ein Rechtsgeschäft, welches den eigentlichen Verlagsvertrag in so- 1) L. 5 §. 2. Dig. de praescr. verb. (19. 5).

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/313>, abgerufen am 24.11.2024.