Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Veränderung des Inhaltes.
Der Verleger ist ohne Erlaubniss des Verfassers niemals be-
fugt, willkürliche Veränderungen des Inhaltes vorzunehmen,
die Berichtigung von blossen Druckfehlern der ersten Ausgabe
allein ausgenommen. Es ist ihm ebensowohl untersagt, Ab-
kürzungen und Weglassungen vorzunehmen, als Zusätze zu dem
ursprünglichen Texte zu machen 1).

Ebensowenig als der Verleger eine willkürlich veränderte
Ausgabe ohne Genehmigung des Autors veranstalten darf, ist
der Autor befugt, eine veränderte Ausgabe im eigenen oder in
fremdem Verlage erscheinen zu lassen, so lange das Verlags-
recht an der ersten Ausgabe dauert. Diese Regel erlitt nach
den Vorschriften des Allg. Preuss. Landrechts Th. I Tit. 11
§§. 1018. 1019 2) und des Oesterreich. Bürgerl. Gesetzbuches
§§. 1167. 1168 eine Ausnahme, insofern dem Autor bei unbe-
stimmter Uebertragung des Verlagsrechtes gestattet wurde,
eine neue Ausgabe mit verändertem Inhalte zu veranstalten,
sobald die bis dahin veranstalteten Auflagen der ersten Aus-
gabe vergriffen waren. Diese Ausnahme enthielt eine Milde-
rung des sehr misslichen Grundsatzes, dass die unbestimmte
Uebertragung des Verlagsrechtes sich auf alle Auflagen er-
strecke. Dem Autor wurde also Gelegenheit gegeben, durch
eine veränderte Ausgabe das unbestimmt veräusserte Verlags-
recht wieder an sich zu ziehen, wenn er dem Verleger den
noch vorhandenen Vorrath seiner Exemplare abkaufte3).

1) Urtheil des Pariser Handelsgerichts vom 22. August 1845. --
Devilleneuve et Carette, Recueil general XLV. 2. 549. -- Gutachten des
Literarischen Sachverständigenvereins v. 25. Januar 1856 bei Heyde-
mann und Dambach, Die Preuss. Nachdruckgesetzgebung S. 27 f.
2) Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1018. Dagegen kann auch der
Schriftsteller keine neue Ausgabe veranstalten, so lange der erste Ver-
leger die von ihm nach §. 1013. 1014 rechtmässig veranstalteten Auf-
lagen noch nicht abgesetzt hat.
§. 1019. Können Verfasser und Buchhändler sich wegen der neuen
Ausgabe nicht vereinigen, so muss Ersterer, wenn er dieselbe in einem
andern Verlage herausgeben will, zuvörderst dem vorigen Verleger alle
noch vorräthigen Exemplare der ersten Ausgabe gegen baare Bezahlung
des Buchhändlerpreises abnehmen.
3) Es bedarf nicht der Erwähnung, dass unter der vom Schrift-
steller veranstalteten neuen Ausgabe nur eine Auflage mit verändertem
Inhalte, nicht in bloss verändertem Formate verstanden werden darf.
Als Curiosum ist die Auslegung zu erwähnen, welche die §§. 1011

Veränderung des Inhaltes.
Der Verleger ist ohne Erlaubniss des Verfassers niemals be-
fugt, willkürliche Veränderungen des Inhaltes vorzunehmen,
die Berichtigung von blossen Druckfehlern der ersten Ausgabe
allein ausgenommen. Es ist ihm ebensowohl untersagt, Ab-
kürzungen und Weglassungen vorzunehmen, als Zusätze zu dem
ursprünglichen Texte zu machen 1).

Ebensowenig als der Verleger eine willkürlich veränderte
Ausgabe ohne Genehmigung des Autors veranstalten darf, ist
der Autor befugt, eine veränderte Ausgabe im eigenen oder in
fremdem Verlage erscheinen zu lassen, so lange das Verlags-
recht an der ersten Ausgabe dauert. Diese Regel erlitt nach
den Vorschriften des Allg. Preuss. Landrechts Th. I Tit. 11
§§. 1018. 1019 2) und des Oesterreich. Bürgerl. Gesetzbuches
§§. 1167. 1168 eine Ausnahme, insofern dem Autor bei unbe-
stimmter Uebertragung des Verlagsrechtes gestattet wurde,
eine neue Ausgabe mit verändertem Inhalte zu veranstalten,
sobald die bis dahin veranstalteten Auflagen der ersten Aus-
gabe vergriffen waren. Diese Ausnahme enthielt eine Milde-
rung des sehr misslichen Grundsatzes, dass die unbestimmte
Uebertragung des Verlagsrechtes sich auf alle Auflagen er-
strecke. Dem Autor wurde also Gelegenheit gegeben, durch
eine veränderte Ausgabe das unbestimmt veräusserte Verlags-
recht wieder an sich zu ziehen, wenn er dem Verleger den
noch vorhandenen Vorrath seiner Exemplare abkaufte3).

1) Urtheil des Pariser Handelsgerichts vom 22. August 1845. —
Devilleneuve et Carette, Recueil général XLV. 2. 549. — Gutachten des
Literarischen Sachverständigenvereins v. 25. Januar 1856 bei Heyde-
mann und Dambach, Die Preuss. Nachdruckgesetzgebung S. 27 f.
2) Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1018. Dagegen kann auch der
Schriftsteller keine neue Ausgabe veranstalten, so lange der erste Ver-
leger die von ihm nach §. 1013. 1014 rechtmässig veranstalteten Auf-
lagen noch nicht abgesetzt hat.
§. 1019. Können Verfasser und Buchhändler sich wegen der neuen
Ausgabe nicht vereinigen, so muss Ersterer, wenn er dieselbe in einem
andern Verlage herausgeben will, zuvörderst dem vorigen Verleger alle
noch vorräthigen Exemplare der ersten Ausgabe gegen baare Bezahlung
des Buchhändlerpreises abnehmen.
3) Es bedarf nicht der Erwähnung, dass unter der vom Schrift-
steller veranstalteten neuen Ausgabe nur eine Auflage mit verändertem
Inhalte, nicht in bloss verändertem Formate verstanden werden darf.
Als Curiosum ist die Auslegung zu erwähnen, welche die §§. 1011
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0367" n="351"/><fw place="top" type="header">Veränderung des Inhaltes.</fw><lb/>
Der Verleger ist ohne Erlaubniss des Verfassers niemals be-<lb/>
fugt, willkürliche Veränderungen des Inhaltes vorzunehmen,<lb/>
die Berichtigung von blossen Druckfehlern der ersten Ausgabe<lb/>
allein ausgenommen. Es ist ihm ebensowohl untersagt, Ab-<lb/>
kürzungen und Weglassungen vorzunehmen, als Zusätze zu dem<lb/>
ursprünglichen Texte zu machen <note place="foot" n="1)">Urtheil des Pariser Handelsgerichts vom 22. August 1845. &#x2014;<lb/>
Devilleneuve et Carette, Recueil général XLV. 2. 549. &#x2014; Gutachten des<lb/>
Literarischen Sachverständigenvereins v. 25. Januar 1856 bei Heyde-<lb/>
mann und Dambach, Die Preuss. Nachdruckgesetzgebung S. 27 f.</note>.</p><lb/>
            <p>Ebensowenig als der Verleger eine willkürlich veränderte<lb/>
Ausgabe ohne Genehmigung des Autors veranstalten darf, ist<lb/>
der Autor befugt, eine veränderte Ausgabe im eigenen oder in<lb/>
fremdem Verlage erscheinen zu lassen, so lange das Verlags-<lb/>
recht an der ersten Ausgabe dauert. Diese Regel erlitt nach<lb/>
den Vorschriften des Allg. Preuss. Landrechts Th. I Tit. 11<lb/>
§§. 1018. 1019 <note place="foot" n="2)">Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1018. Dagegen kann auch der<lb/>
Schriftsteller keine neue Ausgabe veranstalten, so lange der erste Ver-<lb/>
leger die von ihm nach §. 1013. 1014 rechtmässig veranstalteten Auf-<lb/>
lagen noch nicht abgesetzt hat.<lb/>
§. 1019. Können Verfasser und Buchhändler sich wegen der neuen<lb/>
Ausgabe nicht vereinigen, so muss Ersterer, wenn er dieselbe in einem<lb/>
andern Verlage herausgeben will, zuvörderst dem vorigen Verleger alle<lb/>
noch vorräthigen Exemplare der ersten Ausgabe gegen baare Bezahlung<lb/>
des Buchhändlerpreises abnehmen.</note> und des Oesterreich. Bürgerl. Gesetzbuches<lb/>
§§. 1167. 1168 eine Ausnahme, insofern dem Autor bei unbe-<lb/>
stimmter Uebertragung des Verlagsrechtes gestattet wurde,<lb/>
eine neue Ausgabe mit verändertem Inhalte zu veranstalten,<lb/>
sobald die <hi rendition="#g">bis dahin</hi> veranstalteten Auflagen der ersten Aus-<lb/>
gabe vergriffen waren. Diese Ausnahme enthielt eine Milde-<lb/>
rung des sehr misslichen Grundsatzes, dass die unbestimmte<lb/>
Uebertragung des Verlagsrechtes sich auf alle Auflagen er-<lb/>
strecke. Dem Autor wurde also Gelegenheit gegeben, durch<lb/>
eine veränderte Ausgabe das unbestimmt veräusserte Verlags-<lb/>
recht wieder an sich zu ziehen, wenn er dem Verleger den<lb/>
noch vorhandenen Vorrath seiner Exemplare abkaufte<note xml:id="a351" next="#b351" place="foot" n="3)">Es bedarf nicht der Erwähnung, dass unter der vom Schrift-<lb/>
steller veranstalteten neuen Ausgabe nur eine Auflage mit verändertem<lb/>
Inhalte, nicht in bloss verändertem Formate verstanden werden darf.<lb/>
Als Curiosum ist die Auslegung zu erwähnen, welche die §§. 1011</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0367] Veränderung des Inhaltes. Der Verleger ist ohne Erlaubniss des Verfassers niemals be- fugt, willkürliche Veränderungen des Inhaltes vorzunehmen, die Berichtigung von blossen Druckfehlern der ersten Ausgabe allein ausgenommen. Es ist ihm ebensowohl untersagt, Ab- kürzungen und Weglassungen vorzunehmen, als Zusätze zu dem ursprünglichen Texte zu machen 1). Ebensowenig als der Verleger eine willkürlich veränderte Ausgabe ohne Genehmigung des Autors veranstalten darf, ist der Autor befugt, eine veränderte Ausgabe im eigenen oder in fremdem Verlage erscheinen zu lassen, so lange das Verlags- recht an der ersten Ausgabe dauert. Diese Regel erlitt nach den Vorschriften des Allg. Preuss. Landrechts Th. I Tit. 11 §§. 1018. 1019 2) und des Oesterreich. Bürgerl. Gesetzbuches §§. 1167. 1168 eine Ausnahme, insofern dem Autor bei unbe- stimmter Uebertragung des Verlagsrechtes gestattet wurde, eine neue Ausgabe mit verändertem Inhalte zu veranstalten, sobald die bis dahin veranstalteten Auflagen der ersten Aus- gabe vergriffen waren. Diese Ausnahme enthielt eine Milde- rung des sehr misslichen Grundsatzes, dass die unbestimmte Uebertragung des Verlagsrechtes sich auf alle Auflagen er- strecke. Dem Autor wurde also Gelegenheit gegeben, durch eine veränderte Ausgabe das unbestimmt veräusserte Verlags- recht wieder an sich zu ziehen, wenn er dem Verleger den noch vorhandenen Vorrath seiner Exemplare abkaufte 3). 1) Urtheil des Pariser Handelsgerichts vom 22. August 1845. — Devilleneuve et Carette, Recueil général XLV. 2. 549. — Gutachten des Literarischen Sachverständigenvereins v. 25. Januar 1856 bei Heyde- mann und Dambach, Die Preuss. Nachdruckgesetzgebung S. 27 f. 2) Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1018. Dagegen kann auch der Schriftsteller keine neue Ausgabe veranstalten, so lange der erste Ver- leger die von ihm nach §. 1013. 1014 rechtmässig veranstalteten Auf- lagen noch nicht abgesetzt hat. §. 1019. Können Verfasser und Buchhändler sich wegen der neuen Ausgabe nicht vereinigen, so muss Ersterer, wenn er dieselbe in einem andern Verlage herausgeben will, zuvörderst dem vorigen Verleger alle noch vorräthigen Exemplare der ersten Ausgabe gegen baare Bezahlung des Buchhändlerpreises abnehmen. 3) Es bedarf nicht der Erwähnung, dass unter der vom Schrift- steller veranstalteten neuen Ausgabe nur eine Auflage mit verändertem Inhalte, nicht in bloss verändertem Formate verstanden werden darf. Als Curiosum ist die Auslegung zu erwähnen, welche die §§. 1011

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/367
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/367>, abgerufen am 21.11.2024.