Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.Ursprung des Musterschutzes. internationalen Congressen von Brüssel (1858) und Antwerpen(1861) die weitere Ausdehnung der Schutzfristen für das ar- tistische Eigenthum verlangt. Der Schutz der Waarenmuster gegen unbefugte Die französischen Zünfte unterschieden sich von ihren noch 1) Voltaire, Siecle de Louis XIV ch. 30. Später noch kamen die
Königlichen Klafterräthe (conseillers du roi controleurs aux empilement de bois), die Butterkoster für frische und gesalzene Butter (controleurs visiteurs de beurre frais, essayeurs de beurre sale) auf. Damals konnte Pontchartrain in einem Berichte an Ludwig XIV. sagen: So oft Eure Majestät ein neues Amt erschafft, schafft Gott einen Narren, der es kauft. Ursprung des Musterschutzes. internationalen Congressen von Brüssel (1858) und Antwerpen(1861) die weitere Ausdehnung der Schutzfristen für das ar- tistische Eigenthum verlangt. Der Schutz der Waarenmuster gegen unbefugte Die französischen Zünfte unterschieden sich von ihren noch 1) Voltaire, Siècle de Louis XIV ch. 30. Später noch kamen die
Königlichen Klafterräthe (conseillers du roi contrôleurs aux empilement de bois), die Butterkoster für frische und gesalzene Butter (contrôleurs visiteurs de beurre frais, essayeurs de beurre salé) auf. Damals konnte Pontchartrain in einem Berichte an Ludwig XIV. sagen: So oft Eure Majestät ein neues Amt erschafft, schafft Gott einen Narren, der es kauft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0079" n="63"/><fw place="top" type="header">Ursprung des Musterschutzes.</fw><lb/> internationalen Congressen von Brüssel (1858) und Antwerpen<lb/> (1861) die weitere Ausdehnung der Schutzfristen für das ar-<lb/> tistische Eigenthum verlangt.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Schutz der Waarenmuster</hi> gegen unbefugte<lb/> Nachahmung ist von noch jüngerem Datum als das artistische<lb/> Eigenthum und verdankt seine Entstehung der Zertrümmerung<lb/> der französischen Zunftverfassung durch die Revolution und<lb/> ihre Vorläufer.</p><lb/> <p>Die französischen Zünfte unterschieden sich von ihren noch<lb/> nicht ganz ausgestorbenen deutschen Schwestern durch die all-<lb/> umfassende und bis ins Kleinste ausgebildete Bevormundung<lb/> des Staates. Sie repräsentirten nicht blos den Zwang des Her-<lb/> kommens und des erblichen Monopols, sondern zugleich alle<lb/> Plackereien der polizeilichen Ueberwachung und alle Drangsale<lb/> eines aussaugenden Finanzsystems. Die Zunftämter wurden<lb/> seit 1691 nicht mehr durch Wahl besetzt, sondern als erbliche<lb/> Ehrenstellen von dem Staate verkauft. Man schuf von 1691<lb/> bis 1709 mehr als 40000 solcher Aemter unter zum Theil<lb/> lächerlichen Namen. Die Einrichtung der Königlichen Wein-<lb/> mäklerräthe im Jahre 1707 brachte allein 180,000 Livres. <note place="foot" n="1)">Voltaire, Siècle de Louis XIV ch. 30. Später noch kamen die<lb/> Königlichen Klafterräthe (conseillers du roi contrôleurs aux empilement<lb/> de bois), die Butterkoster für frische und gesalzene Butter (contrôleurs<lb/> visiteurs de beurre frais, essayeurs de beurre salé) auf. Damals konnte<lb/> Pontchartrain in einem Berichte an Ludwig XIV. sagen: So oft Eure<lb/> Majestät ein neues Amt erschafft, schafft Gott einen Narren, der es<lb/> kauft.</note><lb/> Alle Zunftgrade wurden gegen hohe Gebühren vom Staate ver-<lb/> geben. Ausser diesen bedeutenden regelmässigen Einnahmen<lb/> erhob der Staat von Zeit zu Zeit besondere Beisteuern von<lb/> den Zünften für die Bestätigung ihrer Beamten, für die Ver-<lb/> längerung ihrer Privilegien beim Regierungswechsel u. dgl. m.<lb/> Selbst als die von Turgot im Jahre 1776 beantragte Aufhe-<lb/> bung der Zünfte auf Verlangen des Pariser Parlamentes wegen<lb/> Verletzung wohlerworbener Rechte in demselben Jahre rück-<lb/> gängig gemacht worden war, zwang die Regierung die Meister,<lb/> welche ihr Meisterrecht schon früher gekauft hatten, dasselbe<lb/> noch einmal zu bezahlen. Ebenso drückend war die Ein-<lb/> mischung der Staatsverwaltung in alle Zweige des Gewerbes.<lb/> Durch zahllose und verwickelte Reglements war jeder Zunft<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0079]
Ursprung des Musterschutzes.
internationalen Congressen von Brüssel (1858) und Antwerpen
(1861) die weitere Ausdehnung der Schutzfristen für das ar-
tistische Eigenthum verlangt.
Der Schutz der Waarenmuster gegen unbefugte
Nachahmung ist von noch jüngerem Datum als das artistische
Eigenthum und verdankt seine Entstehung der Zertrümmerung
der französischen Zunftverfassung durch die Revolution und
ihre Vorläufer.
Die französischen Zünfte unterschieden sich von ihren noch
nicht ganz ausgestorbenen deutschen Schwestern durch die all-
umfassende und bis ins Kleinste ausgebildete Bevormundung
des Staates. Sie repräsentirten nicht blos den Zwang des Her-
kommens und des erblichen Monopols, sondern zugleich alle
Plackereien der polizeilichen Ueberwachung und alle Drangsale
eines aussaugenden Finanzsystems. Die Zunftämter wurden
seit 1691 nicht mehr durch Wahl besetzt, sondern als erbliche
Ehrenstellen von dem Staate verkauft. Man schuf von 1691
bis 1709 mehr als 40000 solcher Aemter unter zum Theil
lächerlichen Namen. Die Einrichtung der Königlichen Wein-
mäklerräthe im Jahre 1707 brachte allein 180,000 Livres. 1)
Alle Zunftgrade wurden gegen hohe Gebühren vom Staate ver-
geben. Ausser diesen bedeutenden regelmässigen Einnahmen
erhob der Staat von Zeit zu Zeit besondere Beisteuern von
den Zünften für die Bestätigung ihrer Beamten, für die Ver-
längerung ihrer Privilegien beim Regierungswechsel u. dgl. m.
Selbst als die von Turgot im Jahre 1776 beantragte Aufhe-
bung der Zünfte auf Verlangen des Pariser Parlamentes wegen
Verletzung wohlerworbener Rechte in demselben Jahre rück-
gängig gemacht worden war, zwang die Regierung die Meister,
welche ihr Meisterrecht schon früher gekauft hatten, dasselbe
noch einmal zu bezahlen. Ebenso drückend war die Ein-
mischung der Staatsverwaltung in alle Zweige des Gewerbes.
Durch zahllose und verwickelte Reglements war jeder Zunft
1) Voltaire, Siècle de Louis XIV ch. 30. Später noch kamen die
Königlichen Klafterräthe (conseillers du roi contrôleurs aux empilement
de bois), die Butterkoster für frische und gesalzene Butter (contrôleurs
visiteurs de beurre frais, essayeurs de beurre salé) auf. Damals konnte
Pontchartrain in einem Berichte an Ludwig XIV. sagen: So oft Eure
Majestät ein neues Amt erschafft, schafft Gott einen Narren, der es
kauft.
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