jenigen Industriezweigen, welche sie selbst pflegten, bei sich zu Hause keine Concurrenz. Es war bis zur Weltausstellung von 1851 unerhört, dass ein deutscher Fabrikant Werkzeuge für den englischen Markt oder Seidenzeuge für den Absatz in Frankreich verfertigt hätte.
Der Patentschutz, welcher auf die Grenzen des einzelnen Staates beschränkt ist, war damals, von den einzelnen Fällen abgesehen, im Grossen und Ganzen ebenso begrenzt, wie das Gebiet des Industriezweiges, innerhalb dessen das Patent er- theilt wurde. Die Beschränktheit des Patentschutzes, die Ver- schiedenheit und die nationale Einseitigkeit der Patentgesetz- gebungen waren deshalb unter den damaligen Verhältnissen zwar Uebelstände, jedoch solche, die wie andere Unvollkom- menheiten der irdischen Dinge ertragen werden konnten. Es konnte, so lange die Industriestaaten nicht auf dein eigenen Markte concurrirten, ertragen werden, dass das im Inlande durch ein Patent geschützte Fabrikat im Auslande Gemeingut war. Es konnte ertragen werden, dass für eine Industrie, der im Inlande der Patentschutz versagt wurde, ausländische Pa- tente an andere Bewerber ertheilt wurden. Dies alles ist je- doch ganz anders und geradezu unerträglich geworden, seit die Zollschranken, welche früher den Verkehr zwischen den in- dustriellen Nationen beschränkten, so sehr erniedrigt, seit die Entfernungen, welche die verschiedenen Productionsorte trenn- ten, so sehr verkürzt worden sind.
Der Seidenfabricant, welcher dem Erfinder eines neuen patentirten Färbmittels einen Monopolpreis zahlt, erleidet da- durch keinen Nachtheil, so lange kein anderer Fabrikant die Vortheile der neuen Erfindung um einen geringeren Preis kau- fen kann. Er leidet aber einen Schaden, wenn das im Inlande patentirte Färbemittel im Auslande frei fabrizirt werden darf und dort zu einem durch die Concurrenz herabgedrückten Preise gekauft werden kann. Und dieser Schaden wird doppelt em- pfindlich, wenn der im Auslande billiger gefärbte Stoff nicht bloss auf fremden Märkten, sondern auf dem eigenen inländi- schen Markte mit seinem Fabrikate concurrirt.
Mit andern Worten: die Beschränkung, welche das Erfin- dungspatent dem einheimischen Markte auferlegt, wächst in dem Masse, als der Schutz, welcher der einheimischen Industrie überhaupt durch die Zollschranken und durch die Transport-
Einleitung.
jenigen Industriezweigen, welche sie selbst pflegten, bei sich zu Hause keine Concurrenz. Es war bis zur Weltausstellung von 1851 unerhört, dass ein deutscher Fabrikant Werkzeuge für den englischen Markt oder Seidenzeuge für den Absatz in Frankreich verfertigt hätte.
Der Patentschutz, welcher auf die Grenzen des einzelnen Staates beschränkt ist, war damals, von den einzelnen Fällen abgesehen, im Grossen und Ganzen ebenso begrenzt, wie das Gebiet des Industriezweiges, innerhalb dessen das Patent er- theilt wurde. Die Beschränktheit des Patentschutzes, die Ver- schiedenheit und die nationale Einseitigkeit der Patentgesetz- gebungen waren deshalb unter den damaligen Verhältnissen zwar Uebelstände, jedoch solche, die wie andere Unvollkom- menheiten der irdischen Dinge ertragen werden konnten. Es konnte, so lange die Industriestaaten nicht auf dein eigenen Markte concurrirten, ertragen werden, dass das im Inlande durch ein Patent geschützte Fabrikat im Auslande Gemeingut war. Es konnte ertragen werden, dass für eine Industrie, der im Inlande der Patentschutz versagt wurde, ausländische Pa- tente an andere Bewerber ertheilt wurden. Dies alles ist je- doch ganz anders und geradezu unerträglich geworden, seit die Zollschranken, welche früher den Verkehr zwischen den in- dustriellen Nationen beschränkten, so sehr erniedrigt, seit die Entfernungen, welche die verschiedenen Productionsorte trenn- ten, so sehr verkürzt worden sind.
Der Seidenfabricant, welcher dem Erfinder eines neuen patentirten Färbmittels einen Monopolpreis zahlt, erleidet da- durch keinen Nachtheil, so lange kein anderer Fabrikant die Vortheile der neuen Erfindung um einen geringeren Preis kau- fen kann. Er leidet aber einen Schaden, wenn das im Inlande patentirte Färbemittel im Auslande frei fabrizirt werden darf und dort zu einem durch die Concurrenz herabgedrückten Preise gekauft werden kann. Und dieser Schaden wird doppelt em- pfindlich, wenn der im Auslande billiger gefärbte Stoff nicht bloss auf fremden Märkten, sondern auf dem eigenen inländi- schen Markte mit seinem Fabrikate concurrirt.
Mit andern Worten: die Beschränkung, welche das Erfin- dungspatent dem einheimischen Markte auferlegt, wächst in dem Masse, als der Schutz, welcher der einheimischen Industrie überhaupt durch die Zollschranken und durch die Transport-
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[XV/0018]
Einleitung.
jenigen Industriezweigen, welche sie selbst pflegten, bei sich zu
Hause keine Concurrenz. Es war bis zur Weltausstellung von
1851 unerhört, dass ein deutscher Fabrikant Werkzeuge für
den englischen Markt oder Seidenzeuge für den Absatz in
Frankreich verfertigt hätte.
Der Patentschutz, welcher auf die Grenzen des einzelnen
Staates beschränkt ist, war damals, von den einzelnen Fällen
abgesehen, im Grossen und Ganzen ebenso begrenzt, wie das
Gebiet des Industriezweiges, innerhalb dessen das Patent er-
theilt wurde. Die Beschränktheit des Patentschutzes, die Ver-
schiedenheit und die nationale Einseitigkeit der Patentgesetz-
gebungen waren deshalb unter den damaligen Verhältnissen
zwar Uebelstände, jedoch solche, die wie andere Unvollkom-
menheiten der irdischen Dinge ertragen werden konnten. Es
konnte, so lange die Industriestaaten nicht auf dein eigenen
Markte concurrirten, ertragen werden, dass das im Inlande
durch ein Patent geschützte Fabrikat im Auslande Gemeingut
war. Es konnte ertragen werden, dass für eine Industrie, der
im Inlande der Patentschutz versagt wurde, ausländische Pa-
tente an andere Bewerber ertheilt wurden. Dies alles ist je-
doch ganz anders und geradezu unerträglich geworden, seit die
Zollschranken, welche früher den Verkehr zwischen den in-
dustriellen Nationen beschränkten, so sehr erniedrigt, seit die
Entfernungen, welche die verschiedenen Productionsorte trenn-
ten, so sehr verkürzt worden sind.
Der Seidenfabricant, welcher dem Erfinder eines neuen
patentirten Färbmittels einen Monopolpreis zahlt, erleidet da-
durch keinen Nachtheil, so lange kein anderer Fabrikant die
Vortheile der neuen Erfindung um einen geringeren Preis kau-
fen kann. Er leidet aber einen Schaden, wenn das im Inlande
patentirte Färbemittel im Auslande frei fabrizirt werden darf
und dort zu einem durch die Concurrenz herabgedrückten Preise
gekauft werden kann. Und dieser Schaden wird doppelt em-
pfindlich, wenn der im Auslande billiger gefärbte Stoff nicht
bloss auf fremden Märkten, sondern auf dem eigenen inländi-
schen Markte mit seinem Fabrikate concurrirt.
Mit andern Worten: die Beschränkung, welche das Erfin-
dungspatent dem einheimischen Markte auferlegt, wächst in
dem Masse, als der Schutz, welcher der einheimischen Industrie
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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