Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
kosten gegenüber der auswärtigen Concurrenz gewährt wurde,
sich vermindert.

So wie die vollständige Beseitigung der Zollschranken in-
nerhalb des deutschen Zollvereines nicht ohne eine wesentliche
Umgestaltung der Patentgesetzgebung und ohne eine bedeu-
tende Einschränkung des Patentschutzes ausführbar war (vgl.
unten S. 150 f.), so ist auch durch den Abschluss der Handels-
verträge, welche im Laufe dieses Jahrzehntes zwischen dem
Zollvereine und den wichtigsten Industriestaaten (Frankreich,
Grossbritannien, Belgien und Italien) vereinbart worden sind,
eine Reform der Patentgesetzgebung nothwendig bedingt.

Nach den Anhängern der Antipatentbewegung müsste diese
Reform in der gänzlichen Abschaffung der Erfindungspatente
bestehen. Es ist indess leicht zu zeigen, dass diese Forderung
weit über dasjenige Bedürfniss hinausgeht, welches sich aus
den hier erörterten Uebelständen ergibt. Es dürfte nur mög-
lich sein, dass Jeder unter gleichen Bedingungen in allen Staa-
ten ein Erfindungspatent erlangen könnte, und die territoriale
Beschränkung der Erfindungspatente wäre kein Uebelstand mehr.
Zu diesem Zwecke dürften nur sämmtliche gewerbtreibende
Staaten sich über gleiche Grundsätze der Patentgesetzgebung
vereinigen und allen Erfindern, Inländern wie Ausländern, den
gleichen Schutz zusichern. Das eigene Interesse der Erfinder
würde dann bedingen, dass der Patentschutz nicht auf einen
Staat beschränkt bliebe, und die Uebelstände, welche aus dieser
Beschränkung gegenwärtig hervorgehen, wären nicht mehr vor-
handen.

Allein selbst wenn diese Reform ebenso leicht durchzu-
führen wäre, als ihre Zweckmässigkeit und Nothwendigkeit be-
wiesen werden kann, so würde doch dadurch die einmal ent-
standene Antipatentbewegung voraussichtlich ebensowenig zum
Stillstand gebracht werden, als ein entflogener Vogel durch die
Reparatur des Bauers wieder eingefangen, oder ein Flussfieber
durch die Beseitigung der Erkältungsursachen allein geheilt
werden kann.

Da einmal bestritten ist, was früher für unbestritten galt,
und da nicht mehr die Form des Patentschutzes allein, sondern
sein Wesen und seine Berechtigung streitig geworden sind, so
kann man sich der Aufgabe nicht entziehen, auf die den Grund

Einleitung.
kosten gegenüber der auswärtigen Concurrenz gewährt wurde,
sich vermindert.

So wie die vollständige Beseitigung der Zollschranken in-
nerhalb des deutschen Zollvereines nicht ohne eine wesentliche
Umgestaltung der Patentgesetzgebung und ohne eine bedeu-
tende Einschränkung des Patentschutzes ausführbar war (vgl.
unten S. 150 f.), so ist auch durch den Abschluss der Handels-
verträge, welche im Laufe dieses Jahrzehntes zwischen dem
Zollvereine und den wichtigsten Industriestaaten (Frankreich,
Grossbritannien, Belgien und Italien) vereinbart worden sind,
eine Reform der Patentgesetzgebung nothwendig bedingt.

Nach den Anhängern der Antipatentbewegung müsste diese
Reform in der gänzlichen Abschaffung der Erfindungspatente
bestehen. Es ist indess leicht zu zeigen, dass diese Forderung
weit über dasjenige Bedürfniss hinausgeht, welches sich aus
den hier erörterten Uebelständen ergibt. Es dürfte nur mög-
lich sein, dass Jeder unter gleichen Bedingungen in allen Staa-
ten ein Erfindungspatent erlangen könnte, und die territoriale
Beschränkung der Erfindungspatente wäre kein Uebelstand mehr.
Zu diesem Zwecke dürften nur sämmtliche gewerbtreibende
Staaten sich über gleiche Grundsätze der Patentgesetzgebung
vereinigen und allen Erfindern, Inländern wie Ausländern, den
gleichen Schutz zusichern. Das eigene Interesse der Erfinder
würde dann bedingen, dass der Patentschutz nicht auf einen
Staat beschränkt bliebe, und die Uebelstände, welche aus dieser
Beschränkung gegenwärtig hervorgehen, wären nicht mehr vor-
handen.

Allein selbst wenn diese Reform ebenso leicht durchzu-
führen wäre, als ihre Zweckmässigkeit und Nothwendigkeit be-
wiesen werden kann, so würde doch dadurch die einmal ent-
standene Antipatentbewegung voraussichtlich ebensowenig zum
Stillstand gebracht werden, als ein entflogener Vogel durch die
Reparatur des Bauers wieder eingefangen, oder ein Flussfieber
durch die Beseitigung der Erkältungsursachen allein geheilt
werden kann.

Da einmal bestritten ist, was früher für unbestritten galt,
und da nicht mehr die Form des Patentschutzes allein, sondern
sein Wesen und seine Berechtigung streitig geworden sind, so
kann man sich der Aufgabe nicht entziehen, auf die den Grund

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0019" n="XVI"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/>
kosten gegenüber der auswärtigen Concurrenz gewährt wurde,<lb/>
sich vermindert.</p><lb/>
          <p>So wie die vollständige Beseitigung der Zollschranken in-<lb/>
nerhalb des deutschen Zollvereines nicht ohne eine wesentliche<lb/>
Umgestaltung der Patentgesetzgebung und ohne eine bedeu-<lb/>
tende Einschränkung des Patentschutzes ausführbar war (vgl.<lb/>
unten S. 150 f.), so ist auch durch den Abschluss der Handels-<lb/>
verträge, welche im Laufe dieses Jahrzehntes zwischen dem<lb/>
Zollvereine und den wichtigsten Industriestaaten (Frankreich,<lb/>
Grossbritannien, Belgien und Italien) vereinbart worden sind,<lb/>
eine Reform der Patentgesetzgebung nothwendig bedingt.</p><lb/>
          <p>Nach den Anhängern der Antipatentbewegung müsste diese<lb/>
Reform in der gänzlichen Abschaffung der Erfindungspatente<lb/>
bestehen. Es ist indess leicht zu zeigen, dass diese Forderung<lb/>
weit über dasjenige Bedürfniss hinausgeht, welches sich aus<lb/>
den hier erörterten Uebelständen ergibt. Es dürfte nur mög-<lb/>
lich sein, dass Jeder unter gleichen Bedingungen in allen Staa-<lb/>
ten ein Erfindungspatent erlangen könnte, und die territoriale<lb/>
Beschränkung der Erfindungspatente wäre kein Uebelstand mehr.<lb/>
Zu diesem Zwecke dürften nur sämmtliche gewerbtreibende<lb/>
Staaten sich über gleiche Grundsätze der Patentgesetzgebung<lb/>
vereinigen und allen Erfindern, Inländern wie Ausländern, den<lb/>
gleichen Schutz zusichern. Das eigene Interesse der Erfinder<lb/>
würde dann bedingen, dass der Patentschutz nicht auf einen<lb/>
Staat beschränkt bliebe, und die Uebelstände, welche aus dieser<lb/>
Beschränkung gegenwärtig hervorgehen, wären nicht mehr vor-<lb/>
handen.</p><lb/>
          <p>Allein selbst wenn diese Reform ebenso leicht durchzu-<lb/>
führen wäre, als ihre Zweckmässigkeit und Nothwendigkeit be-<lb/>
wiesen werden kann, so würde doch dadurch die einmal ent-<lb/>
standene Antipatentbewegung voraussichtlich ebensowenig zum<lb/>
Stillstand gebracht werden, als ein entflogener Vogel durch die<lb/>
Reparatur des Bauers wieder eingefangen, oder ein Flussfieber<lb/>
durch die Beseitigung der Erkältungsursachen allein geheilt<lb/>
werden kann.</p><lb/>
          <p>Da einmal bestritten ist, was früher für unbestritten galt,<lb/>
und da nicht mehr die Form des Patentschutzes allein, sondern<lb/>
sein Wesen und seine Berechtigung streitig geworden sind, so<lb/>
kann man sich der Aufgabe nicht entziehen, auf die den Grund<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XVI/0019] Einleitung. kosten gegenüber der auswärtigen Concurrenz gewährt wurde, sich vermindert. So wie die vollständige Beseitigung der Zollschranken in- nerhalb des deutschen Zollvereines nicht ohne eine wesentliche Umgestaltung der Patentgesetzgebung und ohne eine bedeu- tende Einschränkung des Patentschutzes ausführbar war (vgl. unten S. 150 f.), so ist auch durch den Abschluss der Handels- verträge, welche im Laufe dieses Jahrzehntes zwischen dem Zollvereine und den wichtigsten Industriestaaten (Frankreich, Grossbritannien, Belgien und Italien) vereinbart worden sind, eine Reform der Patentgesetzgebung nothwendig bedingt. Nach den Anhängern der Antipatentbewegung müsste diese Reform in der gänzlichen Abschaffung der Erfindungspatente bestehen. Es ist indess leicht zu zeigen, dass diese Forderung weit über dasjenige Bedürfniss hinausgeht, welches sich aus den hier erörterten Uebelständen ergibt. Es dürfte nur mög- lich sein, dass Jeder unter gleichen Bedingungen in allen Staa- ten ein Erfindungspatent erlangen könnte, und die territoriale Beschränkung der Erfindungspatente wäre kein Uebelstand mehr. Zu diesem Zwecke dürften nur sämmtliche gewerbtreibende Staaten sich über gleiche Grundsätze der Patentgesetzgebung vereinigen und allen Erfindern, Inländern wie Ausländern, den gleichen Schutz zusichern. Das eigene Interesse der Erfinder würde dann bedingen, dass der Patentschutz nicht auf einen Staat beschränkt bliebe, und die Uebelstände, welche aus dieser Beschränkung gegenwärtig hervorgehen, wären nicht mehr vor- handen. Allein selbst wenn diese Reform ebenso leicht durchzu- führen wäre, als ihre Zweckmässigkeit und Nothwendigkeit be- wiesen werden kann, so würde doch dadurch die einmal ent- standene Antipatentbewegung voraussichtlich ebensowenig zum Stillstand gebracht werden, als ein entflogener Vogel durch die Reparatur des Bauers wieder eingefangen, oder ein Flussfieber durch die Beseitigung der Erkältungsursachen allein geheilt werden kann. Da einmal bestritten ist, was früher für unbestritten galt, und da nicht mehr die Form des Patentschutzes allein, sondern sein Wesen und seine Berechtigung streitig geworden sind, so kann man sich der Aufgabe nicht entziehen, auf die den Grund

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/19
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/19>, abgerufen am 21.11.2024.