Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Reformbedürfniss.

Neben diesen Reformbestrebungen, welche die Beseiti-
gung der fühlbarsten Mängel in dem überlieferten Patentrechte
zum Gegenstande hatten, machte sich immer mehr und mehr
die Ueberzeugung geltend, dass nur durch eine vollständige
Erneuerung der Patentgesetzgebung den Fehlern und den Miss-
bräuchen des bestehenden Systemes abgeholfen werden könne.
Unter diesen Mängeln wurden besonders die drückenden Kosten
der Patentertheilung, die Verwickelung des Verfahrens, wäh-
rend dessen Monate langer Dauer dem Erfinder keinerlei Schutz
gegen die Nachahmung seiner Erfindung gewährt wurde, und
die ungenügende Veröffentlichung der ertheilten Patente und
der Patentbeschreibungen hervorgehoben. Alle diese Uebel-
stände wurden durch die Existenz getrennter Patentämter für
die drei Königreiche England, Schottland und Irland, bei deren
jedem Patente ertheilt und Beschreibungen hinterlegt wur-
den, bedentend vermehrt. Bei dem Englischen Patentamte
allein gab es sogar wieder drei getrennte Bureaus, in denen
nach Wahl des Erfinders die Hinterlegung der Beschreibung
erfolgen konnte1).

Der Erfinder oder der Gewerbtreibende, welcher sich über-
zeugen wollte, ob irgend ein Gegenstand patentirt war, musste
mühsame wochenlange Nachforschungen bei den verschiedensten
Aemtern anstellen und in jedem derselben Gebühren entrichten.

Die Kosten der Patentertheilung ferner beliefen sich im
Minimum für die drei Königreiche auf 274 Lvr., wozu noch die
Gebühren des Agenten, die Kosten der etwa entstehenden Op-
position und die Gebühren für Eintragung der Beschreibung
kamen, so dass der gesammte Kostenbetrag im Durchschnitt
auf 400 Lvr. veranschlagt wurde2).

Da endlich eine Veröffentlichung der Patentbeschreibun-
gen weder vor noch nach der Patentertheilung erfolgte und
Einsprüche zum voraus in der Form der Caveats gewisser-
massen aufs Gerathewohl angemeldet werden mussten, da
überdies der Erfinder von der Anmeldung seines Gesuchs bis
zur Siegelung des Patentes ganz ungeschützt war, so bestand

1) Es waren dies die zum Kanzleigerichtshofe gehörigen Bureaus:
Petty Bag Office, Enrolment Office und Rolls Chapel.
2) Engl. Blaubuch von 1865 S. 147.
Reformbedürfniss.

Neben diesen Reformbestrebungen, welche die Beseiti-
gung der fühlbarsten Mängel in dem überlieferten Patentrechte
zum Gegenstande hatten, machte sich immer mehr und mehr
die Ueberzeugung geltend, dass nur durch eine vollständige
Erneuerung der Patentgesetzgebung den Fehlern und den Miss-
bräuchen des bestehenden Systemes abgeholfen werden könne.
Unter diesen Mängeln wurden besonders die drückenden Kosten
der Patentertheilung, die Verwickelung des Verfahrens, wäh-
rend dessen Monate langer Dauer dem Erfinder keinerlei Schutz
gegen die Nachahmung seiner Erfindung gewährt wurde, und
die ungenügende Veröffentlichung der ertheilten Patente und
der Patentbeschreibungen hervorgehoben. Alle diese Uebel-
stände wurden durch die Existenz getrennter Patentämter für
die drei Königreiche England, Schottland und Irland, bei deren
jedem Patente ertheilt und Beschreibungen hinterlegt wur-
den, bedentend vermehrt. Bei dem Englischen Patentamte
allein gab es sogar wieder drei getrennte Bureaus, in denen
nach Wahl des Erfinders die Hinterlegung der Beschreibung
erfolgen konnte1).

Der Erfinder oder der Gewerbtreibende, welcher sich über-
zeugen wollte, ob irgend ein Gegenstand patentirt war, musste
mühsame wochenlange Nachforschungen bei den verschiedensten
Aemtern anstellen und in jedem derselben Gebühren entrichten.

Die Kosten der Patentertheilung ferner beliefen sich im
Minimum für die drei Königreiche auf 274 Lvr., wozu noch die
Gebühren des Agenten, die Kosten der etwa entstehenden Op-
position und die Gebühren für Eintragung der Beschreibung
kamen, so dass der gesammte Kostenbetrag im Durchschnitt
auf 400 Lvr. veranschlagt wurde2).

Da endlich eine Veröffentlichung der Patentbeschreibun-
gen weder vor noch nach der Patentertheilung erfolgte und
Einsprüche zum voraus in der Form der Caveats gewisser-
massen aufs Gerathewohl angemeldet werden mussten, da
überdies der Erfinder von der Anmeldung seines Gesuchs bis
zur Siegelung des Patentes ganz ungeschützt war, so bestand

1) Es waren dies die zum Kanzleigerichtshofe gehörigen Bureaus:
Petty Bag Office, Enrolment Office und Rolls Chapel.
2) Engl. Blaubuch von 1865 S. 147.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0274" n="247"/>
            <fw place="top" type="header">Reformbedürfniss.</fw><lb/>
            <p>Neben diesen Reformbestrebungen, welche die Beseiti-<lb/>
gung der fühlbarsten Mängel in dem überlieferten Patentrechte<lb/>
zum Gegenstande hatten, machte sich immer mehr und mehr<lb/>
die Ueberzeugung geltend, dass nur durch eine vollständige<lb/>
Erneuerung der Patentgesetzgebung den Fehlern und den Miss-<lb/>
bräuchen des bestehenden Systemes abgeholfen werden könne.<lb/>
Unter diesen Mängeln wurden besonders die drückenden Kosten<lb/>
der Patentertheilung, die Verwickelung des Verfahrens, wäh-<lb/>
rend dessen Monate langer Dauer dem Erfinder keinerlei Schutz<lb/>
gegen die Nachahmung seiner Erfindung gewährt wurde, und<lb/>
die ungenügende Veröffentlichung der ertheilten Patente und<lb/>
der Patentbeschreibungen hervorgehoben. Alle diese Uebel-<lb/>
stände wurden durch die Existenz getrennter Patentämter für<lb/>
die drei Königreiche England, Schottland und Irland, bei deren<lb/>
jedem Patente ertheilt und Beschreibungen hinterlegt wur-<lb/>
den, bedentend vermehrt. Bei dem Englischen Patentamte<lb/>
allein gab es sogar wieder drei getrennte Bureaus, in denen<lb/>
nach Wahl des Erfinders die Hinterlegung der Beschreibung<lb/>
erfolgen konnte<note place="foot" n="1)">Es waren dies die zum Kanzleigerichtshofe gehörigen Bureaus:<lb/>
Petty Bag Office, Enrolment Office und Rolls Chapel.</note>.</p><lb/>
            <p>Der Erfinder oder der Gewerbtreibende, welcher sich über-<lb/>
zeugen wollte, ob irgend ein Gegenstand patentirt war, musste<lb/>
mühsame wochenlange Nachforschungen bei den verschiedensten<lb/>
Aemtern anstellen und in jedem derselben Gebühren entrichten.</p><lb/>
            <p>Die Kosten der Patentertheilung ferner beliefen sich im<lb/>
Minimum für die drei Königreiche auf 274 Lvr., wozu noch die<lb/>
Gebühren des Agenten, die Kosten der etwa entstehenden Op-<lb/>
position und die Gebühren für Eintragung der Beschreibung<lb/>
kamen, so dass der gesammte Kostenbetrag im Durchschnitt<lb/>
auf 400 Lvr. veranschlagt wurde<note place="foot" n="2)">Engl. Blaubuch von 1865 S. 147.</note>.</p><lb/>
            <p>Da endlich eine Veröffentlichung der Patentbeschreibun-<lb/>
gen weder vor noch nach der Patentertheilung erfolgte und<lb/>
Einsprüche zum voraus in der Form der Caveats gewisser-<lb/>
massen aufs Gerathewohl angemeldet werden mussten, da<lb/>
überdies der Erfinder von der Anmeldung seines Gesuchs bis<lb/>
zur Siegelung des Patentes ganz ungeschützt war, so bestand<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0274] Reformbedürfniss. Neben diesen Reformbestrebungen, welche die Beseiti- gung der fühlbarsten Mängel in dem überlieferten Patentrechte zum Gegenstande hatten, machte sich immer mehr und mehr die Ueberzeugung geltend, dass nur durch eine vollständige Erneuerung der Patentgesetzgebung den Fehlern und den Miss- bräuchen des bestehenden Systemes abgeholfen werden könne. Unter diesen Mängeln wurden besonders die drückenden Kosten der Patentertheilung, die Verwickelung des Verfahrens, wäh- rend dessen Monate langer Dauer dem Erfinder keinerlei Schutz gegen die Nachahmung seiner Erfindung gewährt wurde, und die ungenügende Veröffentlichung der ertheilten Patente und der Patentbeschreibungen hervorgehoben. Alle diese Uebel- stände wurden durch die Existenz getrennter Patentämter für die drei Königreiche England, Schottland und Irland, bei deren jedem Patente ertheilt und Beschreibungen hinterlegt wur- den, bedentend vermehrt. Bei dem Englischen Patentamte allein gab es sogar wieder drei getrennte Bureaus, in denen nach Wahl des Erfinders die Hinterlegung der Beschreibung erfolgen konnte 1). Der Erfinder oder der Gewerbtreibende, welcher sich über- zeugen wollte, ob irgend ein Gegenstand patentirt war, musste mühsame wochenlange Nachforschungen bei den verschiedensten Aemtern anstellen und in jedem derselben Gebühren entrichten. Die Kosten der Patentertheilung ferner beliefen sich im Minimum für die drei Königreiche auf 274 Lvr., wozu noch die Gebühren des Agenten, die Kosten der etwa entstehenden Op- position und die Gebühren für Eintragung der Beschreibung kamen, so dass der gesammte Kostenbetrag im Durchschnitt auf 400 Lvr. veranschlagt wurde 2). Da endlich eine Veröffentlichung der Patentbeschreibun- gen weder vor noch nach der Patentertheilung erfolgte und Einsprüche zum voraus in der Form der Caveats gewisser- massen aufs Gerathewohl angemeldet werden mussten, da überdies der Erfinder von der Anmeldung seines Gesuchs bis zur Siegelung des Patentes ganz ungeschützt war, so bestand 1) Es waren dies die zum Kanzleigerichtshofe gehörigen Bureaus: Petty Bag Office, Enrolment Office und Rolls Chapel. 2) Engl. Blaubuch von 1865 S. 147.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/274
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/274>, abgerufen am 22.11.2024.