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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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Originalität.
tentirung weder veröffentlicht noch auch in Gebrauch gewe-
sen sein.

Es ist bereits bei der Erörterung der allgemeinen Regeln
über Entstehung und Endigung des geistigen Eigenthumes ge-
zeigt worden, dass der Urheber das Recht der ausschliesslichen
Nutzung verwirkt, wenn er das Geistesproduct veröffentlicht,
ohne zugleich die gesetzlichen Bedingungen für die Erwerhung
des geistigen Eigenthumes zu erfüllen (Bd. I S. 262). Ferner
folgt aus der Bedingung der Originalität, welche die Voraus-
setzung jedes geistigen Eigenthumes ist, dass niemand sich ein
Geistesproduct aneignen kann, welches von Andern ausgeführt
und veröffentlicht ist und von ihm selbst nur reproduzirt wurde.
(Vergl. Bd. I S. 132 S. 327.) Allein für das Gehiet der Patent-
gesetzgebung nehmen beide Regeln eine theilweise veränderte
Gestalt an.

Während Schriften oder Kunstwerke nur einen Urheber
haben können, kann eine Erfindung von verschiedenen Perso-
nen unabhängig von einander gemacht werden, so dass der eine
Urheber von der gleichzeitigen Erfindung des anderen keine
Kenntniss hatte. In einem solchen Falle würde jeder von bei-
den als Originalurheber anzusehen sein und die Veröffentlichung
der Erfindung durch den einen Urheber würde zwar sein Recht
der ausschliesslichen Nutzung, nicht aber das des andern Ur-
hebers verwirken. Wenn also jemand an einer anderweit be-
reits gemachten und bekannt gewordenen Entdeckung das Recht
des Erfinders beanspruchte, so würde ihm von vorn herein we-
der ein Plagiat vorgeworfen noch die Verwirkung seines Ur-
heberrechtes in Folge der Handlungen eines Andern schuld-
gegeben werden können. Er würde sich auf das Beispiel de
Romas berufen können, welcher im Jahre 1753 in Frankreich
einen Blitzableiter in Thätigkeit setzte, ohne von den im Jahre
1752 in Nordamerika durch Franklin angestellten und veröf-
fentlichten Versuchen Kenntniss zu haben, oder auf die Erfin-
dung der Schiessbaumwolle, welche ungefähr gleichzeitig von
Schönbein in Basel und von Böttcher in Frankfurt gemacht
wurde. Wollte man dem Erfinder den Nachweis auferlegen,
dass er von ven der früheren Entdeckung durch einen Andern
keine Kenntniss gehabt habe, so würde diese Beweisführung
ebenso misslich sein, als wenn umgekehrt dem Patentsucher
der Beweis geführt werden müsste, dass er seine angebliche

Originalität.
tentirung weder veröffentlicht noch auch in Gebrauch gewe-
sen sein.

Es ist bereits bei der Erörterung der allgemeinen Regeln
über Entstehung und Endigung des geistigen Eigenthumes ge-
zeigt worden, dass der Urheber das Recht der ausschliesslichen
Nutzung verwirkt, wenn er das Geistesproduct veröffentlicht,
ohne zugleich die gesetzlichen Bedingungen für die Erwerhung
des geistigen Eigenthumes zu erfüllen (Bd. I S. 262). Ferner
folgt aus der Bedingung der Originalität, welche die Voraus-
setzung jedes geistigen Eigenthumes ist, dass niemand sich ein
Geistesproduct aneignen kann, welches von Andern ausgeführt
und veröffentlicht ist und von ihm selbst nur reproduzirt wurde.
(Vergl. Bd. I S. 132 S. 327.) Allein für das Gehiet der Patent-
gesetzgebung nehmen beide Regeln eine theilweise veränderte
Gestalt an.

Während Schriften oder Kunstwerke nur einen Urheber
haben können, kann eine Erfindung von verschiedenen Perso-
nen unabhängig von einander gemacht werden, so dass der eine
Urheber von der gleichzeitigen Erfindung des anderen keine
Kenntniss hatte. In einem solchen Falle würde jeder von bei-
den als Originalurheber anzusehen sein und die Veröffentlichung
der Erfindung durch den einen Urheber würde zwar sein Recht
der ausschliesslichen Nutzung, nicht aber das des andern Ur-
hebers verwirken. Wenn also jemand an einer anderweit be-
reits gemachten und bekannt gewordenen Entdeckung das Recht
des Erfinders beanspruchte, so würde ihm von vorn herein we-
der ein Plagiat vorgeworfen noch die Verwirkung seines Ur-
heberrechtes in Folge der Handlungen eines Andern schuld-
gegeben werden können. Er würde sich auf das Beispiel de
Romas berufen können, welcher im Jahre 1753 in Frankreich
einen Blitzableiter in Thätigkeit setzte, ohne von den im Jahre
1752 in Nordamerika durch Franklin angestellten und veröf-
fentlichten Versuchen Kenntniss zu haben, oder auf die Erfin-
dung der Schiessbaumwolle, welche ungefähr gleichzeitig von
Schönbein in Basel und von Böttcher in Frankfurt gemacht
wurde. Wollte man dem Erfinder den Nachweis auferlegen,
dass er von ven der früheren Entdeckung durch einen Andern
keine Kenntniss gehabt habe, so würde diese Beweisführung
ebenso misslich sein, als wenn umgekehrt dem Patentsucher
der Beweis geführt werden müsste, dass er seine angebliche

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[43/0070] Originalität. tentirung weder veröffentlicht noch auch in Gebrauch gewe- sen sein. Es ist bereits bei der Erörterung der allgemeinen Regeln über Entstehung und Endigung des geistigen Eigenthumes ge- zeigt worden, dass der Urheber das Recht der ausschliesslichen Nutzung verwirkt, wenn er das Geistesproduct veröffentlicht, ohne zugleich die gesetzlichen Bedingungen für die Erwerhung des geistigen Eigenthumes zu erfüllen (Bd. I S. 262). Ferner folgt aus der Bedingung der Originalität, welche die Voraus- setzung jedes geistigen Eigenthumes ist, dass niemand sich ein Geistesproduct aneignen kann, welches von Andern ausgeführt und veröffentlicht ist und von ihm selbst nur reproduzirt wurde. (Vergl. Bd. I S. 132 S. 327.) Allein für das Gehiet der Patent- gesetzgebung nehmen beide Regeln eine theilweise veränderte Gestalt an. Während Schriften oder Kunstwerke nur einen Urheber haben können, kann eine Erfindung von verschiedenen Perso- nen unabhängig von einander gemacht werden, so dass der eine Urheber von der gleichzeitigen Erfindung des anderen keine Kenntniss hatte. In einem solchen Falle würde jeder von bei- den als Originalurheber anzusehen sein und die Veröffentlichung der Erfindung durch den einen Urheber würde zwar sein Recht der ausschliesslichen Nutzung, nicht aber das des andern Ur- hebers verwirken. Wenn also jemand an einer anderweit be- reits gemachten und bekannt gewordenen Entdeckung das Recht des Erfinders beanspruchte, so würde ihm von vorn herein we- der ein Plagiat vorgeworfen noch die Verwirkung seines Ur- heberrechtes in Folge der Handlungen eines Andern schuld- gegeben werden können. Er würde sich auf das Beispiel de Romas berufen können, welcher im Jahre 1753 in Frankreich einen Blitzableiter in Thätigkeit setzte, ohne von den im Jahre 1752 in Nordamerika durch Franklin angestellten und veröf- fentlichten Versuchen Kenntniss zu haben, oder auf die Erfin- dung der Schiessbaumwolle, welche ungefähr gleichzeitig von Schönbein in Basel und von Böttcher in Frankfurt gemacht wurde. Wollte man dem Erfinder den Nachweis auferlegen, dass er von ven der früheren Entdeckung durch einen Andern keine Kenntniss gehabt habe, so würde diese Beweisführung ebenso misslich sein, als wenn umgekehrt dem Patentsucher der Beweis geführt werden müsste, dass er seine angebliche

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/70>, abgerufen am 21.11.2024.