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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 6. Verbesserungspatente.
1. Mai 1856 gewährte, unter der Bedingung, dass sie von der
kaiserlichen Ausstellungscommission eine Beschreibung des aus-
gestellten Gegenstandes während des ersten Monates der Aus-
stellung attestiren liessen. Diese Vorschrift ist für die gegen-
wärtige Weltausstellung in Paris durch das Gesetz vom 3.
April 1867 wiederholt und die vorläufige Schutzfrist bis zum
1. April 1868 erstreckt worden.

§. 6. Verbesserungspatente.

Allmälige Ausbildung der Erfindungen. -- Entstehung der Dampfma-
schine. -- Savery's und Newcomens Patent. -- Watts Verbesserungen.
-- Definition. -- Collision der Rechte. -- Englisches Recht. -- Fran-
zösische Gesetzgebung. -- Andere Gesetzgebungen.

Jede Erfindung kann in gewissem Sinne als die Verbes-
serung einer vorhergehenden betrachtet werden, denn jedes
neue Erzeugniss und jedes neue Hülfsmittel der Industrie ist
bestimmt, andere vorhandene Producte und andere Hülfsmittel
zu ersetzen und der Fortschritt des Gewerbfleisses geht so von
statten, dass in stufenweiser Folge die ersten unvollkommenen
Erzeugnisse durch verbesserte Formen ersetzt werden, bis zu-
letzt ein in allen seinen Theilen verbessertes Ganzes als eine
durchweg neue Erfindung hervortritt. Untersucht man aber
den Ursprung selbst der am meisten bahnbrechenden Erfin-
dungen, die wie die Dampfmaschine oder die Boussole uns
heute als ein abgeschlossenes Ganzes gleich einer Offenbarung
des Menschengeistes gegenübertreten, so zeigt sich, dass sie
sich schrittweise im Laufe von Menschenaltern aus längst Be-
kanntem entwickelt haben.

Der Streit der europäischen Nationen über den ersten
Erfinder der Dampfmaschine ist ebenso berühmt, als der Streit
der Ionischen Städte über den Geburtsort Homers1). Von den
zahlreichen Schriften über diese Streitfrage sind in England
allein, nach Aragos Mittheilung2) binnen wenigen Jahren mehr

1) Es concurriren dabei bekanntlich für England der Marquis
von Worcester (1663), für Frankreich Salomon de Caus (1615), für
Deutschland Dionysius Papin (1695), für Spanien Blasco de Garay (1543)
und für Italien Giovanni Bianca (1629).
2) Oeuvres completes tom. 5 p. 2.

I. Vorbegriffe. §. 6. Verbesserungspatente.
1. Mai 1856 gewährte, unter der Bedingung, dass sie von der
kaiserlichen Ausstellungscommission eine Beschreibung des aus-
gestellten Gegenstandes während des ersten Monates der Aus-
stellung attestiren liessen. Diese Vorschrift ist für die gegen-
wärtige Weltausstellung in Paris durch das Gesetz vom 3.
April 1867 wiederholt und die vorläufige Schutzfrist bis zum
1. April 1868 erstreckt worden.

§. 6. Verbesserungspatente.

Allmälige Ausbildung der Erfindungen. — Entstehung der Dampfma-
schine. — Savery’s und Newcomens Patent. — Watts Verbesserungen.
— Definition. — Collision der Rechte. — Englisches Recht. — Fran-
zösische Gesetzgebung. — Andere Gesetzgebungen.

Jede Erfindung kann in gewissem Sinne als die Verbes-
serung einer vorhergehenden betrachtet werden, denn jedes
neue Erzeugniss und jedes neue Hülfsmittel der Industrie ist
bestimmt, andere vorhandene Producte und andere Hülfsmittel
zu ersetzen und der Fortschritt des Gewerbfleisses geht so von
statten, dass in stufenweiser Folge die ersten unvollkommenen
Erzeugnisse durch verbesserte Formen ersetzt werden, bis zu-
letzt ein in allen seinen Theilen verbessertes Ganzes als eine
durchweg neue Erfindung hervortritt. Untersucht man aber
den Ursprung selbst der am meisten bahnbrechenden Erfin-
dungen, die wie die Dampfmaschine oder die Boussole uns
heute als ein abgeschlossenes Ganzes gleich einer Offenbarung
des Menschengeistes gegenübertreten, so zeigt sich, dass sie
sich schrittweise im Laufe von Menschenaltern aus längst Be-
kanntem entwickelt haben.

Der Streit der europäischen Nationen über den ersten
Erfinder der Dampfmaschine ist ebenso berühmt, als der Streit
der Ionischen Städte über den Geburtsort Homers1). Von den
zahlreichen Schriften über diese Streitfrage sind in England
allein, nach Aragos Mittheilung2) binnen wenigen Jahren mehr

1) Es concurriren dabei bekanntlich für England der Marquis
von Worcester (1663), für Frankreich Salomon de Caus (1615), für
Deutschland Dionysius Papin (1695), für Spanien Blasco de Garay (1543)
und für Italien Giovanni Bianca (1629).
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[56/0083] I. Vorbegriffe. §. 6. Verbesserungspatente. 1. Mai 1856 gewährte, unter der Bedingung, dass sie von der kaiserlichen Ausstellungscommission eine Beschreibung des aus- gestellten Gegenstandes während des ersten Monates der Aus- stellung attestiren liessen. Diese Vorschrift ist für die gegen- wärtige Weltausstellung in Paris durch das Gesetz vom 3. April 1867 wiederholt und die vorläufige Schutzfrist bis zum 1. April 1868 erstreckt worden. §. 6. Verbesserungspatente. Allmälige Ausbildung der Erfindungen. — Entstehung der Dampfma- schine. — Savery’s und Newcomens Patent. — Watts Verbesserungen. — Definition. — Collision der Rechte. — Englisches Recht. — Fran- zösische Gesetzgebung. — Andere Gesetzgebungen. Jede Erfindung kann in gewissem Sinne als die Verbes- serung einer vorhergehenden betrachtet werden, denn jedes neue Erzeugniss und jedes neue Hülfsmittel der Industrie ist bestimmt, andere vorhandene Producte und andere Hülfsmittel zu ersetzen und der Fortschritt des Gewerbfleisses geht so von statten, dass in stufenweiser Folge die ersten unvollkommenen Erzeugnisse durch verbesserte Formen ersetzt werden, bis zu- letzt ein in allen seinen Theilen verbessertes Ganzes als eine durchweg neue Erfindung hervortritt. Untersucht man aber den Ursprung selbst der am meisten bahnbrechenden Erfin- dungen, die wie die Dampfmaschine oder die Boussole uns heute als ein abgeschlossenes Ganzes gleich einer Offenbarung des Menschengeistes gegenübertreten, so zeigt sich, dass sie sich schrittweise im Laufe von Menschenaltern aus längst Be- kanntem entwickelt haben. Der Streit der europäischen Nationen über den ersten Erfinder der Dampfmaschine ist ebenso berühmt, als der Streit der Ionischen Städte über den Geburtsort Homers 1). Von den zahlreichen Schriften über diese Streitfrage sind in England allein, nach Aragos Mittheilung 2) binnen wenigen Jahren mehr 1) Es concurriren dabei bekanntlich für England der Marquis von Worcester (1663), für Frankreich Salomon de Caus (1615), für Deutschland Dionysius Papin (1695), für Spanien Blasco de Garay (1543) und für Italien Giovanni Bianca (1629). 2) Oeuvres complètes tom. 5 p. 2.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/83>, abgerufen am 21.11.2024.