Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821.II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn. Rücktritt in die Ausübung seiner Staatsbefugnis-se. Wegen dieser (sede plena impedita) noth- wendigen und wirklichen Fortdauer des Staats- vereins, ist der an der Staatsregierung verhin- dert gewesene Regent, in Hinsicht auf Regie- rungshandlungen der Zwischenzeit, als Nachfol- ger der in dieser Zeit bestandenen Zwischen- herrschaft oder ausserordentlichen Staatsregierung zu betrachten c). a) Diese schwierige Rechtsfrage ist, nach ihrem ganzen Umfang betrachtet, vermischter Natur. Es kommen völkerrechtliche, staatsrechtliche, und privatrechtliche Verhältnisse in Erwä- gung (§. 2 u. 141 c). -- In Betracht kommende Fälle sind: Veräusserung des Staatsgebietes, ganz oder zum Theil; Ver- äusserung des Staatsvermögens oder Staatsgutes im eigent- lichen Sinn (§. 124), namentlich der Domänen, des Staats- schatzes, der Staatskleinode, desgleichen der StaatsActivschul- den (wovon Quinctiliani instit. orat. lib. V. c. 6. Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 25. Westphälischer Friede, J. P. O. art. IV. §. 47. C. G. K. A. v. Kamptz Beiträge zum Staats- und Völkerrecht, Bd. I, Num. 9, §. 4 -- 8, und oben §. 252), auch der Staatsberechtigungen und Ansprüche; Einziehung der StaatsActivschulden von -- theils inländischen, theils ausländischen (§. 255), wohl gar souverainen -- Schuld- nern, vor oder nach der Verfallzeit, auch dann, wenn die Schuldbriefe fortwährend in den Händen des vertriebenen rechtmäsigen Regenten waren (H. L. C. Euler über die Zu- lässigkeit der AusträgalInstanz, in Absicht auf Forderungen des Kurf. von Hessen an mehrere grossherzogliche u. s. w. Häuser aus Anleihen. Frankf. 1818. 4.); CautionsCapitale, die während der Zwischenregierung von Staatsdienern wegen des ihnen übertragenen Amtes bei der Staatscasse angelegt worden; Verpachtung der StaatsDomainen und FinanzRega- lien; Erzwingung unterthanschaftlichen Gehorsams zu Ueber- nehmung öffentlicher Lasten, z. B. zu Leistung ordentlicher oder ausserordentlicher Staatsdienste und Abgaben, zu Theil- nahme an Zwanganleihen mit oder ohne Verwendung zum II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn. Rücktritt in die Ausübung seiner Staatsbefugnis-se. Wegen dieser (sede plena impedita) noth- wendigen und wirklichen Fortdauer des Staats- vereins, ist der an der Staatsregierung verhin- dert gewesene Regent, in Hinsicht auf Regie- rungshandlungen der Zwischenzeit, als Nachfol- ger der in dieser Zeit bestandenen Zwischen- herrschaft oder ausserordentlichen Staatsregierung zu betrachten c). a) Diese schwierige Rechtsfrage ist, nach ihrem ganzen Umfang betrachtet, vermischter Natur. Es kommen völkerrechtliche, staatsrechtliche, und privatrechtliche Verhältnisse in Erwä- gung (§. 2 u. 141 c). — In Betracht kommende Fälle sind: Veräusserung des Staatsgebietes, ganz oder zum Theil; Ver- äusserung des Staatsvermögens oder Staatsgutes im eigent- lichen Sinn (§. 124), namentlich der Domänen, des Staats- schatzes, der Staatskleinode, desgleichen der StaatsActivschul- den (wovon Quinctiliani instit. orat. lib. V. c. 6. Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 25. Westphälischer Friede, J. P. O. art. IV. §. 47. C. G. K. A. v. Kamptz Beiträge zum Staats- und Völkerrecht, Bd. I, Num. 9, §. 4 — 8, und oben §. 252), auch der Staatsberechtigungen und Ansprüche; Einziehung der StaatsActivschulden von — theils inländischen, theils ausländischen (§. 255), wohl gar souverainen — Schuld- nern, vor oder nach der Verfallzeit, auch dann, wenn die Schuldbriefe fortwährend in den Händen des vertriebenen rechtmäsigen Regenten waren (H. L. C. Euler über die Zu- lässigkeit der AusträgalInstanz, in Absicht auf Forderungen des Kurf. von Hessen an mehrere groſsherzogliche u. s. w. Häuser aus Anleihen. Frankf. 1818. 4.); CautionsCapitale, die während der Zwischenregierung von Staatsdienern wegen des ihnen übertragenen Amtes bei der Staatscasse angelegt worden; Verpachtung der StaatsDomainen und FinanzRega- lien; Erzwingung unterthanschaftlichen Gehorsams zu Ueber- nehmung öffentlicher Lasten, z. 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II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn.
Rücktritt in die Ausübung seiner Staatsbefugnis-
se. Wegen dieser (sede plena impedita) noth-
wendigen und wirklichen Fortdauer des Staats-
vereins, ist der an der Staatsregierung verhin-
dert gewesene Regent, in Hinsicht auf Regie-
rungshandlungen der Zwischenzeit, als Nachfol-
ger der in dieser Zeit bestandenen Zwischen-
herrschaft oder ausserordentlichen Staatsregierung
zu betrachten c).
a⁾ Diese schwierige Rechtsfrage ist, nach ihrem ganzen Umfang
betrachtet, vermischter Natur. Es kommen völkerrechtliche,
staatsrechtliche, und privatrechtliche Verhältnisse in Erwä-
gung (§. 2 u. 141 c). — In Betracht kommende Fälle sind:
Veräusserung des Staatsgebietes, ganz oder zum Theil; Ver-
äusserung des Staatsvermögens oder Staatsgutes im eigent-
lichen Sinn (§. 124), namentlich der Domänen, des Staats-
schatzes, der Staatskleinode, desgleichen der StaatsActivschul-
den (wovon Quinctiliani instit. orat. lib. V. c. 6. Pufendorf
de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 25. Westphälischer Friede,
J. P. O. art. IV. §. 47. C. G. K. A. v. Kamptz Beiträge
zum Staats- und Völkerrecht, Bd. I, Num. 9, §. 4 — 8, und
oben §. 252), auch der Staatsberechtigungen und Ansprüche;
Einziehung der StaatsActivschulden von — theils inländischen,
theils ausländischen (§. 255), wohl gar souverainen — Schuld-
nern, vor oder nach der Verfallzeit, auch dann, wenn die
Schuldbriefe fortwährend in den Händen des vertriebenen
rechtmäsigen Regenten waren (H. L. C. Euler über die Zu-
lässigkeit der AusträgalInstanz, in Absicht auf Forderungen
des Kurf. von Hessen an mehrere groſsherzogliche u. s. w.
Häuser aus Anleihen. Frankf. 1818. 4.); CautionsCapitale,
die während der Zwischenregierung von Staatsdienern wegen
des ihnen übertragenen Amtes bei der Staatscasse angelegt
worden; Verpachtung der StaatsDomainen und FinanzRega-
lien; Erzwingung unterthanschaftlichen Gehorsams zu Ueber-
nehmung öffentlicher Lasten, z. B. zu Leistung ordentlicher
oder ausserordentlicher Staatsdienste und Abgaben, zu Theil-
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