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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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Annecdoten erzählst, die gewisse Grundsätze
oder Vorurtheile lächerlich machen, oder gewisse
Stände in ein nachtheiliges Licht setzen sollen;
so siehe Dich vorher wohl um, ob niemand ge¬
genwärtig sey, der das übel aufnehmen, die¬
sen Tadel oder Spott auf sich oder seine Ver¬
wandten ziehn könnte!

Halte Dich über niemands Gestalt, Wuchs
und Bildung auf! Es steht in keines Men¬
schen Gewalt, diese zu ändern. Nichts ist
kränkender, niederschlagender und empöhren¬
der für den Mann, der unglücklicherweise eine
etwas auffallende Gesichtsbildung oder Figur
hat, als wenn er bemerkt, daß diese der Ge¬
genstand der Verspottung oder Befremdung
wird. Leuten, die ein wenig mit der großen
Welt bekannt sind, und unter Menschen von
allerley Formen und Ansehn gelebt haben, sollte
man darüber billig gar nichts mehr erinnern
dürfen; aber leider! trifft man hie und da,
selbst unter fürstlichen Personen, besonders
unter Damen, solche an, die so wenig Gewalt
über sich, oder so wenig Begriffe von Wohlan¬
ständigkeit und Billigkeit haben, daß sie die
Eindrücke, welche ein ungewöhnlicher Anblick

von
E 5

Annecdoten erzaͤhlſt, die gewiſſe Grundſaͤtze
oder Vorurtheile laͤcherlich machen, oder gewiſſe
Staͤnde in ein nachtheiliges Licht ſetzen ſollen;
ſo ſiehe Dich vorher wohl um, ob niemand ge¬
genwaͤrtig ſey, der das uͤbel aufnehmen, die¬
ſen Tadel oder Spott auf ſich oder ſeine Ver¬
wandten ziehn koͤnnte!

Halte Dich uͤber niemands Geſtalt, Wuchs
und Bildung auf! Es ſteht in keines Men¬
ſchen Gewalt, dieſe zu aͤndern. Nichts iſt
kraͤnkender, niederſchlagender und empoͤhren¬
der fuͤr den Mann, der ungluͤcklicherweiſe eine
etwas auffallende Geſichtsbildung oder Figur
hat, als wenn er bemerkt, daß dieſe der Ge¬
genſtand der Verſpottung oder Befremdung
wird. Leuten, die ein wenig mit der großen
Welt bekannt ſind, und unter Menſchen von
allerley Formen und Anſehn gelebt haben, ſollte
man daruͤber billig gar nichts mehr erinnern
duͤrfen; aber leider! trifft man hie und da,
ſelbſt unter fuͤrſtlichen Perſonen, beſonders
unter Damen, ſolche an, die ſo wenig Gewalt
uͤber ſich, oder ſo wenig Begriffe von Wohlan¬
ſtaͤndigkeit und Billigkeit haben, daß ſie die
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von
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[73/0103] Annecdoten erzaͤhlſt, die gewiſſe Grundſaͤtze oder Vorurtheile laͤcherlich machen, oder gewiſſe Staͤnde in ein nachtheiliges Licht ſetzen ſollen; ſo ſiehe Dich vorher wohl um, ob niemand ge¬ genwaͤrtig ſey, der das uͤbel aufnehmen, die¬ ſen Tadel oder Spott auf ſich oder ſeine Ver¬ wandten ziehn koͤnnte! Halte Dich uͤber niemands Geſtalt, Wuchs und Bildung auf! Es ſteht in keines Men¬ ſchen Gewalt, dieſe zu aͤndern. Nichts iſt kraͤnkender, niederſchlagender und empoͤhren¬ der fuͤr den Mann, der ungluͤcklicherweiſe eine etwas auffallende Geſichtsbildung oder Figur hat, als wenn er bemerkt, daß dieſe der Ge¬ genſtand der Verſpottung oder Befremdung wird. Leuten, die ein wenig mit der großen Welt bekannt ſind, und unter Menſchen von allerley Formen und Anſehn gelebt haben, ſollte man daruͤber billig gar nichts mehr erinnern duͤrfen; aber leider! trifft man hie und da, ſelbſt unter fuͤrſtlichen Perſonen, beſonders unter Damen, ſolche an, die ſo wenig Gewalt uͤber ſich, oder ſo wenig Begriffe von Wohlan¬ ſtaͤndigkeit und Billigkeit haben, daß ſie die Eindruͤcke, welche ein ungewoͤhnlicher Anblick von E 5

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/103>, abgerufen am 22.11.2024.