Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.von der Art auf sie macht, nicht verbergen Ausser einer sonderbaren Figur können ten
von der Art auf ſie macht, nicht verbergen Auſſer einer ſonderbaren Figur koͤnnen ten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0104" n="74"/> von der Art auf ſie macht, nicht verbergen<lb/> koͤnnen. — Das iſt ſchwach, und wenn man<lb/> noch dabey uͤberlegt, wie relativ und dem ver¬<lb/> ſchiedenen Geſchmacke unterworfen die Be¬<lb/> griffe von Schoͤnheit und Haͤßlichkeit ſind, wie<lb/> ſo wenig auf ſichre Grundſaͤtze beruhend un¬<lb/> ſre phyſiognomiſche Wiſſenſchaft iſt, und wie<lb/> oft unter einer anſcheinend haͤßlichen Larve ein<lb/> ſchoͤnes, edles, warmes, großes Herz mit ei¬<lb/> nem feinen, tiefdenkenden Kopfe ſteckt; ſo ſieht<lb/> man leicht, daß man ſehr ſelten Recht, auf<lb/> das aͤuſſere Anſehn eines Menſchen nachthei¬<lb/> lige Folgerungen zu bauen, und nie Befug¬<lb/> niß haben kann, die Eindruͤcke, welche ein ſol¬<lb/> cher Anblick etwa auf uns macht, zu jemandes<lb/> Kraͤnkung durch Lachen oder auf andre Art kund,<lb/> werden zu laſſen.</p><lb/> <p>Auſſer einer ſonderbaren Figur koͤnnen<lb/> uns aber noch andre Dinge an einem Men¬<lb/> ſchen auffallend ſeyn, zum Beyſpiel laͤcherliche,<lb/> phantaſtiſche, abgeſchmackte Gebehrden, Ma¬<lb/> nieren, Verzerrungen des Coͤrpers, Unbekannt¬<lb/> ſchaft mit gewiſſen Sitten, Unvorſichtigkeiten<lb/> im Betragen, ungewoͤhnlicher, altmodiſcher<lb/> Anzug. Es gehoͤrt nicht weniger zu einer gu¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ten<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0104]
von der Art auf ſie macht, nicht verbergen
koͤnnen. — Das iſt ſchwach, und wenn man
noch dabey uͤberlegt, wie relativ und dem ver¬
ſchiedenen Geſchmacke unterworfen die Be¬
griffe von Schoͤnheit und Haͤßlichkeit ſind, wie
ſo wenig auf ſichre Grundſaͤtze beruhend un¬
ſre phyſiognomiſche Wiſſenſchaft iſt, und wie
oft unter einer anſcheinend haͤßlichen Larve ein
ſchoͤnes, edles, warmes, großes Herz mit ei¬
nem feinen, tiefdenkenden Kopfe ſteckt; ſo ſieht
man leicht, daß man ſehr ſelten Recht, auf
das aͤuſſere Anſehn eines Menſchen nachthei¬
lige Folgerungen zu bauen, und nie Befug¬
niß haben kann, die Eindruͤcke, welche ein ſol¬
cher Anblick etwa auf uns macht, zu jemandes
Kraͤnkung durch Lachen oder auf andre Art kund,
werden zu laſſen.
Auſſer einer ſonderbaren Figur koͤnnen
uns aber noch andre Dinge an einem Men¬
ſchen auffallend ſeyn, zum Beyſpiel laͤcherliche,
phantaſtiſche, abgeſchmackte Gebehrden, Ma¬
nieren, Verzerrungen des Coͤrpers, Unbekannt¬
ſchaft mit gewiſſen Sitten, Unvorſichtigkeiten
im Betragen, ungewoͤhnlicher, altmodiſcher
Anzug. Es gehoͤrt nicht weniger zu einer gu¬
ten
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