Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

heit und Zudringlichkeit ausarte; die oft in we¬
niger als einer Stunde Frist einer ganzen, frem¬
den Tischgesellschaft im Wirthshause ihre Lebens¬
läufe abgefragt, und dagegen den ihrigen erzählt,
Dienste und Freundschaft angebothen, und
Dienste, Verwendung und Hülfe für sich erbe¬
then haben.

31.

Alle diese allgemeinen Regeln nun, und
viel mehrere noch, die ich, um mein Werk nicht
über Gebühr auszudehnen, der eigenen Einsicht
der Leser überlasse, zielen dahin, den Umgang
leicht, angenehm zu machen, und das gesellige
Leben zu erleichtern. Es kann aber Mancher
seine besondern Gründe haben, warum er sich
über einige derselben hinaussetzen will, und da ist
es denn freylich sehr billig, Jedem zu erlauben;
auf seine eigene Art seine Ruhe zu befördern.
Dringen wir niemand unsre Specifica auf! Wer
weder Gunst der Großen sucht, noch allgemei¬
nes Lob, glänzenden Ruhm und Beyfall verlangt;
Wer, seiner politischen und ökonomischen Lage
oder andrer Rücksichten wegen, nicht Ursache
hat, den Cirkel seiner Bekanntschaft zu erwei¬

tern;

heit und Zudringlichkeit ausarte; die oft in we¬
niger als einer Stunde Friſt einer ganzen, frem¬
den Tiſchgeſellſchaft im Wirthshauſe ihre Lebens¬
laͤufe abgefragt, und dagegen den ihrigen erzaͤhlt,
Dienſte und Freundſchaft angebothen, und
Dienſte, Verwendung und Huͤlfe fuͤr ſich erbe¬
then haben.

31.

Alle dieſe allgemeinen Regeln nun, und
viel mehrere noch, die ich, um mein Werk nicht
uͤber Gebuͤhr auszudehnen, der eigenen Einſicht
der Leſer uͤberlaſſe, zielen dahin, den Umgang
leicht, angenehm zu machen, und das geſellige
Leben zu erleichtern. Es kann aber Mancher
ſeine beſondern Gruͤnde haben, warum er ſich
uͤber einige derſelben hinausſetzen will, und da iſt
es denn freylich ſehr billig, Jedem zu erlauben;
auf ſeine eigene Art ſeine Ruhe zu befoͤrdern.
Dringen wir niemand unſre Specifica auf! Wer
weder Gunſt der Großen ſucht, noch allgemei¬
nes Lob, glaͤnzenden Ruhm und Beyfall verlangt;
Wer, ſeiner politiſchen und oͤkonomiſchen Lage
oder andrer Ruͤckſichten wegen, nicht Urſache
hat, den Cirkel ſeiner Bekanntſchaft zu erwei¬

tern;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0110" n="80"/>
heit und Zudringlichkeit ausarte; die oft in we¬<lb/>
niger als einer Stunde Fri&#x017F;t einer ganzen, frem¬<lb/>
den Ti&#x017F;chge&#x017F;ell&#x017F;chaft im Wirthshau&#x017F;e ihre Lebens¬<lb/>
la&#x0364;ufe abgefragt, und dagegen den ihrigen erza&#x0364;hlt,<lb/>
Dien&#x017F;te und Freund&#x017F;chaft angebothen, und<lb/>
Dien&#x017F;te, Verwendung und Hu&#x0364;lfe fu&#x0364;r &#x017F;ich erbe¬<lb/>
then haben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>31.<lb/></head>
            <p>Alle die&#x017F;e allgemeinen Regeln nun, und<lb/>
viel mehrere noch, die ich, um mein Werk nicht<lb/>
u&#x0364;ber Gebu&#x0364;hr auszudehnen, der eigenen Ein&#x017F;icht<lb/>
der Le&#x017F;er u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e, zielen dahin, den Umgang<lb/>
leicht, angenehm zu machen, und das ge&#x017F;ellige<lb/>
Leben zu erleichtern. Es kann aber Mancher<lb/>
&#x017F;eine be&#x017F;ondern Gru&#x0364;nde haben, warum er &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber einige der&#x017F;elben hinaus&#x017F;etzen will, und da i&#x017F;t<lb/>
es denn freylich &#x017F;ehr billig, Jedem zu erlauben;<lb/>
auf &#x017F;eine eigene Art &#x017F;eine Ruhe zu befo&#x0364;rdern.<lb/>
Dringen wir niemand un&#x017F;re Specifica auf! Wer<lb/>
weder Gun&#x017F;t der Großen &#x017F;ucht, noch allgemei¬<lb/>
nes Lob, gla&#x0364;nzenden Ruhm und Beyfall verlangt;<lb/>
Wer, &#x017F;einer politi&#x017F;chen und o&#x0364;konomi&#x017F;chen Lage<lb/>
oder andrer Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten wegen, nicht Ur&#x017F;ache<lb/>
hat, den Cirkel &#x017F;einer Bekannt&#x017F;chaft zu erwei¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tern;<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0110] heit und Zudringlichkeit ausarte; die oft in we¬ niger als einer Stunde Friſt einer ganzen, frem¬ den Tiſchgeſellſchaft im Wirthshauſe ihre Lebens¬ laͤufe abgefragt, und dagegen den ihrigen erzaͤhlt, Dienſte und Freundſchaft angebothen, und Dienſte, Verwendung und Huͤlfe fuͤr ſich erbe¬ then haben. 31. Alle dieſe allgemeinen Regeln nun, und viel mehrere noch, die ich, um mein Werk nicht uͤber Gebuͤhr auszudehnen, der eigenen Einſicht der Leſer uͤberlaſſe, zielen dahin, den Umgang leicht, angenehm zu machen, und das geſellige Leben zu erleichtern. Es kann aber Mancher ſeine beſondern Gruͤnde haben, warum er ſich uͤber einige derſelben hinausſetzen will, und da iſt es denn freylich ſehr billig, Jedem zu erlauben; auf ſeine eigene Art ſeine Ruhe zu befoͤrdern. Dringen wir niemand unſre Specifica auf! Wer weder Gunſt der Großen ſucht, noch allgemei¬ nes Lob, glaͤnzenden Ruhm und Beyfall verlangt; Wer, ſeiner politiſchen und oͤkonomiſchen Lage oder andrer Ruͤckſichten wegen, nicht Urſache hat, den Cirkel ſeiner Bekanntſchaft zu erwei¬ tern;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/110
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/110>, abgerufen am 23.11.2024.