von einer Frau verlangt; und wenn nun vol¬ lends Klugheit mit Welt-Erfahrung, oder gar mit Gelehrsamkeit verwechselt wird; so wäre es Unsinn, von diesen bey einem Geschlechte so viel als bey dem andern voraussetzen zu wollen. Ich fordere daher von einem Frauenzimmer einen esprit de detail, eine Feinheit, unschuldige Verschlagenheit, Behutsamkeit, einen Witz, ein Dulden, eine Nachgiebigkeit und Geduld -- lauter Stücke, die doch auch zur Klugheit gehö¬ ren! -- welche in dem Grade nicht immer das Eigenthum des männlichen Characters sind. Dagegen erwarte ich, daß der Mann zuvor¬ schauender, gefasster bey allen Vorfällen, fester, unerschütterlicher, weniger den Vorurtheilen un¬ terworfen, ausdauernder und gebildeter sey, als das Weib. Jene Frage aber war in allgemei¬ nem Sinne zu verstehn, nemlich also: Wenn einer von beyden Theilen schwach, stumpf von Organen und unwissend in manchen zum Welt¬ leben nöthigen Kenntnissen seyn sollte; würde es da besser seyn, daß der Mann, oder daß die Frau der schwächere Theil wäre? -- Ich antworte ohne Anstand; noch habe ich nie eine glückliche und weise geordnete Haushaltung ge¬
sehn,
von einer Frau verlangt; und wenn nun vol¬ lends Klugheit mit Welt-Erfahrung, oder gar mit Gelehrſamkeit verwechſelt wird; ſo waͤre es Unſinn, von dieſen bey einem Geſchlechte ſo viel als bey dem andern vorausſetzen zu wollen. Ich fordere daher von einem Frauenzimmer einen eſprit de detail, eine Feinheit, unſchuldige Verſchlagenheit, Behutſamkeit, einen Witz, ein Dulden, eine Nachgiebigkeit und Geduld — lauter Stuͤcke, die doch auch zur Klugheit gehoͤ¬ ren! — welche in dem Grade nicht immer das Eigenthum des maͤnnlichen Characters ſind. Dagegen erwarte ich, daß der Mann zuvor¬ ſchauender, gefaſſter bey allen Vorfaͤllen, feſter, unerſchuͤtterlicher, weniger den Vorurtheilen un¬ terworfen, ausdauernder und gebildeter ſey, als das Weib. Jene Frage aber war in allgemei¬ nem Sinne zu verſtehn, nemlich alſo: Wenn einer von beyden Theilen ſchwach, ſtumpf von Organen und unwiſſend in manchen zum Welt¬ leben noͤthigen Kenntniſſen ſeyn ſollte; wuͤrde es da beſſer ſeyn, daß der Mann, oder daß die Frau der ſchwaͤchere Theil waͤre? — Ich antworte ohne Anſtand; noch habe ich nie eine gluͤckliche und weiſe geordnete Haushaltung ge¬
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von einer Frau verlangt; und wenn nun vol¬
lends Klugheit mit Welt-Erfahrung, oder gar
mit Gelehrſamkeit verwechſelt wird; ſo waͤre es
Unſinn, von dieſen bey einem Geſchlechte ſo
viel als bey dem andern vorausſetzen zu wollen.
Ich fordere daher von einem Frauenzimmer
einen eſprit de detail, eine Feinheit, unſchuldige
Verſchlagenheit, Behutſamkeit, einen Witz, ein
Dulden, eine Nachgiebigkeit und Geduld —
lauter Stuͤcke, die doch auch zur Klugheit gehoͤ¬
ren! — welche in dem Grade nicht immer das
Eigenthum des maͤnnlichen Characters ſind.
Dagegen erwarte ich, daß der Mann zuvor¬
ſchauender, gefaſſter bey allen Vorfaͤllen, feſter,
unerſchuͤtterlicher, weniger den Vorurtheilen un¬
terworfen, ausdauernder und gebildeter ſey, als
das Weib. Jene Frage aber war in allgemei¬
nem Sinne zu verſtehn, nemlich alſo: Wenn
einer von beyden Theilen ſchwach, ſtumpf von
Organen und unwiſſend in manchen zum Welt¬
leben noͤthigen Kenntniſſen ſeyn ſollte; wuͤrde
es da beſſer ſeyn, daß der Mann, oder daß
die Frau der ſchwaͤchere Theil waͤre? — Ich
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/176>, abgerufen am 30.11.2024.
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