sehn, in welcher die Frau die entschiedene Al¬ leinherrschaft gehabt hätte. Es geht in einem Hause, wo ein Mann von mittelmäßigen Fä¬ higkeiten das Regiment führt, größtentheils immer noch besser her, als in einer, wo eine kluge Frau ausschließlich Herr ist. Es kann vielleicht Ausnahmen davon geben; allein ich kenne deren keine. Es versteht sich aber, daß hier nicht von der feinern Herrschaft über das Herz eines edlen Gatten die Rede ist; wer wird diese nicht gern einem klugen Weibe ein¬ räumen? welcher verständige Mann wird nicht fühlen, daß er oft sanfter Zurechtweisung be darf? Jene ausschließliche Herrschaft hingegen scheint der Bestimmung der Natur zuwider. Schwächerer Cörperbau; eingepflanzte Nei¬ gung zu weniger dauerhaften Freuden; Lau¬ nen aller Art, die den Verstand oft in den ent¬ scheidendsten Augenblicken fesseln; Erziehung; und endlich bürgerliche Verfassung, welche die Verantwortung des Hausregiments allein auf den Mann wälzt; das alles bestimmt laut die Gattinn, Schutz zu suchen, und legt dem Gat¬ ten die Pflicht auf, zu schützen. Nun ist aber doch nichts lächerlicher, als wenn der Weisere
und
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ſehn, in welcher die Frau die entſchiedene Al¬ leinherrſchaft gehabt haͤtte. Es geht in einem Hauſe, wo ein Mann von mittelmaͤßigen Faͤ¬ higkeiten das Regiment fuͤhrt, groͤßtentheils immer noch beſſer her, als in einer, wo eine kluge Frau ausſchließlich Herr iſt. Es kann vielleicht Ausnahmen davon geben; allein ich kenne deren keine. Es verſteht ſich aber, daß hier nicht von der feinern Herrſchaft uͤber das Herz eines edlen Gatten die Rede iſt; wer wird dieſe nicht gern einem klugen Weibe ein¬ raͤumen? welcher verſtaͤndige Mann wird nicht fuͤhlen, daß er oft ſanfter Zurechtweiſung be darf? Jene ausſchließliche Herrſchaft hingegen ſcheint der Beſtimmung der Natur zuwider. Schwaͤcherer Coͤrperbau; eingepflanzte Nei¬ gung zu weniger dauerhaften Freuden; Lau¬ nen aller Art, die den Verſtand oft in den ent¬ ſcheidendſten Augenblicken feſſeln; Erziehung; und endlich buͤrgerliche Verfaſſung, welche die Verantwortung des Hausregiments allein auf den Mann waͤlzt; das alles beſtimmt laut die Gattinn, Schutz zu ſuchen, und legt dem Gat¬ ten die Pflicht auf, zu ſchuͤtzen. Nun iſt aber doch nichts laͤcherlicher, als wenn der Weiſere
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ſehn, in welcher die Frau die entſchiedene Al¬
leinherrſchaft gehabt haͤtte. Es geht in einem
Hauſe, wo ein Mann von mittelmaͤßigen Faͤ¬
higkeiten das Regiment fuͤhrt, groͤßtentheils
immer noch beſſer her, als in einer, wo eine
kluge Frau ausſchließlich Herr iſt. Es kann
vielleicht Ausnahmen davon geben; allein ich
kenne deren keine. Es verſteht ſich aber, daß
hier nicht von der feinern Herrſchaft uͤber das
Herz eines edlen Gatten die Rede iſt; wer
wird dieſe nicht gern einem klugen Weibe ein¬
raͤumen? welcher verſtaͤndige Mann wird nicht
fuͤhlen, daß er oft ſanfter Zurechtweiſung be
darf? Jene ausſchließliche Herrſchaft hingegen
ſcheint der Beſtimmung der Natur zuwider.
Schwaͤcherer Coͤrperbau; eingepflanzte Nei¬
gung zu weniger dauerhaften Freuden; Lau¬
nen aller Art, die den Verſtand oft in den ent¬
ſcheidendſten Augenblicken feſſeln; Erziehung;
und endlich buͤrgerliche Verfaſſung, welche die
Verantwortung des Hausregiments allein auf
den Mann waͤlzt; das alles beſtimmt laut die
Gattinn, Schutz zu ſuchen, und legt dem Gat¬
ten die Pflicht auf, zu ſchuͤtzen. Nun iſt aber
doch nichts laͤcherlicher, als wenn der Weiſere
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/177>, abgerufen am 30.11.2024.
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