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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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"Uhr für die Schäferstunde zurückstellen.
"Bey allen diesen conventionellen Gaukeleyen
"aber empfinden dergleichen Leute gar nichts,
"lachen, wenn sie allein sind, des Possenspiels,
"so sie mit einander treiben, können voraus
"calculieren, wie weit sie morgen und übermor¬
"gen mit ihrem Geschäfte kommen müssen, und
"werden dick und fett bey ihrer Liebespein."

"Ganz anders aber ist es mit einem Paar
"unschuldigen Herzen, die, zum erstenmal vom
"wohlthätigen Feuer der Liebe erwärmt, so gern
"ihren süßen, schuldlosen Gefühlen Luft ma¬
"chen mögten, und immer nicht Muth fassen
"können, mit Worten zu sagen, was Augen
"und Gebehrden oft schon so deutlich gesagt
"und beantwortet haben. Der Jüngling sieht
"die Geliebte zärtlich an; sie erröthet; ihr
"Blick wird unruhig, unstät, wenn Er mit ei¬
"nem andern Mädgen zu viel und zu freund¬
"lich redet; sein Auge mögte zürnen, er mögte
"gleichgültig vor ihr vorbeyblicken, wenn sie ei¬
"nem Andern vertraulich etwas in das Ohr ge¬
"sagt hat; man fühlt den Vorwurf, giebt au¬
"genblickliche Genugthuung, bricht plötzlich
"und fast unhöflich das Gespräch ab, welches

"den
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„Uhr fuͤr die Schaͤferſtunde zuruͤckſtellen.
„Bey allen dieſen conventionellen Gaukeleyen
„aber empfinden dergleichen Leute gar nichts,
„lachen, wenn ſie allein ſind, des Poſſenſpiels,
„ſo ſie mit einander treiben, koͤnnen voraus
„calculieren, wie weit ſie morgen und uͤbermor¬
„gen mit ihrem Geſchaͤfte kommen muͤſſen, und
„werden dick und fett bey ihrer Liebespein.“

„Ganz anders aber iſt es mit einem Paar
„unſchuldigen Herzen, die, zum erſtenmal vom
„wohlthaͤtigen Feuer der Liebe erwaͤrmt, ſo gern
„ihren ſuͤßen, ſchuldloſen Gefuͤhlen Luft ma¬
„chen moͤgten, und immer nicht Muth faſſen
„koͤnnen, mit Worten zu ſagen, was Augen
„und Gebehrden oft ſchon ſo deutlich geſagt
„und beantwortet haben. Der Juͤngling ſieht
„die Geliebte zaͤrtlich an; ſie erroͤthet; ihr
„Blick wird unruhig, unſtaͤt, wenn Er mit ei¬
„nem andern Maͤdgen zu viel und zu freund¬
„lich redet; ſein Auge moͤgte zuͤrnen, er moͤgte
„gleichguͤltig vor ihr vorbeyblicken, wenn ſie ei¬
„nem Andern vertraulich etwas in das Ohr ge¬
„ſagt hat; man fuͤhlt den Vorwurf, giebt au¬
„genblickliche Genugthuung, bricht ploͤtzlich
„und faſt unhoͤflich das Geſpraͤch ab, welches

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[165/0195] „Uhr fuͤr die Schaͤferſtunde zuruͤckſtellen. „Bey allen dieſen conventionellen Gaukeleyen „aber empfinden dergleichen Leute gar nichts, „lachen, wenn ſie allein ſind, des Poſſenſpiels, „ſo ſie mit einander treiben, koͤnnen voraus „calculieren, wie weit ſie morgen und uͤbermor¬ „gen mit ihrem Geſchaͤfte kommen muͤſſen, und „werden dick und fett bey ihrer Liebespein.“ „Ganz anders aber iſt es mit einem Paar „unſchuldigen Herzen, die, zum erſtenmal vom „wohlthaͤtigen Feuer der Liebe erwaͤrmt, ſo gern „ihren ſuͤßen, ſchuldloſen Gefuͤhlen Luft ma¬ „chen moͤgten, und immer nicht Muth faſſen „koͤnnen, mit Worten zu ſagen, was Augen „und Gebehrden oft ſchon ſo deutlich geſagt „und beantwortet haben. Der Juͤngling ſieht „die Geliebte zaͤrtlich an; ſie erroͤthet; ihr „Blick wird unruhig, unſtaͤt, wenn Er mit ei¬ „nem andern Maͤdgen zu viel und zu freund¬ „lich redet; ſein Auge moͤgte zuͤrnen, er moͤgte „gleichguͤltig vor ihr vorbeyblicken, wenn ſie ei¬ „nem Andern vertraulich etwas in das Ohr ge¬ „ſagt hat; man fuͤhlt den Vorwurf, giebt au¬ „genblickliche Genugthuung, bricht ploͤtzlich „und faſt unhoͤflich das Geſpraͤch ab, welches „den L 3

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/195>, abgerufen am 23.11.2024.