Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

man sich gesetzt hat, und ein grader, fester, red¬
licher und verständiger Mann pflegt, selbst von
ausschweifenden, ungesitteten Leuten, respectirt
und geschont zu werden.

Ueberhaupt aber rathe ich, im Reden und
Handeln gegen Officiers vorsichtig zu seyn.
Das Vorurtheil von übel verstandener Ehre,
das in den mehrsten Armeen, vorzüglich in der
französischen, herrschend ist, und das von man¬
cher andern Seite einen Nutzen stiften kann,
der hier zu weitläuftig zu entwickeln seyn würde,
befiehlt dem Officier, auch nicht das kleinste
zweydeutige Wörtgen, so ihm gesagt wird, hin¬
zunehmen, ohne Genugthuung durch Waffen
zu fordern, und da hat denn vielmals ein Aus¬
druck, den man sich im gemeinen Leben erlauben
dürfte, für ihn einen beleidigenden Sinn. Man
darf, zum Beyspiel, wohl sagen: "das war
doch nicht gut" aber keineswegs: "das war
schlecht von Ihnen" und doch muß das, was
nicht gut ist, nothwendig schlecht seyn. Mit
dieser Sprache der Uebereinkunft soll man sich
also auch bekannt machen, wenn man mit Perso¬
nen, denen dieselbe Gesetze auflegt, umgehn will.

Daß

man ſich geſetzt hat, und ein grader, feſter, red¬
licher und verſtaͤndiger Mann pflegt, ſelbſt von
ausſchweifenden, ungeſitteten Leuten, reſpectirt
und geſchont zu werden.

Ueberhaupt aber rathe ich, im Reden und
Handeln gegen Officiers vorſichtig zu ſeyn.
Das Vorurtheil von uͤbel verſtandener Ehre,
das in den mehrſten Armeen, vorzuͤglich in der
franzoͤſiſchen, herrſchend iſt, und das von man¬
cher andern Seite einen Nutzen ſtiften kann,
der hier zu weitlaͤuftig zu entwickeln ſeyn wuͤrde,
befiehlt dem Officier, auch nicht das kleinſte
zweydeutige Woͤrtgen, ſo ihm geſagt wird, hin¬
zunehmen, ohne Genugthuung durch Waffen
zu fordern, und da hat denn vielmals ein Aus¬
druck, den man ſich im gemeinen Leben erlauben
duͤrfte, fuͤr ihn einen beleidigenden Sinn. Man
darf, zum Beyſpiel, wohl ſagen: „das war
doch nicht gut“ aber keineswegs: „das war
ſchlecht von Ihnen“ und doch muß das, was
nicht gut iſt, nothwendig ſchlecht ſeyn. Mit
dieſer Sprache der Uebereinkunft ſoll man ſich
alſo auch bekannt machen, wenn man mit Perſo¬
nen, denen dieſelbe Geſetze auflegt, umgehn will.

Daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0145" n="123"/>
man &#x017F;ich ge&#x017F;etzt hat, und ein grader, fe&#x017F;ter, red¬<lb/>
licher und ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Mann pflegt, &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
aus&#x017F;chweifenden, unge&#x017F;itteten Leuten, re&#x017F;pectirt<lb/>
und ge&#x017F;chont zu werden.</p><lb/>
            <p>Ueberhaupt aber rathe ich, im Reden und<lb/>
Handeln gegen Officiers vor&#x017F;ichtig zu &#x017F;eyn.<lb/>
Das Vorurtheil von u&#x0364;bel ver&#x017F;tandener Ehre,<lb/>
das in den mehr&#x017F;ten Armeen, vorzu&#x0364;glich in der<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, herr&#x017F;chend i&#x017F;t, und das von man¬<lb/>
cher andern Seite einen Nutzen &#x017F;tiften kann,<lb/>
der hier zu weitla&#x0364;uftig zu entwickeln &#x017F;eyn wu&#x0364;rde,<lb/>
befiehlt dem Officier, auch nicht das klein&#x017F;te<lb/>
zweydeutige Wo&#x0364;rtgen, &#x017F;o ihm ge&#x017F;agt wird, hin¬<lb/>
zunehmen, ohne Genugthuung durch Waffen<lb/>
zu fordern, und da hat denn vielmals ein Aus¬<lb/>
druck, den man &#x017F;ich im gemeinen Leben erlauben<lb/>
du&#x0364;rfte, fu&#x0364;r ihn einen beleidigenden Sinn. Man<lb/>
darf, zum Bey&#x017F;piel, wohl &#x017F;agen: &#x201E;das war<lb/>
doch <hi rendition="#fr">nicht gut</hi>&#x201C; aber keineswegs: &#x201E;das war<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chlecht</hi> von Ihnen&#x201C; und doch muß das, was<lb/><hi rendition="#fr">nicht gut</hi> i&#x017F;t, nothwendig <hi rendition="#fr">&#x017F;chlecht</hi> &#x017F;eyn. Mit<lb/>
die&#x017F;er Sprache der Uebereinkunft &#x017F;oll man &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o auch bekannt machen, wenn man mit Per&#x017F;<lb/>
nen, denen die&#x017F;elbe Ge&#x017F;etze auflegt, umgehn will.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Daß<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0145] man ſich geſetzt hat, und ein grader, feſter, red¬ licher und verſtaͤndiger Mann pflegt, ſelbſt von ausſchweifenden, ungeſitteten Leuten, reſpectirt und geſchont zu werden. Ueberhaupt aber rathe ich, im Reden und Handeln gegen Officiers vorſichtig zu ſeyn. Das Vorurtheil von uͤbel verſtandener Ehre, das in den mehrſten Armeen, vorzuͤglich in der franzoͤſiſchen, herrſchend iſt, und das von man¬ cher andern Seite einen Nutzen ſtiften kann, der hier zu weitlaͤuftig zu entwickeln ſeyn wuͤrde, befiehlt dem Officier, auch nicht das kleinſte zweydeutige Woͤrtgen, ſo ihm geſagt wird, hin¬ zunehmen, ohne Genugthuung durch Waffen zu fordern, und da hat denn vielmals ein Aus¬ druck, den man ſich im gemeinen Leben erlauben duͤrfte, fuͤr ihn einen beleidigenden Sinn. Man darf, zum Beyſpiel, wohl ſagen: „das war doch nicht gut“ aber keineswegs: „das war ſchlecht von Ihnen“ und doch muß das, was nicht gut iſt, nothwendig ſchlecht ſeyn. Mit dieſer Sprache der Uebereinkunft ſoll man ſich alſo auch bekannt machen, wenn man mit Perſo¬ nen, denen dieſelbe Geſetze auflegt, umgehn will. Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/145
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/145>, abgerufen am 09.11.2024.