oder daß dem warmen Beförderer des Guten unübersteigliche Hindernisse in den Weg gelegt wären, bevor man das Recht haben dürfte, sich einen vom Staate nicht sancierten, geheimen, besondern Würkungskreis zu schaffen. Wohlthä¬ tigkeit bedarf keiner mysteriosen Hülle; Freund¬ schaft muß auf freye Wahl beruhn, und Gesel¬ ligkeit braucht nicht durch geheime Wege beför¬ dert zu werden.
Allein diese geheimen Verbindungen sind auch schädlich für die Welt. Schädlich, weil alles, was im Verborgenen geschieht, mit Recht in Verdacht gezogen werden kann; weil die Vor¬ steher der bürgerlichen Gesellschaft die Befugniß haben, von dem Zwecke jeder Thätigkeit, zu welcher sich Mehrere vereinigen, sich unterrich¬ ten zu lassen; weil sonst unter dem Schleyer der Verborgenheit eben so wohl gefährliche Plane und schädliche Lehren, als edle Absichten und weise Kenntnisse versteckt seyn können; weil selbst nicht alle Mitglieder von solchen verderb¬ lichen Absichten, die man zuweilen hinter der schönsten Aussenseite zu verhüllen pflegt, unter¬ richtet sind; weil nur mittelmäßige Genies sich in diesen Schraubestock einzwängen lassen, die
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oder daß dem warmen Befoͤrderer des Guten unuͤberſteigliche Hinderniſſe in den Weg gelegt waͤren, bevor man das Recht haben duͤrfte, ſich einen vom Staate nicht ſancierten, geheimen, beſondern Wuͤrkungskreis zu ſchaffen. Wohlthaͤ¬ tigkeit bedarf keiner myſterioſen Huͤlle; Freund¬ ſchaft muß auf freye Wahl beruhn, und Geſel¬ ligkeit braucht nicht durch geheime Wege befoͤr¬ dert zu werden.
Allein dieſe geheimen Verbindungen ſind auch ſchaͤdlich fuͤr die Welt. Schaͤdlich, weil alles, was im Verborgenen geſchieht, mit Recht in Verdacht gezogen werden kann; weil die Vor¬ ſteher der buͤrgerlichen Geſellſchaft die Befugniß haben, von dem Zwecke jeder Thaͤtigkeit, zu welcher ſich Mehrere vereinigen, ſich unterrich¬ ten zu laſſen; weil ſonſt unter dem Schleyer der Verborgenheit eben ſo wohl gefaͤhrliche Plane und ſchaͤdliche Lehren, als edle Abſichten und weiſe Kenntniſſe verſteckt ſeyn koͤnnen; weil ſelbſt nicht alle Mitglieder von ſolchen verderb¬ lichen Abſichten, die man zuweilen hinter der ſchoͤnſten Auſſenſeite zu verhuͤllen pflegt, unter¬ richtet ſind; weil nur mittelmaͤßige Genies ſich in dieſen Schraubeſtock einzwaͤngen laſſen, die
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oder daß dem warmen Befoͤrderer des Guten
unuͤberſteigliche Hinderniſſe in den Weg gelegt
waͤren, bevor man das Recht haben duͤrfte, ſich
einen vom Staate nicht ſancierten, geheimen,
beſondern Wuͤrkungskreis zu ſchaffen. Wohlthaͤ¬
tigkeit bedarf keiner myſterioſen Huͤlle; Freund¬
ſchaft muß auf freye Wahl beruhn, und Geſel¬
ligkeit braucht nicht durch geheime Wege befoͤr¬
dert zu werden.
Allein dieſe geheimen Verbindungen ſind
auch ſchaͤdlich fuͤr die Welt. Schaͤdlich, weil
alles, was im Verborgenen geſchieht, mit Recht
in Verdacht gezogen werden kann; weil die Vor¬
ſteher der buͤrgerlichen Geſellſchaft die Befugniß
haben, von dem Zwecke jeder Thaͤtigkeit, zu
welcher ſich Mehrere vereinigen, ſich unterrich¬
ten zu laſſen; weil ſonſt unter dem Schleyer
der Verborgenheit eben ſo wohl gefaͤhrliche
Plane und ſchaͤdliche Lehren, als edle Abſichten
und weiſe Kenntniſſe verſteckt ſeyn koͤnnen; weil
ſelbſt nicht alle Mitglieder von ſolchen verderb¬
lichen Abſichten, die man zuweilen hinter der
ſchoͤnſten Auſſenſeite zu verhuͤllen pflegt, unter¬
richtet ſind; weil nur mittelmaͤßige Genies ſich
in dieſen Schraubeſtock einzwaͤngen laſſen, die
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/191>, abgerufen am 23.11.2024.
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