ob der Mann, dem Du helfen kannst, selbst an seinem Unglücke Schuld sey, oder nicht! Wer in der Welt würde ganz unschuldig an den Lei¬ den, die ihn treffen, befunden werden, wenn man alles so strenge untersuchen wollte? Willst oder kannst Du aber gar nichts, oder nur wenig geben; so brauche keine leere Ausflüchte! Laß den Armen nicht durch Deine Bedienten unter allerley Vorwande wiederbestellen, oder vertrö¬ sten! Am wenigsten aber erlaube Dir, etwa zu Rechtfertigung Deiner Hartherzigkeit, Grob¬ heiten, beleidigende Strafpredigten gegen Den, dessen Bitte Du abzuschlagen entschlossen bist; sondern sprich den Mann selbst, und sage ihm kurz und menschenfreundlich, warum Du nicht geben kannst, nicht geben willst! Thue auch auf das erste Wort, was zu thun vernünftig und gut ist, und warte nicht darauf, daß man durch wiederholtes Betteln Dein Herz erweiche! Gieb aber nicht als ein Verschwender, sondern laß Deine Wohlthaten von der Gerechtigkeit ge¬ gen Dich und Andre geordnet werden, und ver¬ schleudre nicht an den Landläufer, Bettler von Handwerke und Faullenzer, was Du dem hülf¬ losen Alter, der Gebrechlichkeit und dem durch
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ob der Mann, dem Du helfen kannſt, ſelbſt an ſeinem Ungluͤcke Schuld ſey, oder nicht! Wer in der Welt wuͤrde ganz unſchuldig an den Lei¬ den, die ihn treffen, befunden werden, wenn man alles ſo ſtrenge unterſuchen wollte? Willſt oder kannſt Du aber gar nichts, oder nur wenig geben; ſo brauche keine leere Ausfluͤchte! Laß den Armen nicht durch Deine Bedienten unter allerley Vorwande wiederbeſtellen, oder vertroͤ¬ ſten! Am wenigſten aber erlaube Dir, etwa zu Rechtfertigung Deiner Hartherzigkeit, Grob¬ heiten, beleidigende Strafpredigten gegen Den, deſſen Bitte Du abzuſchlagen entſchloſſen biſt; ſondern ſprich den Mann ſelbſt, und ſage ihm kurz und menſchenfreundlich, warum Du nicht geben kannſt, nicht geben willſt! Thue auch auf das erſte Wort, was zu thun vernuͤnftig und gut iſt, und warte nicht darauf, daß man durch wiederholtes Betteln Dein Herz erweiche! Gieb aber nicht als ein Verſchwender, ſondern laß Deine Wohlthaten von der Gerechtigkeit ge¬ gen Dich und Andre geordnet werden, und ver¬ ſchleudre nicht an den Landlaͤufer, Bettler von Handwerke und Faullenzer, was Du dem huͤlf¬ loſen Alter, der Gebrechlichkeit und dem durch
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in der Welt wuͤrde ganz unſchuldig an den Lei¬
den, die ihn treffen, befunden werden, wenn
man alles ſo ſtrenge unterſuchen wollte? Willſt
oder kannſt Du aber gar nichts, oder nur wenig
geben; ſo brauche keine leere Ausfluͤchte! Laß
den Armen nicht durch Deine Bedienten unter
allerley Vorwande wiederbeſtellen, oder vertroͤ¬
ſten! Am wenigſten aber erlaube Dir, etwa zu
Rechtfertigung Deiner Hartherzigkeit, Grob¬
heiten, beleidigende Strafpredigten gegen Den,
deſſen Bitte Du abzuſchlagen entſchloſſen biſt;
ſondern ſprich den Mann ſelbſt, und ſage ihm
kurz und menſchenfreundlich, warum Du nicht
geben kannſt, nicht geben willſt! Thue auch
auf das erſte Wort, was zu thun vernuͤnftig
und gut iſt, und warte nicht darauf, daß man
durch wiederholtes Betteln Dein Herz erweiche!
Gieb aber nicht als ein Verſchwender, ſondern
laß Deine Wohlthaten von der Gerechtigkeit ge¬
gen Dich und Andre geordnet werden, und ver¬
ſchleudre nicht an den Landlaͤufer, Bettler von
Handwerke und Faullenzer, was Du dem huͤlf¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/211>, abgerufen am 21.11.2024.
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