Zanke, um eine Art von Triumpf über furcht¬ same Leute zu gewinnen, über Leute, die wenig¬ stens noch feiger sind als sie, oder, wenn sie mit dem Degen umzugehn wissen, ihren fal¬ schen Muth in einem thörichten Zweykampfe zu offenbaren.
In dem Umgange mit allen diesen Leuten rathe ich die unüberwindlichste Kaltblütigkeit an, und daß man sich durchaus nicht in Hitze brin¬ gen lasse. Mit Denen von der erstern Gattung lasse man sich in gar keinen Streit ein, sondern breche gleich das Gespräch ab, sobald sie aus Muthwillen anfangen, zu wiedersprechen! Das ist das einzige Mittel, ihrem Disputirgeiste, wenigstens gegen uns, Schranken zu setzen, und viel unnütze Worte zu sparen. Denen von der zweyten Gattung kann man je zuweilen die Freude machen, ihre Paradoxien ein wenig zu bekämpfen, oder noch besser, zu persifflieren. Die Letztern aber müssen viel ernsthafter behan¬ delt werden. Kann man ihre Gesellschaft nicht vermeiden; kann man in derselben, durch ein entfernendes, fremdes Betragen, sie sich nicht vom Leibe halten, ihren Grobheiten nicht aus¬
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Zanke, um eine Art von Triumpf uͤber furcht¬ ſame Leute zu gewinnen, uͤber Leute, die wenig¬ ſtens noch feiger ſind als ſie, oder, wenn ſie mit dem Degen umzugehn wiſſen, ihren fal¬ ſchen Muth in einem thoͤrichten Zweykampfe zu offenbaren.
In dem Umgange mit allen dieſen Leuten rathe ich die unuͤberwindlichſte Kaltbluͤtigkeit an, und daß man ſich durchaus nicht in Hitze brin¬ gen laſſe. Mit Denen von der erſtern Gattung laſſe man ſich in gar keinen Streit ein, ſondern breche gleich das Geſpraͤch ab, ſobald ſie aus Muthwillen anfangen, zu wiederſprechen! Das iſt das einzige Mittel, ihrem Disputirgeiſte, wenigſtens gegen uns, Schranken zu ſetzen, und viel unnuͤtze Worte zu ſparen. Denen von der zweyten Gattung kann man je zuweilen die Freude machen, ihre Paradoxien ein wenig zu bekaͤmpfen, oder noch beſſer, zu perſifflieren. Die Letztern aber muͤſſen viel ernſthafter behan¬ delt werden. Kann man ihre Geſellſchaft nicht vermeiden; kann man in derſelben, durch ein entfernendes, fremdes Betragen, ſie ſich nicht vom Leibe halten, ihren Grobheiten nicht aus¬
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Zanke, um eine Art von Triumpf uͤber furcht¬
ſame Leute zu gewinnen, uͤber Leute, die wenig¬
ſtens noch feiger ſind als ſie, oder, wenn ſie
mit dem Degen umzugehn wiſſen, ihren fal¬
ſchen Muth in einem thoͤrichten Zweykampfe
zu offenbaren.
In dem Umgange mit allen dieſen Leuten
rathe ich die unuͤberwindlichſte Kaltbluͤtigkeit an,
und daß man ſich durchaus nicht in Hitze brin¬
gen laſſe. Mit Denen von der erſtern Gattung
laſſe man ſich in gar keinen Streit ein, ſondern
breche gleich das Geſpraͤch ab, ſobald ſie aus
Muthwillen anfangen, zu wiederſprechen! Das
iſt das einzige Mittel, ihrem Disputirgeiſte,
wenigſtens gegen uns, Schranken zu ſetzen,
und viel unnuͤtze Worte zu ſparen. Denen von
der zweyten Gattung kann man je zuweilen die
Freude machen, ihre Paradoxien ein wenig zu
bekaͤmpfen, oder noch beſſer, zu perſifflieren.
Die Letztern aber muͤſſen viel ernſthafter behan¬
delt werden. Kann man ihre Geſellſchaft nicht
vermeiden; kann man in derſelben, durch ein
entfernendes, fremdes Betragen, ſie ſich nicht
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/236>, abgerufen am 09.11.2024.
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