In einem Buche über den Umgang mit Men¬ schen scheint wohl freylich ein Capittel über die Art, mit Thieren umzugehn, nicht an seinem Platze. Allein, was ich hierüber zu sagen habe, ist so wenig, und hat doch im Ganzen so viel Bezug auf das gesellschaftliche Leben überhaupt, daß ich hoffen darf, man wird mir diese kleine Ausschweifung gütigst verzeyhn.
2.
Der Gerechte erbarmet sich auch seines Viehes -- Das ist ein vortreflicher Spruch! ja! der edle, der gerechte Mann martert kein lebendiges We¬ sen. Wenn doch die hartherzigen, grausamen, oder, um billiger zu urtheilen, zum Theil nur leichtsinnigen, verwilderten Menschen, deren Augen sich an der Quaal eines rastlos umher¬ getriebenen Hirsches, oder an der Todesangst eines in dem Schauplatze der Barbarey auf den Tod gehetzten Viehes weiden können; wenn die
Un¬
Zwoͤlftes Capittel.
Ueber die Art, mit Thieren umzugehn.
1.
In einem Buche uͤber den Umgang mit Men¬ ſchen ſcheint wohl freylich ein Capittel uͤber die Art, mit Thieren umzugehn, nicht an ſeinem Platze. Allein, was ich hieruͤber zu ſagen habe, iſt ſo wenig, und hat doch im Ganzen ſo viel Bezug auf das geſellſchaftliche Leben uͤberhaupt, daß ich hoffen darf, man wird mir dieſe kleine Ausſchweifung guͤtigſt verzeyhn.
2.
Der Gerechte erbarmet ſich auch ſeines Viehes — Das iſt ein vortreflicher Spruch! ja! der edle, der gerechte Mann martert kein lebendiges We¬ ſen. Wenn doch die hartherzigen, grauſamen, oder, um billiger zu urtheilen, zum Theil nur leichtſinnigen, verwilderten Menſchen, deren Augen ſich an der Quaal eines raſtlos umher¬ getriebenen Hirſches, oder an der Todesangſt eines in dem Schauplatze der Barbarey auf den Tod gehetzten Viehes weiden koͤnnen; wenn die
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Zwoͤlftes Capittel.
Ueber die Art, mit Thieren umzugehn.
1.
In einem Buche uͤber den Umgang mit Men¬
ſchen ſcheint wohl freylich ein Capittel uͤber die
Art, mit Thieren umzugehn, nicht an ſeinem
Platze. Allein, was ich hieruͤber zu ſagen habe,
iſt ſo wenig, und hat doch im Ganzen ſo viel
Bezug auf das geſellſchaftliche Leben uͤberhaupt,
daß ich hoffen darf, man wird mir dieſe kleine
Ausſchweifung guͤtigſt verzeyhn.
2.
Der Gerechte erbarmet ſich auch ſeines Viehes
— Das iſt ein vortreflicher Spruch! ja! der edle,
der gerechte Mann martert kein lebendiges We¬
ſen. Wenn doch die hartherzigen, grauſamen,
oder, um billiger zu urtheilen, zum Theil nur
leichtſinnigen, verwilderten Menſchen, deren
Augen ſich an der Quaal eines raſtlos umher¬
getriebenen Hirſches, oder an der Todesangſt
eines in dem Schauplatze der Barbarey auf den
Tod gehetzten Viehes weiden koͤnnen; wenn die
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/316>, abgerufen am 21.11.2024.
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