oft erkaufen muß! Ich begreife es wohl, diese Sucht, ein großer Mann zu seyn, ist bey dem innern Gefühle von Kraft und wahrem Werthe schwer abzulegen. Wenn man so unter mittel¬ mäßigen Geschöpfen lebt, und sieht, wie wenig Diese erkennen und schätzen, was in uns ist, wie wenig man über sie vermag, wie die elen¬ desten Pinsel, die alles im Schlafe erlangen, aus ihrer Herrlichkeit herunterblicken -- Ja! es ist wohl freylich hart! -- Du versuchst es in allen Fächern; Im Staate geht es nicht; Du willst in Deinem Hause groß seyn; aber es fehlt Dir an Gelde, an dem Beystande Deines Wei¬ bes; Deine Laune wird von häuslichen Sorgen niedergedrückt; und so geht denn alles den Wer¬ keltags-Gang; Du empfindest tief, wie so alles in Dir zu Grunde geht; Du kannst Dich durch¬ aus nicht entschliessen, ein gemeiner Kerl zu werden, in der Fuhrmanns-Gleise fortzuziehn -- Das alles fühle ich mit Dir; Allein verliehre doch darum nicht den Muth, den Glauben an Dich selbst und an die Vorsehung! Gott be¬ wahre Dich vor diesem vernichtenden Unglücke! Es giebt eine Größe -- und wer die erreichen kann, der steht hoch über Alle -- Diese Größe
ist
(Zweiter Th.) U
oft erkaufen muß! Ich begreife es wohl, dieſe Sucht, ein großer Mann zu ſeyn, iſt bey dem innern Gefuͤhle von Kraft und wahrem Werthe ſchwer abzulegen. Wenn man ſo unter mittel¬ maͤßigen Geſchoͤpfen lebt, und ſieht, wie wenig Dieſe erkennen und ſchaͤtzen, was in uns iſt, wie wenig man uͤber ſie vermag, wie die elen¬ deſten Pinſel, die alles im Schlafe erlangen, aus ihrer Herrlichkeit herunterblicken — Ja! es iſt wohl freylich hart! — Du verſuchſt es in allen Faͤchern; Im Staate geht es nicht; Du willſt in Deinem Hauſe groß ſeyn; aber es fehlt Dir an Gelde, an dem Beyſtande Deines Wei¬ bes; Deine Laune wird von haͤuslichen Sorgen niedergedruͤckt; und ſo geht denn alles den Wer¬ keltags-Gang; Du empfindeſt tief, wie ſo alles in Dir zu Grunde geht; Du kannſt Dich durch¬ aus nicht entſchlieſſen, ein gemeiner Kerl zu werden, in der Fuhrmanns-Gleiſe fortzuziehn — Das alles fuͤhle ich mit Dir; Allein verliehre doch darum nicht den Muth, den Glauben an Dich ſelbſt und an die Vorſehung! Gott be¬ wahre Dich vor dieſem vernichtenden Ungluͤcke! Es giebt eine Groͤße — und wer die erreichen kann, der ſteht hoch uͤber Alle — Dieſe Groͤße
iſt
(Zweiter Th.) U
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oft erkaufen muß! Ich begreife es wohl, dieſe
Sucht, ein großer Mann zu ſeyn, iſt bey dem
innern Gefuͤhle von Kraft und wahrem Werthe
ſchwer abzulegen. Wenn man ſo unter mittel¬
maͤßigen Geſchoͤpfen lebt, und ſieht, wie wenig
Dieſe erkennen und ſchaͤtzen, was in uns iſt,
wie wenig man uͤber ſie vermag, wie die elen¬
deſten Pinſel, die alles im Schlafe erlangen,
aus ihrer Herrlichkeit herunterblicken — Ja!
es iſt wohl freylich hart! — Du verſuchſt es in
allen Faͤchern; Im Staate geht es nicht; Du
willſt in Deinem Hauſe groß ſeyn; aber es fehlt
Dir an Gelde, an dem Beyſtande Deines Wei¬
bes; Deine Laune wird von haͤuslichen Sorgen
niedergedruͤckt; und ſo geht denn alles den Wer¬
keltags-Gang; Du empfindeſt tief, wie ſo alles
in Dir zu Grunde geht; Du kannſt Dich durch¬
aus nicht entſchlieſſen, ein gemeiner Kerl zu
werden, in der Fuhrmanns-Gleiſe fortzuziehn
— Das alles fuͤhle ich mit Dir; Allein verliehre
doch darum nicht den Muth, den Glauben an
Dich ſelbſt und an die Vorſehung! Gott be¬
wahre Dich vor dieſem vernichtenden Ungluͤcke!
Es giebt eine Groͤße — und wer die erreichen
kann, der ſteht hoch uͤber Alle — Dieſe Groͤße
iſt
(Zweiter Th.) U
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/327>, abgerufen am 21.11.2024.
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