Sey höflich und geschliffen im Aeussern! Man muß an Höfen und im Umgange in großen Städten manchen Menschen sehn, ertragen und freundlich behandeln, den man nicht schätzt, auch sucht man ja in diesem Getümmel keine Freunde, sondern nur Gesellschafter. Allein wo es Nutzen stiften, oder wenigstens unser Ansehn befestigen, wo es würken kann, daß Der Dich fürchte, der nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬ ten ist; da laß ihn Dein Ansehn fühlen! Nim eine Art von Würde, von edelm Stolze und von Hoheit an gegen den Hofschranzen, damit nie der Gedanke in ihm aufkeimen könne, Dich zu foppen, oder zu misbrauchen! Diese Sclaven- Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬ ständigen, consequenten Mannes; allein das muß weder in Aufgeblasenheit, noch in Bauern¬ stolz ausarten. Sage diesen Leuten zuweilen einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die Wahrheit! Schlage ihre flachen, schiefen Ur¬ theile kaltblütig mit Gründen nieder, wo es nach den Umständen die Klugheit erlaubt! Stopfe ihnen das Maul, wenn sie den Redlichen lä¬ stern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thä¬
tig¬
11.
Sey hoͤflich und geſchliffen im Aeuſſern! Man muß an Hoͤfen und im Umgange in großen Staͤdten manchen Menſchen ſehn, ertragen und freundlich behandeln, den man nicht ſchaͤtzt, auch ſucht man ja in dieſem Getuͤmmel keine Freunde, ſondern nur Geſellſchafter. Allein wo es Nutzen ſtiften, oder wenigſtens unſer Anſehn befeſtigen, wo es wuͤrken kann, daß Der Dich fuͤrchte, der nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬ ten iſt; da laß ihn Dein Anſehn fuͤhlen! Nim eine Art von Wuͤrde, von edelm Stolze und von Hoheit an gegen den Hofſchranzen, damit nie der Gedanke in ihm aufkeimen koͤnne, Dich zu foppen, oder zu misbrauchen! Dieſe Sclaven- Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬ ſtaͤndigen, conſequenten Mannes; allein das muß weder in Aufgeblaſenheit, noch in Bauern¬ ſtolz ausarten. Sage dieſen Leuten zuweilen einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die Wahrheit! Schlage ihre flachen, ſchiefen Ur¬ theile kaltbluͤtig mit Gruͤnden nieder, wo es nach den Umſtaͤnden die Klugheit erlaubt! Stopfe ihnen das Maul, wenn ſie den Redlichen laͤ¬ ſtern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thaͤ¬
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Sey hoͤflich und geſchliffen im Aeuſſern!
Man muß an Hoͤfen und im Umgange in großen
Staͤdten manchen Menſchen ſehn, ertragen und
freundlich behandeln, den man nicht ſchaͤtzt, auch
ſucht man ja in dieſem Getuͤmmel keine Freunde,
ſondern nur Geſellſchafter. Allein wo es Nutzen
ſtiften, oder wenigſtens unſer Anſehn befeſtigen,
wo es wuͤrken kann, daß Der Dich fuͤrchte, der
nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬
ten iſt; da laß ihn Dein Anſehn fuͤhlen! Nim
eine Art von Wuͤrde, von edelm Stolze und von
Hoheit an gegen den Hofſchranzen, damit nie
der Gedanke in ihm aufkeimen koͤnne, Dich zu
foppen, oder zu misbrauchen! Dieſe Sclaven-
Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬
ſtaͤndigen, conſequenten Mannes; allein das
muß weder in Aufgeblaſenheit, noch in Bauern¬
ſtolz ausarten. Sage dieſen Leuten zuweilen
einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die
Wahrheit! Schlage ihre flachen, ſchiefen Ur¬
theile kaltbluͤtig mit Gruͤnden nieder, wo es nach
den Umſtaͤnden die Klugheit erlaubt! Stopfe
ihnen das Maul, wenn ſie den Redlichen laͤ¬
ſtern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thaͤ¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/83>, abgerufen am 09.11.2024.
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